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Scheck war dabei, über 142 Pfund Sterling. Die Art der Reise war ihm überlassen. Das war gut, er konnte also fliegen oder mit einem Schiff fahren. Eine Schiffsreise war billiger, er könnte ein paar Pfund sparen. Er würde gleich ein Reisebüro aufsuchen, hoffentlich ging ein geeignetes Schiff. Mit der Zeit müßte es klappen. Großartig, er würde über die Weihnachtsfeiertage und Neujahr an Bord eines Schiffes sein. Das löste viele Probleme. Großartig war das. Wenn er mit seinen Akten früher fertig werden könnte, war eine Abreise vielleicht schon am 20. möglich. Nicht vielleicht, sicher war das möglich.

      Der Aktenstoß schien ihm auf einmal gar nicht mehr so unfreundlich. Ein paar Nächte durcharbeiten, und er würde es schaffen. Major Parker konnte flott arbeiten, wenn es sein mußte.

      Bob Parker war Junggeselle. Er hatte einen Horror vor jeder Art von häuslichem Herd, vor Familie und Kindern. Trotz seiner dreiundvierzig Jahre hatte er noch nie das Gefühl gehabt, einen Hausstand gründen zu müssen. Manchmal war er zwar nahe daran gewesen, aber wenn dann nichts daraus wurde, empfand er immer ein glückhaftes Gefühl der Erleichterung. Dieses Gefühl der Erleichterung überkam ihn auch jetzt wieder. Betty würde einsehen müssen, daß gegen einen Versetzungsbefehl der Armee nichts zu machen war. Er würde London verlassen, für ein oder zwei Jahre. Betty war Lehrerin, sie würde ihren Beruf nicht aufgeben wollen. Sie würde also in London bleiben, klar.

      Wenn er schon am 20. abdampfte, ersparte er sich dieses lächerliche Getue an den Weihnachtsfeiertagen und am Silvesterabend. Einfach großartig war das. Manchmal hatte die Armee wirklich ein Einsehen mit ihren Kindern.

      Er würde noch vor zwölf Uhr ein Reisebüro aufsuchen und gleich fix buchen. Und wenn ein geeignetes Schiff schon am 18. oder 19. ging, auch recht, mit dem Aktenkram würde er schon fertig werden. Am besten, er fing gleich an damit, nur keine Zeit vertrödeln.

      Er nahm einen dicken Aktenband mit der Aufschrift: »Uranus«. Er hatte ihn gestern schon studiert. »Uranus« war das Kodewort für Kim Philby. Er suchte den Unterband mit der Aufschrift: »Persönliche Beziehungen in Mitteleuropa«. Dann nahm er den Band »Vienna« heraus und begann zu lesen.

      Nach einer Viertelstunde ertönte von draußen ein diskreter Summton, es war Zeit für die Teepause. Mj. Parker würde heute keinen Tee trinken. Der Akteninhalt befriedigte ihn, der Akt war im kurzen Wege zu erledigen. Er nahm einen Erledigungsbogen und schrieb darauf folgenden Vermerk:

      1. Kriminaldirektor Dr. Antevic ist nach überprüften Meldungen am 28. November 1967 in Wien nach einem Herzinfarkt gestorben.

      2. Kriminalmajor Heller hat weder vor noch nach seiner Versetzung auf unsere Hinweise reagiert. Nach letzten Informationen trinkt er und scheint an staatspolizeilichen Vorgängen völlig desinteressiert.

      3. Durch das Ableben des Dr. Antevic erscheint jede weitere hiesige operative Maßnahme gegenstandslos. Daher nichts weiter veranlassen, gegenständlichen Basisakt nach Kenntnis und Zustimmung des Ops. Leiters II einlegen.

      Major Parker unterfertigte den Erledigungsbogen, nahm einen Rotstift und schrieb auf den Aktenumschlag in ein vorgezeichnetes Feld »Ops II«. Dann ordnete er den Gesamtakt, legte ein Gummiband darum und warf das Papierbündel in einen Aktenkorb mit der Aufschrift »erledigt«.

      Er wollte gerade sein Büro verlassen, als die Sprechanlage surrte und er gebeten wurde, sich sofort beim Leiter der Sektion »Mittlerer Osten« zu melden. Das war außergewöhnlich. Sicher hing es mit seiner Versetzung nach Zypern zusammen. Bob Parker war nicht sehr erfreut darüber. Hoffentlich gab es keine Schwierigkeiten im letzten Moment. Er kannte die Leute von der Middle East Section gar nicht, hatte ja nie mit ihnen zu tun gehabt. Er informierte sich kurz an Hand der Stabsliste. Brigadier Henny war also der Mann, der ihn sehen wollte. Siebenter Stock, Zimmer 101. Bob erinnerte sich. Brigadier Henny war der kleine rundliche Schnauzbart, der bei Parties immer dieselben Witze erzählte.

      Bob nahm den Aufzug.

      Der Brigadier erwartete ihn schon. Er war sehr freundlich.

      »Sie sind also unser neuer Mann in Nicosia, Major Parker.«

      Bob war erleichtert. Es war nichts dazwischen gekommen. Der Brigadier erkundigte sich, wann Bob abzureisen gedenke.

      »So bald wie möglich, Sir, noch vor den Feiertagen.« Der Brigadier schien erfreut. Er wollte, daß Bob eine kurze Information lesen sollte, gleich hier im Büro, der Brigadier würde ihm nachträglich dazu etwas erklären. Bob studierte ziemlich verständnislos zwei ganz kurze Nachrichten, offenbar Funknachrichten, er las von einem Rabov und einer Zentrale, von einem Projekt Radmet und Magnetron-Einflüssen. Und von Singzikaden, was die ganze Sache für ihn noch unverständlicher machte. Er las die wenigen Zeilen zweimal durch und sah dann den Brigadier ratlos an.

      »Verstehe kein Wort, Sir.«

      Der Brigadier paffte eine Zigarre.

      »Tja, Major«, sagte er dann. »Es handelt sich hier um eine Meldung von unseren russischen Freunden aus Nicosia. Nach Moskau. Und die Antwort darauf. Unsere Boys konnten die Funknachricht vorige Woche dechiffrieren.« Der Brigadier lächelte anerkennend. »Tüchtige Burschen, unsere Signals. Leider ist auch der Klartext für uns ziemlich unverständlich. Jedenfalls erproben die Roten irgend etwas in Zypern. Irgendein technisches Projekt.« Der Brigadier schien unwillig, Technik war offenbar nicht seine starke Seite. Er kaute an seiner Zigarre herum.

      »Ich möchte«, sagte er dann, »daß Sie sich den Text genau einprägen.«

      Bob nickte.

      »Es wird eine ihrer Aufgaben sein, hier Klarheit zu schaffen, Major.«

      »Yes, Sir«, sagte Bob.

      Eine Pause entstand. Der Brigadier paffte und starrte in eine Ecke. Bob wußte nicht, ob er etwas sagen sollte. »Ich werde mein Bestes versuchen«, meinte er schließlich ein wenig schüchtern.

      Der Brigadier nickte gedankenverloren.

      »Scheint ziemlich wichtig zu sein«, sagte er dann und erhob sich. Bob stand erleichtert auf.

      Der Brigadier schüttelte ihm die Hand. Bob war entlassen.

      »Einzelheiten über Rabov erfahren sie in Nicosia. Cleverer Bursche, Oberst im KGB, jetzt zweiter Sekretär an der Botschaft. War früher in Berlin, der alte Gauner.« Der Brigadier schien befriedigt. »Und vergessen Sie nicht die Zikaden, studieren Sie alles über Zikaden«, sagte er noch.

      »Yes, Sir.« Bob hatte es eilig hinauszukommen.

      Bob war lange genug im Intelligence Service und daran gewöhnt, komische Aufträge zu bekommen. Dieser war so ziemlich einer der dümmsten, soweit er sich erinnern konnte. Zikaden. Was gingen ihn die blöden Viecher an? Er wußte praktisch nichts über Zikaden, außer daß sie im Sommer einen Höllenlärm machen konnten mit ihrem schrillen Gezirpe. Er würde sich ein Buch über Zikaden besorgen, man konnte nie wissen.

      Robert D. Parker war ein gutaussehender Mann, dem man den Berufsoffizier eigentlich nicht ansah, dazu trug er das Haar zu lang. Als Junggeselle konnte er es sich leisten, stets nach der Mode gekleidet zu sein, was ihm abfällige Bemerkungen bei seinen Kollegen, aber Bewunderung bei der Damenwelt eintrug. Ihm war letzteres wichtiger. Er war etwa einsfünfundachtzig groß und beneidenswert schlank. Sein Haar hatte einen Schimmer ins Rötliche, wahrscheinlich ein Erbe seiner irischen Großmutter. Bemerkenswert war sein prachtvolles Gebiß, das seinem Gesicht einen anziehenden Ausdruck verlieh, sobald er lächelte oder lachte. Bob wußte das und lächelte ziemlich häufig. Das brachte ihm den Ruf eines freundlichen Menschen ein, und tatsächlich mochten ihn die meisten Menschen gut leiden, abgesehen von ein paar Kollegen, denen es nicht paßte, daß ihre Frauen von ihm schwärmten. Aber auch das hatte sich in den letzten Jahren sehr gemildert. Bob erschien fast überall in Begleitung Betty Walkers und schien sohin als Frauenliebling weitgehend entschärft. Er war ein guter Hockey- und Cricketspieler und konnte die ordinärsten Witze erzählen, ohne daß ihm jemand böse war.

      Als er das Reisebüro verließ, lächelte er. Alles schien in Ordnung. Er hatte für den 18. Dezember gebucht und würde eine angenehme Reise haben, erster Klasse auf Sms

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