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ein Posten. Groß, mit grimmigem Gesichtsausdruck, Stahlhelm auf dem Kopf und einem geradezu bösartig aussehenden Gegenstand in den Händen!

      Een machinepistool, dachte Marijke.

      »Kein Durchgang! Umdrehen!« Der grimmige Soldat unterstrich seine Worte durch eine unmissverständliche Bewegung mit seiner grässlichen Waffe.

      »Werden Sie nicht frech, junge Frau!«

      Ooch, jetzt verstand der widerliche Kerl auch noch ihre Sprache! Sie machte, dass sie fortkam. Sie wusste, ein wenig weiter führte die Brücke der Reichsstraße 70 über den Fluss.

      Gleich darauf blieb sie wieder stehen, denn sie hatte etwas Merkwürdiges gesehen. Ein ganzes Stück hinter der Brücke, auf einem Seitengleis – da stand etwas, das dort irgendwie nicht hingehörte. Sie blickte noch einmal in die Richtung, aber das Ding war auf diese große Entfernung im Dunst des Tages nicht recht auszumachen. So richtig wie ein Zug sah das nicht aus. Schon wurde der Posten wieder auf sie aufmerksam.

      »Weiterfahren!«, brüllte er. »Hier gibt’s nichts zu sehn!«

      Marijke setzte sich sofort wieder in Bewegung. Wer konnte schon wissen, was diesem moffen als Nächstes einfiel. Aber warum machte der solch einen Aufstand? Die anderen deutschen Soldaten hatten sich dagegen ganz freundlich verhalten. Egal, weiter! Auf der Straßenbrücke über die Leda und noch ein ziemliches Stück zwischen Weideland dahin, dann hatte sie Leer erreicht. Auf der Bremer Straße fuhr sie über den großen Bahnübergang, um gleich darauf an den Gleisen entlang den Weg nach Norden einzuschlagen.

      Bah, was für ein Mullsand. Das Vorderrad ihres schönen fiets grub sich ständig ein. Das fehlte noch, sich hier mit ihrem Prachtstück langzulegen. Auf einmal kam von hinten ein motorfiets herangerast. Der Kerl fuhr für einen Moment neben ihr her und sie erschrak fast zu Tode. Stahlhelm, Schutzbrille und ein hässlicher grauer Gummimantel. Er brüllte durch den Motorenlärm: »Mädel, runter von der Straße!« Mit der stulpenbewehrten Hand deutete er nach hinten.

      Panzer!

      Marijke flüchtete nach links hinter die Baumreihe. Und da fegten sie auch schon vorbei. Große Dinger mit acht Rädern und in einem Höllentempo. Der Kradfahrer war bereits ganz weit vorne, stand jetzt am Logaer Weg und sperrte die Straße. Die Panzer rasten, ohne die Fahrt zu vermindern, über die Kreuzung hinweg und verschwanden in der Ferne – auf demselben Weg, den Marijke nehmen wollte.

      Sie wartete, bis der Staub sich gelegt hatte, dann fuhr sie gemächlich weiter. Rheidersum kam in Sicht.

      Och nee, nicht auch noch hier. Militär, wohin sie blickte. Auf der Hauptstraße stand die Schützenpanzerkolonne, die eben noch an ihr vorbeigerast war. Dort lag der große Bauernhof, schon fast ein Gutshof mit seinem großen Gulfhaus und dem angebauten Scheunenteil. Hier wohnte ihre Freundin, die sie endlich wieder einmal besuchen wollte. Sie zog an dem Griff, der die mechanische Glocke in Gang setzte. Das laute Schellen konnte man bis in den Stallbereich hören, wie sie wusste.

      Gleich darauf öffnete Georg Feenders mit seinem Hund im Schlepptau die Tür: »Moin, Marijke, kumm rin!« Das unvermeidliche Grinsen – von einem Ohr zum anderen, wie sie dachte – fehlte auch diesmal nicht.

      »Halloo, hoe gaat het?«, begrüßte sie ihn und kraulte Antje hinter den Ohren.

      »Oh ja, all heel mooi! Lilli is achtern in de Stal!« Er deutete mit dem Daumen der erhobenen Rechten hinter sich. »Jümmers doorlang!«

      Ihre Unterhaltung wurde meist in dieser komischen Mischung aus niederländischer Sprache und ostfriesischem Platt geführt. Beides klang recht ähnlich. Verständigungsprobleme gab es nicht.

      Im Stall traf Marijke auf eine bunte Gesellschaft. Lilli stand dort und unterhielt sich mit mehreren Soldaten. Einer führte gerade zwei Reitpferde in leer stehende Boxen. Trakehner, wie Marijke am Brandzeichen, der Elchschaufel, feststellte. Es waren wunderschöne Tiere.

      Die beiden Freundinnen umarmten sich zur Begrüßung.

      »Warum so viel Militär?«

      »Ich weiß nicht recht! Man sagte uns vor der Einquartierung, es sei eine Übung!« Lilli zuckte die Schultern.

      Mitten in der Scheune war ein gewaltiger Heuhaufen aufgetürmt, wohl bald vier Meter hoch. Einer der Soldaten, der mit drei oder vier jungen Katzen spielte, machte sich einen besonderen Spaß. Er nahm eine und warf sie hoch in die Luft, sodass sie auf dem Heuhaufen landete. Marijke und Lilli schauten gespannt nach oben. Zunächst passierte gar nichts. Dann erschienen dort zwei Ohren, gleich darauf zwei große Augen. Die Katze setzte sich regelrecht auf ihren Hintern und rodelte den Heuhaufen hinunter. Sie rannte gleich wieder zu dem Soldaten und schaute ihn erwartungsvoll an.

      Dieser lachte. »Noch mal?« Im nächsten Moment flog das fidele Katzenkind wieder nach oben und das Spiel wiederholte sich. Nun wurden auch die anderen jungen Katzen aufmerksam und bald darauf gab es ein munteres Katzenfliegen. Die Kleinen konnten gar nicht genug davon bekommen. Der Soldat, sicher noch keine zwanzig Jahre alt, kam aus dem Lachen gar nicht mehr heraus, bis … Die beiden Mädchen hatten den Offizier gar nicht bemerkt, der plötzlich neben ihnen stand.

      »Gefreiter Dieckmann! In drei Minuten sind Sie startklar und melden sich bei mir!«

      »Jawoll, Herr Hauptmann!«, brüllte der Soldat überrascht und salutierte – mit einer Katze in der linken Hand.

      Die beiden Mädchen bogen sich vor Lachen. Es hätte eher in den Film von Pat und Patachon gepasst, den die beiden sich kürzlich im Kino angesehen hatten. Der Offizier ging nur kopfschüttelnd wieder nach draußen, ohne ein weiteres Wort über diese tierische Grußvariante zu verlieren.

      Der Gefreite setzte schnell die Katze auf den Boden und rannte … Da sah Marijke das Motorrad, das halb verborgen hinter dem großen geöffneten Scheunentorflügel stand, und erkannte den Soldaten wieder, der sich in Windeseile anzog. Es war der Kradmelder, der sie in fürsorglicher Rauheit vom Sandweg gescheucht hatte. Das war ja noch ein großes Kind, das hier den Soldaten geben musste!

      Der junge Kerl wuchtete die Maschine vom Ständer und schob sie eilends nach draußen. Der Hauptmann erteilte den Fahrbefehl und drückte ihm einen Papierstoß in die Hand, den der Gefreite in seiner großen Umhängetasche verschwinden ließ.

      Als der Kradmelder davongebraust war, trat Marijke zu dem Offizier: »Meneer, ich möchte Sie etwas fragen!«

      »Nur zu, junge Dame! Sie sind Holländerin?«

      Marijke nickte nur. Diese Bezeichnung ihrer Nationalität war sie von den Deutschen gewohnt. Wer von ihnen wusste schon, dass ihr Heimatland die Vereinten Niederlande waren und Holland, genauer gesagt Nord- und Südholland zwei ihrer Provinzen. Aber das war lediglich eine der Feinheiten, die man nicht unbedingt erörtern musste.

      »Meneer, was machen Sie und Ihre Männer hier?«, fragte sie ihn direkt und unverblümt.

      Der Hauptmann zögerte für einen Sekundenbruchteil. »Sie wissen, dass Großbritannien und Frankreich dem Deutschen Reich den Krieg erklärt haben …«

      »Nachdem deutsche Truppen Polen überfallen haben«, platzte Marijke heraus.

      »Das mag Ihre Ansicht sein. Wir sind jedenfalls hier, weil unsere Führung befürchtet, dass die alliierten Truppen die Neutralität Ihres Landes missachten und uns von dieser Seite her angreifen. Es ist eine reine Vorsichtsmaßnahme!«

      Marijke sah ihn an und schoss ihre nächste Frage ab: »Ich dachte, das deutsche Militär sei komplett motorisiert. Warum haben Sie so viel Kavallerie?«

      Der Offizier setzte zu einer spontanen Antwort an, stockte aber für einen winzigen Moment.

      Marijke war dies nicht entgangen. Der wusste mehr, als er zugeben wollte!

      »Daran sehen Sie, dass wir nur lautere Absichten haben. Wir nutzen die Pferde für Patrouillenritte im unwegsamen Gelände. Einen

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