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die sie von dort aus im preu­ßi­schen Lan­de ma­chen wür­den. Hoch­meis­ter war da­mals Her­mann von Salza, der treue Freund Kai­ser Fried­richs. Nach dem un­glück­li­chen Er­leb­nis im Bur­zen­lan­de leg­te er Wert dar­auf, für die neue Schen­kung, die so sehr ge­fähr­det, ganz am Ran­de des Rei­ches lag, den kai­ser­li­chen Schutz zu ge­win­nen; aber sein Stre­ben nach Au­to­no­mie war doch so we­nig ge­min­dert, viel­leicht auch sei­ne Ab­nei­gung, Reichs­las­ten zu über­neh­men, so groß, dass er das zu er­wer­ben­de Ge­biet nicht mit dem Reich in Zu­sam­men­hang brin­gen woll­te. Nach dem Pri­vi­leg, das Fried­rich II. im Jah­re 1226 Her­mann von Salza er­teil­te, soll­te der Or­den das Kul­mer­land und das zu er­obern­de Land der Preu­ßen in vol­ler Frei­heit und Im­mu­ni­tät, mit vol­ler Ge­richts­ho­heit, im Ge­nuss al­ler Re­ga­li­en be­sit­zen, so un­ab­hän­gig also wie die üb­ri­gen Reichs­fürs­ten ihr Ge­biet. Aber wäh­rend die Reichs­fürs­ten im­mer­hin mit ih­rem Ge­biet in Le­hens­ab­hän­gig­keit vom Kai­ser stan­den, wenn sie auch erb­lich ge­wor­den wa­ren, so emp­fin­gen Her­mann von Salza und sei­ne Nach­fol­ger nur per­sön­lich ohne Ge­gen­leis­tung das Kul­mer­land und das zu er­obern­de Preu­ßen als Schen­kung, über die sie nie­man­dem Re­chen­schaft schul­dig sein soll­ten. Ge­gen das Ver­spre­chen des Schut­zes von sei­ten des Kai­sers über­nahm der Or­den die ein­zi­ge Ver­pflich­tung, die heid­nischen Preu­ßen zu be­keh­ren. Nach fort­wäh­ren­den Ver­hand­lun­gen mit Kon­rad von Ma­so­vi­en und mit dem deut­schen Bi­schof Chris­ti­an, der seit dem Jah­re 1215 der Mis­si­on un­ter den Preu­ßen, vom Paps­te be­auf­tragt, vor­stand, über­schritt end­lich im Früh­jahr 1231 der ers­te Land­meis­ter von Preu­ßen, Her­mann von Balk, mit ei­ni­gen Rit­ter­brü­dern und Kreuz­fah­rern die Weich­sel und grün­de­te auf ei­nem Hü­gel über ei­ner großen Ei­che die Burg Torn. Zwei Jah­re spä­ter ent­stand wei­ter ab­wärts die Burg Ma­ri­en­wer­der. Dass in die­ser Zeit der Bi­schof Chris­ti­an von den heid­nischen Preu­ßen ge­fan­gen wur­de, er­mög­lich­te es dem Or­den, in un­mit­tel­ba­ren Ver­kehr mit Rom zu tre­ten und sich mit­samt al­len künf­ti­gen Erobe­run­gen un­ter den Schutz des Paps­tes zu stel­len; die geist­li­che Au­to­ri­tät, die sich vor dem Er­schei­nen des Or­dens in Preu­ßen ge­bil­det hat­te und sei­ne Au­to­no­mie be­schrän­ken konn­te, war da­mit aus­ge­schal­tet. Wie viel Wert der Or­den aber auch auf Un­ab­hän­gig­keit leg­te, tat­säch­lich war er im ho­hen Maße ab­hän­gig vom deut­schen Volk und Reich; denn aus ei­ge­ner Kraft konn­ten die Or­dens­rit­ter an die Erobe­rung ei­nes großen, von ei­nem tap­fe­ren Vol­ke be­wohn­ten Ge­bie­tes nicht den­ken. Erst als Fürs­ten und Rit­ter aus al­len Tei­len Deutsch­lands her­bei­ström­ten, wur­den im Lau­fe von Jahr­zehn­ten Po­me­sa­mi­en und die nörd­li­chen Tei­le von War­nei­en und Na­tan­gen ge­won­nen. Der Frie­de von Christ­burg im Jah­re 1249 ver­bürg­te den Preu­ßen die­ses Ge­bie­tes nach An­nah­me des Chris­ten­tums per­sön­li­che Frei­heit und so­gar Gleich­be­rech­ti­gung mit den Deut­schen nach ih­rem Ge­burts­stan­de; doch hat­ten sie dem Or­den Kriegs­dienst zu leis­ten. Ob die­se wohl­tä­ti­gen Be­din­gun­gen von Sei­ten des Or­dens in­ne­ge­hal­ten wur­den, lässt sich nicht fest­stel­len; nach­dem sie von Sei­ten der Preu­ßen durch Auf­stän­de auf­ge­ho­ben wa­ren, wur­den sie es nicht mehr. Es ist na­tür­lich, dass haupt­säch­lich der Nord­wes­ten und der Os­ten des Rei­ches, Mei­ßen, Bran­den­burg, Böh­men, Schle­si­en, Lü­beck, Mag­de­burg, Braun­schweig, sich an der Erobe­rung und Be­sied­lung des neu­en Ge­bie­tes be­tei­lig­ten. Im Jah­re 1252 wur­de die Me­mel­burg be­grün­det und in ih­rem Schut­ze ei­ni­ge Jah­re spä­ter die Stadt, wo­bei Lü­beck be­son­ders mit­tä­tig war. Zur Erin­ne­rung an die be­waff­ne­te Hil­fe, die Kö­nig Ot­to­kar von Böh­men dem Or­den leis­te­te, ent­stand im Jah­re 1255 am Ufer des Pre­gel die Burg Kö­nigs­berg. Die Erobe­rung des Sam­lan­des war wich­tig, weil an sei­ner west­li­chen Küs­te ein Ju­wel, gelb wie Gold, leicht wie Flaum, ge­fun­den wur­de, das schon im Al­ter­tum Han­dels­leu­te in die­se Wild­nis lock­te, der Bern­stein, den das Meer ans Ufer spül­te, der aber auch durch Ab­bau ge­won­nen wur­de. Zum Schut­ze die­ses Be­trie­bes er­rich­te­te der Or­den am Fri­schen Haff die Burg Lochs­tedt, von der sich zwei Flü­gel er­hal­ten ha­ben. Die Ver­las­sen­heit der Rui­ne ist nicht so schau­rig, wie die Wüs­ten­ein­sam­keit die­ser Stät­te ge­we­sen sein muss, als die Or­dens­rit­ter hier zu­erst ein höl­zer­nes Haus bau­ten. Nicht weit da­von ist nach der Über­lie­fe­rung der Ort, wo einst, am Ende des zehn­ten Jahr­hun­derts, der hei­li­ge Adal­bert, als er den Hei­den das Wort Got­tes pre­di­gen woll­te, er­schla­gen wur­de; man bau­te dort zu sei­nem Ge­dächt­nis eine höl­zer­ne Kir­che. Jetzt war die Feind­se­lig­keit der Ein­woh­ner, durch Rach­sucht ge­sta­chelt, viel­leicht noch un­ver­söhn­li­cher; nir­gends war ein Ort und nie kam eine Stun­de, wo man nicht des Über­falls ge­wär­tig sein muss­te. Und war der mensch­li­che Geg­ner zu­rück­ge­drängt, so blieb das maß­lo­se, grau­en­vol­le feind­li­che Land. Rings kei­ne Spur trau­li­chen Da­seins, kein Punkt ge­sel­li­ger An­knüp­fung, nichts als das ein­tö­ni­ge Don­nern der Bran­dung, das Krei­schen der Mö­wen, das Knar­ren und Sau­sen der Kie­fern. Es be­durf­te der stren­gen Or­dens­re­gel, der Ge­wöh­nung an Ge­hor­sam und Ent­beh­rung, des An­se­hens ver­eh­rungs­wür­di­ger Füh­rer, da­mit die Brü­der nicht nur zu Ta­ten, son­dern auch zu grau­em Lei­den und Ent­beh­ren be­reit wa­ren. In­des­sen ist es so, dass Op­fer stets gern ge­bracht wer­den, so­lan­ge sie im Na­men ei­nes ho­hen Ideals und zur Er­rei­chung ei­ner großen Auf­ga­be ge­for­dert wer­den; zur Erobe­rung fehl­te es den Men­schen nie an Kraft, erst im Be­sitz be­ginnt sie zu er­lah­men. Be­wun­de­rungs­wür­dig schnell be­gann der lee­re Raum sich zu fül­len, er­wuch­sen durch die zu­strö­men­den Bür­ger und Bau­ern Städ­te und Dör­fer. Im Lau­fe von zwei Jahr­hun­der­ten sind bei­nah hun­dert Städ­te und über tau­send Dör­fer im Ge­biet des Deut­schen Or­dens ent­stan­den. Der Wohl­stand, der sich hier un­ter gu­ten Be­din­gun­gen ent­wi­ckel­te, konn­te nur eins nicht er­set­zen: das ge­heim­nis­vol­le Wur­zel­ge­flecht der Ge­schich­te. Dies war nicht Hei­mat­land, son­dern Fremd­lings­land, Aben­teu­er­land, Ame­ri­ka des Reichs; noch so man­ches un­vor­her­zu­se­hen­de Aben­teu­er konn­te ihm be­vor­ste­hen. Zu­nächst aber wuchs es fort und brei­te­te sich aus. Mit Po­len blie­ben dank des ge­mein­sa­men Ge­gen­sat­zes ge­gen die Preu­ßen die Be­zie­hun­gen freund­schaft­lich. Trotz der An­häng­lich­keit an Kö­nig Ot­to­kar von Böh­men, den der Or­den ge­gen Ru­dolf von Habs­burg un­ter­stütz­te, brach­ten es die Hoch­meis­ter als gute Di­plo­ma­ten fer­tig, nach dem Stur­ze Ot­to­kars die Ver­bin­dung mit dem Kai­ser zu er­hal­ten. Ru­dolf er­neu­er­te im Jah­re 1277 das Pri­vi­leg, das Fried­rich II. dem Or­den er­teilt hat­te.

      In ei­nem Ge­wöl­be der stei­ner­nen Burg Lochs­tedt be­fin­den sich noch Über­res­te eins­ti­ger Be­ma­lung, dar­un­ter in einen Spitz­bo­gen ein­ge­glie­dert ein Bild des hei­li­gen Mi­cha­el: mäd­chen­schlank, mäd­chenz­art, mit schma­ler as­ke­ti­scher Wan­ge, lä­chelnd, sei­nes Sie­ges ge­wiss, wie eine bieg­sa­me Klin­ge flammt er zwi­schen den Dra­chen­häup­tern, die ihn um­zün­geln, Licht ge­gen Fins­ter­nis. So sa­hen die Or­dens­meis­ter nicht aus, von de­nen es Ab­bil­dun­gen gibt: das wa­ren fes­te, ge­drun­ge­ne Ge­stal­ten mit lan­gen Bär­ten, das Ge­sicht von Sor­gen und Mü­hen ge­furcht, und auch die jun­gen Rit­ter wer­den meis­tens sehr viel der­ber und plum­per aus­ge­se­hen ha­ben und ge­we­sen sein. Den­noch mö­gen sie sich in ih­ren höchs­ten

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