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der Teu­fel und Kling­sor. Kling­sor emp­fin­det je­doch die Nie­der­la­ge als un­leid­lich und bit­tet den Teu­fel, die schwa­che Sei­te von Wol­f­rams Ge­lehr­sam­keit aus­zu­kund­schaf­ten. Noch ein­mal sucht der Teu­fel Wol­f­ram in Ei­sen­ach auf und legt ihm Fra­gen nach der Na­tur der himm­li­schen Sphä­ren, nach Ster­nen und Pla­ne­ten auf, die Wol­f­ram nicht be­ach­tet. Der Teu­fel lacht und ruft aus: »Er ist ein Laie, er ist ein Laie!« und schreibt die­se Wor­te an die Wand des Ge­machs.

      Der Sän­ger­krieg hat in Wirk­lich­keit nicht statt­ge­fun­den und hät­te sich je­den­falls nicht auf der Wart­burg ab­ge­spielt, die da­mals als Fes­tung diente, wäh­rend der Land­graf in ei­nem stei­ner­nen Hau­se in Ei­sen­ach Hof hielt; aber Her­mann war in der Tat ein Freund der Dicht­kunst und der Sän­ger. An sei­nem Hofe fand Wol­f­ram von Eschen­bach Zuf­lucht und schrieb dort ei­ni­ge Bü­cher des Par­zi­val; dem Hein­rich von Vel­de­cke, der sich un­ter Her­manns Schut­ze in Ei­sen­ach auf­hielt, wur­de bei Ge­le­gen­heit ei­ner Hoch­zeit sein Epos Eneit ge­stoh­len, das er als Hand­schrift mit­ge­bracht hat­te. Nach neun Jah­ren konn­te der Land­graf sie ihm zu­rück­stel­len. Wäh­rend des Kamp­fes zwi­schen den Wel­fen und Stau­fen, der im An­fang des 13. Jahr­hun­derts hef­ti­ger als je ent­brann­te, wech­sel­te Her­mann, wäh­rend sein Va­ter und Groß­va­ter, mit Bar­ba­ros­sa ver­wandt, die­sem treu an­ge­han­gen hat­ten, je nach au­gen­blick­li­chem Vor­teil zwi­schen den Par­tei­en und schä­dig­te da­durch sei­nen Ruf. Da er sich au­ßer­dem die Mön­che von Rein­harts­brunn, ei­ner Grün­dung der land­gräf­li­chen Fa­mi­lie und ihre Gruft, zu Fein­den ge­macht hat­te, ha­ben sie ihn der Nach­welt als einen fre­vel­haf­ten Mann ge­schil­dert; es scheint, dass die Aus­ge­las­sen­heit an sei­nem Hofe die Gren­zen der üb­li­chen, recht frei­en Sit­te über­schritt. Wäh­rend sei­ner letz­ten Le­bens­zeit soll er in Wahn­sinn ver­fal­len sein. Es wird er­zählt, dass ei­nem Pries­ter, der für den Ver­stor­be­nen be­te­te, ein Hei­li­ger er­schie­nen sei und ihm ge­ra­ten habe, das Be­ten für den zu un­ter­las­sen, der schon ein Jahr vor sei­nem Tode tot ge­we­sen sei; denn sei­nen Kör­per habe an­statt der See­le ein bö­ser Geist be­lebt. Her­manns Sohn, Lud­wig der Hei­li­ge, so er­zählt die Sage wei­ter, wünsch­te das Schick­sal sei­nes Va­ters im Jen­seits zu er­fah­ren und be­wog einen Schü­ler, der in der schwar­zen Kunst er­fah­ren war, den To­ten zu be­schwö­ren. Der Land­graf kam zu Ross; als er sei­nen Man­tel aus­ein­an­der­schlug, wur­de die Glut sicht­bar, in der sein Leib brann­te. Als Be­weis sei­ner Ge­gen­wart zeich­ne­te er den Fuß des Schü­lers mit ei­nem Fun­ken aus dem höl­li­schen Feu­er.

      Man glaubt in die­sen dunklen Ge­schich­ten von fern­her den dä­mo­ni­schen Um­riss Fausts her­an­schwe­ben zu se­hen. Der Ge­gen­satz, der das deut­sche Ge­müt be­weg­te, war nicht der zwi­schen Den­ken und Glau­ben, son­dern der zwi­schen Welt­lust und Se­lig­keit in Gott. Zur Welt­lust ge­hört auch das Wis­sen und die Kunst, so­weit sie nicht Gott ge­weiht und Gott un­ter­ge­ord­net sind; aber das Wis­sen ist nicht ge­gen den Glau­ben ge­rich­tet. Hein­rich von Of­ter­din­gen und Kling­sor le­ben eben­so in­mit­ten der christ­li­chen Wel­t­an­schau­ung wie Wol­f­ram von Eschen­bach oder Walt­her von der Vo­gel­wei­de. Ein un­heim­li­ches Licht aus der Höl­le huscht um Kling­sor, weil er Zau­be­rei treibt, die Sün­de der Sün­den, weil er an die Wur­zeln der gött­li­chen Kraft vor­drin­gen will, die Gott sich selbst vor­be­hal­ten hat, weil er die Quel­len auf­rei­ßen will, die Gott zum Heil für den Men­schen ver­sie­gelt hat. Der Drang, die Schran­ken zu durch­bre­chen, die nach der An­schau­ung der Gläu­bi­gen dem mensch­li­chen Geis­te ge­setzt sind, macht ihn ge­fähr­lich, aber doch auch an­zie­hend und herr­lich. Wenn Wol­f­rams Rein­heit siegt, so wer­den sei­ne Geg­ner nicht un­be­dingt ver­wor­fen. Heißt es doch so­gar im Sän­ger­krieg, dass Hein­rich von Of­ter­din­gen mit Hil­fe falschen Wür­fel­spiels über­wun­den sei, und die welt­li­che Wis­sen­schaft und schwar­ze Kunst, in der Kling­sor dem Wol­f­ram über­le­gen ist, stellt sich, ob­wohl sie ei­ner nie­de­ren Sphä­re an­ge­hört, als hoch und be­geh­rens­wert dar. Die Got­tes­die­ner wie die Zau­be­rer um­fasst eine ge­mein­sa­me Sphä­re von Gläu­big­keit, in der der Teu­fel zu­ge­las­sen ist. Ei­nem dunklen Schat­ten gleich, der ei­sig in die lich­te Na­tur Got­tes fällt, glei­tet der Böse, zu­gleich ein Gott und ein Nichts, vor­über; zer­stö­ren kann er sie nicht. Be­mäch­tigt sich der Zwei­fel wirk­lich des deut­schen Geis­tes, so wird er zur Verzweif­lung und von dort aus über­wun­den.

      Die ly­ri­schen und epi­schen Dich­tun­gen der Ho­hen­stau­fen­zeit of­fen­ba­ren ein kul­ti­vier­tes Le­ben und eine er­le­se­ne, ver­fei­ner­te Kunst, doch nur we­ni­ge rei­chen aus der Zeit in die Ewig­keit, dar­un­ter ei­ni­ge Ge­dich­te Walt­hers von der Vo­gel­wei­de. Die meis­ten in­ter­es­sie­ren mehr als Do­ku­men­te ei­ner großen Zeit, als dass sie un­mit­tel­bar als Poe­sie er­grei­fen. Un­ter die Ster­ne ver­setzt, al­len Wand­lun­gen des Ge­schmackes ent­rückt, sind die bei­den großen Epen von den Ni­be­lun­gen und von Gu­drun, die mit kei­nem Na­men ei­nes Dich­ters ver­bun­den sind. Sie ge­hö­ren zu den Wer­ken, an de­nen in Jahr­hun­der­ten ein gan­zes Volk ge­schaf­fen hat. Wäh­rend die meis­ten Dich­tun­gen der mit­tel­al­ter­li­chen Blü­te­zeit den Cha­rak­ter und die An­schau­ungs­wei­se von Rit­tern oder Geist­li­chen wi­der­spie­geln, also ei­nes Stan­des, wit­tert im Ni­be­lun­gen- und im Gu­drun­lie­de die brau­sen­de Na­tur. Kriem­hild, Gu­drun, Sieg­fried, Ha­gen sind kei­ne Rit­ter und kei­ne Chris­ten, Dä­mo­nen sind es, die mit töd­li­chen Lei­den­schaf­ten ein gran­dio­ses Spiel trei­ben, das den Be­trach­ter zu­gleich mit Grau­en und mit Ent­zücken er­füllt wie eine Feu­ers­brunst oder ein Or­kan. Zü­gen be­geg­nen wir hier, wie sie nur das Schick­sal oder die der Wirk­lich­keit ver­schwis­ter­te Sage ent­wer­fen kann: wie wenn Kriem­hild ein­zig ih­ren Bru­der Gi­sel­her mit ei­nem Kus­se be­grüßt, und Ha­gen, das Ende ah­nend, den Helm fes­ter bin­det, oder wenn Gu­drun den un­will­kom­me­nen Frei­ern als Gruß ent­bie­ten lässt: wollt ihr un­se­ren Wein nicht trin­ken, soll euch Blut ein­ge­schenkt wer­den. Mit den hö­fi­schen Men­schen der Dich­tung ha­ben die­se Ge­stal­ten kei­ne Ver­wandt­schaft, wohl aber mit der Wirk­lich­keit. Hier ist et­was ein­ge­fan­gen von dem ei­gen­tüm­li­chen Hei­den­chris­ten­tum des Mit­tel­al­ters. Wenn die strei­ten­den Kö­ni­gin­nen, als sie den Kno­ten der Tra­gö­die schür­zen, auf den Stu­fen des Worm­ser Do­mes ste­hen, wenn die Möwe, die, auf dem ei­si­gen Mee­re schau­kelnd, Gu­drun Bot­schaft von ih­ren An­ge­hö­ri­gen bringt, sich plötz­lich als En­gel Got­tes an­mel­det, so be­rührt das nicht selt­sa­mer, als wenn Hein­rich der Löwe, der mit ei­ge­ner Hand den Feu­er­brand in sei­ne Burg wirft, eh er sie dem Kai­ser über­lie­fert, Re­li­qui­en aus dem Hei­li­gen Lan­de heim­trägt, oder als wenn Hein­rich IV. und Fried­rich II., die mit teuf­li­scher Grau­sam­keit ge­gen ihre Fein­de wü­ten, in sal­bungs­vol­len Glau­bens­be­kennt­nis­sen mit den Päps­ten wett­ei­fern. Das Fest der Ele­men­te, das die meer­haft sich aus­brei­ten­den Ver­se des Hel­den­ge­san­ges fei­ern, das Un­ge­heu­re, das aus längst ver­schüt­te­ter Ur­zeit her­vor­zu­stei­gen schi­en, grenz­te nah an die Wirk­lich­keit. Es war so gut Wirk­lich­keit wie die Flam­me ewi­ger An­be­tung am Al­ta­re, wie das dem am Kreuz ver­schei­den­den Gott dar­ge­brach­te Op­fer an Er­den­glück und Er­den­le­ben. Die Be­geg­nung von Ele­ment und Wort ist es, die das Wun­der zeugt.

       Er, der zur Rech­ten mir am nächs­ten steht,

      

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