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Paul mag doch keine Parties…«

      »Für einen guten Zweck wird er einverstanden sein. Der gute Zweck ist in diesem Fall, daß meine Neugier befriedigt wird«, gab Christine lachend zurück.

      Julia nickte nachdenklich. Sie würde Torsten fragen, ob es ihm recht wäre, sie zu begleiten. Natürlich lag ihr viel daran, ihn ihrer besten Freundin vorzustellen.

      Sie goß zwei Cappuccino auf und ließ sich noch ein bißchen von Christines vergangener Woche erzählen. Paul gehörte zu den Ärzten, die bereitwillig ihre private Telefonnummer herausrückten. Daher waren nächtliche Störungen an der Tagesordnung. Nur wenn Christine hart war und den Anrufbeantworter einschaltete, der auf den Notarztdienst hinwies, kamen die beiden mal dazu, eine Nacht durchzuschlafen. Gern sah Paul es jedoch nicht, obwohl er seine Frau vergötterte. Seine kleinen Patienten waren ihm jedoch sehr wichtig, so daß er dann in einer Zwickmühle steckte. Christine behauptete jedoch, daß sie dabei ausschließlich an ihren Mann dachte.

      »Er arbeitet wirklich wie ein Verrückter. Ich denke manchmal, daß er mindestens das Doppelte verdienen müßte, aber die Kassen machen uns echt das Leben schwer.«

      Christine half am Quartalsende bei den Abrechnungen, deshalb konnte sie sich ein Urteil erlauben.

      »Natürlich geht es uns wegen der Privatpatienten nicht schlecht, und die Praxiseinrichtung ist auch bezahlt, aber jeder Arzt, der sich jetzt niederläßt, muß ein Spieler sein.«

      »Ist es wirklich so schlimm?«

      »Natürlich, ich übertreibe nicht…«

      Christine führte das Thema noch ein wenig aus, bevor sie auf die Uhr schaute und feststellte, daß es schon weit nach dreiundzwanzig Uhr war.

      »Oh, ich muß los. Sonst sehe ich Paul nur noch schlafend. Also, ich sage dir wegen der Party noch genauer Bescheid. Ich rechne fest mit euch. Grüß die Kinder noch mal. Kommt doch mal wieder vorbei. Sarah fragt dauernd nach den beiden.«

      Da Christine und ihre Familie in einem anderen Stadtteil wohnte, konnten die Kinder nicht allzu oft miteinander spielen. Julia dachte, daß es ganz gut war, denn die Mädchen waren sehr verschieden. So waren sie wenigstens immer noch neugierig aufeinander.

      »Das machen wir. Ich rufe an.«

      Sie brachte Christine noch hinunter, weil die Haustür verschlossen war und ging dann, nachdem sie noch einmal nach den Kindern geschaut hatte, schlafen. Ihre Gedanken waren schon wieder bei Torsten.

      *

      »Natürlich komme ich gern mit. Ich freue mich, deine Freundin kennenzulernen«, hatte Torsten auf Julias Frage geantwortet.

      Heute war es soweit. Leider mußte Julia bis mittags arbeiten, weil eine Verkäuferin ausgefallen war. Sonnabends gab es immer einiges mehr zu tun, zumal wenn die Sonne so schön schien wie im Moment. Viele Frauen schauten impulsiv herein, um sich für ein schönes Wochenende noch ein bißchen aufzupeppen.

      Julia bediente eine Kundin und dachte gleichzeitig darüber nach, was Torsten wohl zu ihrem neuen Leinenkleid sagen würde, das sie sich für diesen Anlaß gekauft hatte. Es war grün und paßte phantastisch zu ihrem blonden Haar und der leicht gebräunten Haut. Die Sonnenstunden auf dem Balkon hatten sich gelohnt, obwohl Julia natürlich genau wußte, daß sie sich später vielleicht einmal durch frühe Falten rächen würden.

      »Die haben Sie mir eben schon mal gezeigt«, beschwerte sich die Kundin.

      »Oh, bitte, entschuldigen Sie. Hier, diese wären doch hübsch zu Ihrem Haar…«

      Julia riß sich zusammen. Es war unverzeihlich, wenn die Kundin den Eindruck gewann, daß sie gar nicht bei der Sache war.

      Schließlich war die junge Frau zufrieden, zahlte und verließ das Geschäft. Julia kam jedoch nicht dazu, eine Pause einzulegen, denn es waren noch mehr Frauen da, die bedient werden wollten. Die Verkäuferin, eine von denen, die gern hier arbeiteten, war ebenfalls beschäftigt.

      »Kann ich Ihnen helfen?« wandte sich Julia an eine ältere Dame, die mit einem roten weiten Kleid zu dem silbergrauen Haar ein echter »Hingucker« war.

      »Ja, gern. Ich suche Ohrclips mit grünem Stein. Aber ein bißchen ausgefallener als diese hier…«

      Julia lächelte. Jetzt war sie nicht mehr abgelenkt. Die Frau war ungewöhnlich, da machte es Spaß, sie zufriedenzustellen.

      »Mein Sohn hat mir diese hier auch in diesem Geschäft gekauft. Er ist gut beraten worden, denn von selbst hätte er nicht so etwas Schönes gefunden. Deshalb dachte ich, ich komme mal her und schaue mich um.«

      »Ach, dann habe ich ihn bedient…«

      Julia erkannte die Ohrclips natürlich sofort wieder, die sie dem netten Kunden neulich verkauft hatte.

      »Das haben Sie gut gemacht.«

      »Danke«, gab Julia lächelnd zurück.

      Die Kundin war wirklich beeindruckend. Ihre schlanken Hände mit den gepflegten Nägeln, die außergewöhnliche Kleidung, das perfekt geschnittene Haar… Sie drückte sich sehr gewählt aus und schien genau zu wissen, was ihr stand und was nicht. Julia bedauerte ein wenig, daß sie nichts wirklich Aufregendes anbieten konnte, aber schließlich fand die Kundin doch ein paar Ohrclips mit grünem Stein.

      »Danke, ich komme bestimmt wieder. Wissen Sie, ich habe Unmengen von echtem Schmuck, aber der stammt noch von meiner Schwiegermutter und ist entsprechend pompös und altmodisch. Vielleicht trage ich ihn ja mal, wenn ich achtzig bin, obwohl ich da auch meinen Zweifel habe.«

      »Sie können diese auffallenden Stücke aber auch wirklich sehr gut tragen.«

      »Danke, meine Liebe. Man sollte denken, daß man in meinem Alter nicht mehr so eitel ist, aber das ist ein Trugschluß. Mir macht es einfach Spaß, auch um meine Manager ein bißchen zu schocken. Ich besitze nämlich eine Fabrik und muß mich noch hin und wieder sehen lassen in der Firma.«

      Julia konnte sich lebhaft vorstellen, welches Aufsehen sie erregte.

      Aber trotz der Flippigkeit spürte man einen starken Willen und eine große Ausstrahlung von Kraft. Bestimmt bewunderten sie alle.

      »Es hat mir viel Spaß gemacht, Sie zu bedienen. Es würde mich freuen, wenn Sie wieder einmal kommen.«

      »Lieb, daß Sie das sagen. Da kann ich ja gar nicht anders. Danke, Sie müssen sie nicht extra einpacken. Übrigens, ich kenne ein Geschäft, in das Sie besser hineinpassen würden mit Ihrem ausgezeichneten Geschmack. Sind Sie interessiert?«

      »Oh… ich bin eigentlich keine Verkäuferin, sondern die Geschäftsführerin hier. Obwohl… na ja, es ist auch nur ein Name.«

      »Ich hatte auch nicht daran gedacht, daß Sie dort hinter dem Tresen stehen sollten. Aber die Einkäufe müßten Ihnen liegen.«

      »Daran hätte ich sicher Spaß, aber das würde bedeuten, daß ich herumreisen muß. Und das geht nicht, weil ich zwei Kinder habe.«

      »Wie schön für Sie. Kinder sind wichtiger als alles andere. Mein Sohn war mir auch immer das Wichtigste. Mein Mann mußte warten, bis er selbständig war, bevor ich in die Firmenleitung eingestiegen bin. Heute bin ich natürlich froh darüber, daß ich das gemacht habe. Sonst würde sie wohl nicht mehr so gut dastehen, nach dem Tod meines Mannes vor zehn Jahren… Aber ich halte Sie auf. Ein schönes Wochenende, meine Liebe.«

      Julia brachte die Kundin zur Tür. Als sie eben von dem Tod ihres Mannes gesprochen hatte, war ein Ausdruck von Trauer über ihr Gesicht gefallen. Sie vermißte ihn sicher immer noch.

      »Wer war das denn? Eine tolle Frau, oder?« flüsterte Vera Weber Julia zu, während sie ein paar Broschen auf dem Verkaufstresen einsammelte.

      »Ja, vielleicht eine neue Kundin. Ich finde sie auch sehr nett.«

      »Sie können jetzt ruhig eine Pause machen, Frau Bogner, ich komme im Moment auch allein zurecht.«

      Das ließ sich Julia nicht zweimal

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