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50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2. Эдгар Аллан По
Читать онлайн.Название 50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2
Год выпуска 0
isbn 9782291092247
Автор произведения Эдгар Аллан По
Жанр Учебная литература
Издательство Bookwire
»Tausendmal recht habt Ihr gehabt,« erwiderte der Fenkenälpler. »In St. Peter sind wir noch Meister – und wir lassen die Fremden ja im Frieden herumkalbern!«
Schlimmer noch. Die Weiber von St. Peter wollten nicht mehr in den Leinenhosen, die sie sonst sommers über zur Arbeit trugen, durchs Dorf auf Alpe und Feld gehen. Die Fremden schauen sie so neugierig an und lachen über das Kleid, klagten sie.
»Wenn ich einmal einen lachen sehe, bekommt er Ohrfeigen,« quiekte der Glottermüller.
Der Presi aber rieb sich im Herbst die Hände: »Ta-ta-ta, das Fremdenwesen geht gut. – Schwager Kreuzwirt, ich danke Euch.«
Die Dörfler mochten schimpfen, er war hellauf, wie seit Jahren nicht mehr; er schlang den Arm um die Hüfte der stattlichen Frau Cresenz: »Gut ging's!« Sie streifte seinen Arm ab und lachte: »Ihr seid doch kein Jüngling mehr, Präsident.«
Das Ehepaar redete sich mit »Ihr« an, die Frau nannte ihren Eheherrn auch nie »Presi«, sondern »Präsident« und die Gäste waren noch höflicher. Sie riefen ihn »Herr Präsident«. Das klang ihm freilich schöner in die Ohren als das dörfliche »Presi«.
Manchmal ärgerte er sich, wenn Frau Cresenz wie heute so kühl war, manchmal aber schmeichelte er ihr erst recht.
»Etwas Klügeres als Euch zu heiraten, hätte ich nicht thun können. Ihr seid die Wirtin, wie sie im Buche steht. Ihr seid freundlich mit allen Gästen, doch mit keinem zu viel. Ihr führt ein gutes Hausregiment. Aber wißt, ein bißchen zärtlicher hätte ich Euch schon gern. Habt Ihr denn gar nichts vom Thöni, hinter dem muß man ja immer mit dem Donnerwetter her sein, daß er nicht beständig an den Schürzen der Mägde hängt.«
»Nein, ich mag das Scharwenzeln und Thörichtthun nicht leiden. Das habe ich schon meinem seligen Ersten immer gesagt.«
»Mir aber geht's merkwürdig!« erwiderte der Presi fast ernst. »Die Beth selig hat mich manchmal mit ihren braunen Augen so barmherzig angeschaut und still gebettelt, ich möchte ihr etwas Liebes sagen oder mit der Hand übers Haar fahren, oder sie nur ein bißchen schlimm ansehen. Ich aber habe es nicht übers Herz gebracht. Doch jetzt möchte ich gern – und jetzt wollt Ihr nicht.«
Frau Cresenz, der kühlen Frau, wurde es bei solchen Gesprächen unbehaglich zu Mute, etwas hilflos sagte sie: »Ich schaue doch immer zum Frieden.«
»Ihr seid recht. Ihr seid mehr als recht, Präsidentin. Wenn ich nur denke, wie Ihr Bini gezogen habt, den verlotterten Wildfang.«
»Sagt, Präsident, das bleibt aber eine sonderbare Geschichte, wie das Kind sich plötzlich bekehrt hat. Wißt Ihr noch, es war in der Nacht kurz vor Neujahr, als ich immer behauptet habe, es habe gegeistert im Haus. Da kam am Morgen die Wildkatze geschlichen. ›Ich will Euch jetzt Mutter nennen und ganz artig sein.‹ Und sie schmeichelte um mich wie ein Kätzchen. ›Hast dein Trotzherz gebrochen?‹ fragte ich. Da wird sie rot und sagt: ›Ja – die selige Mutter hat halt mit mir geredet und gewünscht, daß ich Euch folge.‹«
»Ja, wenn die Beth selig dem Kind gute Gedanken giebt, so laßt sie nur durchs Haus wandeln,« lachte der Presi.
»Ich glaube selber, Bini sei enthext.«
Das Gesicht des Presi verfinsterte sich: »Präsidentin, redet nicht so dumm.«
»He,« sagte Frau Cresenz verlegen, »die alte Susi lag mir, ehe sie zu ihren Verwandten nach Tremis zog, immer im Ohr, Bini sei vom Kaplan Johannes besprochen – ich solle sie von einem Kapuziner entzaubern lassen. Und ich habe es selber geglaubt, weil sie die erste Zeit gar so bösartig gewesen ist.«
Der gute Humor des Presi war verdorben.
»Aber Ihr mögt ihr ja selber nicht recht ein gutes Wort gönnen,« warf Frau Cresenz beklommen ein.
»Das ist etwas anderes,« schnauzte der Presi, »aber ich leide es nicht, daß man Bini zu einem Hexlein stempelt.« Er stand auf und machte einen Gang durchs Haus von zu unterst bis zu oberst.
Seine Gedanken waren beim letzköpfigen Pfaffen, der Binia besprochen haben sollte. Er mochte den Halbnarren trotz dem thörichten Gerede nicht übel leiden.
Kaplan Johannes, der in St. Peter nur so zugelaufen war, wie in einem Hause sich etwa ein herrenloser Hund oder eine Katze einnistet, war schlauer als die Dörfler allesamt. Er hatte sich die durch die Fremden veränderten Verhältnisse rasch zu nutze gemacht. Er lief etwas weniger den Bauern- und Alpweibern nach, er tauschte für seinen Kräuterthee, der gegen dasDoggeli schützen, Kreuzschmerzen vertreiben und das Lungenfieber heben solle, etwas seltener Brot, Käse und Speck ein, dafür begann er am Wege beim Schmelzwerk einen kleinen Mineralienhandel und verkaufte den Gästen die glitzernden Siebensachen von Krystallen und Erzen, die man im Gebirge um St. Peter findet, zu ansehnlichen Preisen.
»Woher er sie nur hat?« fragte sich der Press. Und dann sagte er sich: »Gelegentlich muß man ihn doch fortschaffen. Am Abend gröhlt und plärrt der Narr im Schmelzwerk, daß nach Einbruch der Nacht kein Mensch mehr den ohnehin verrufenen Weg zu gehen wagt. Auch laufen von ihm immer erfundene oder wahre Geschichten, daß er an die Weiber ungebührliche Zumutungen stelle. Ein widriger, unheimlicher Geselle ist er schon, und die häufigen Anfälle von Fallsucht, die er hat, machen ihn nicht angenehmer. Es ist übrigens, als könne er sie selbst künstlich hervorrufen, sie pflegen ihn zu überfallen, wenn ihm jemand eine Gabe verweigert, und bloß um das schreckliche Bild nicht in der Stube zu haben, schenken ihm manche Leute, was er begehrt. Der Bäliälpler hat freilich ein besseres Mittel erfunden. Er hatte den letzköpfigen Pfaffen, als er schäumte und zappelte, mit kaltem Wasser überschüttet. Da war der Narr heulend davongelaufen und nie wieder gekommen.
»Ba! Warum den schriftenlosen Vagabunden forttreiben. Die Gemeinde hängt daran, daß jemand bei der Lieben Frau an der Brücke die üblichen Glockenzeichen giebt, dazu ist Johannes gut genug. Und der Pfarrer, der gegen den Fremdenverkehr gepredigt hat, muß auch seinen Pfahl im Fleische haben, das ist lustig!«
So dachte der Presi. Wie er vom Keller auf den Estrich gelangt war, kam ihm Binia nachgelaufen: »Vater, der Garde ist da.« Nun ging ein Zug der Ueberraschung und ehrlicher Freude über seine eherne Stirne und um seinen willensstarken Mund. Er hatte sich schon lange heimlich gekränkt, daß der Garde, seit Sommerfrischler kamen, den Bären mied. Ohne den Garden aber, den einzigen Mann im Dorfe, den er aus Herzensgrund achtete, konnte er fast nicht leben.
Nun grüßte er ihn in der großen Stube rasch und herzlich.
»Ich mag mich halt im Sommer nicht unter die Fremden setzen,« knurrte der breite, schwerfällige Freund, »und in das neumodische geringe Stübchen ebener Erde müßtet Ihr mich schon erst später einmal tot hineintragen, lebendig gehe ich nicht über seine Schwelle.«
»Wir wollen wieder einmal anstoßen wie früher, nehmt die Welt, wie sie ist,« lachte der Presi. »Zum Wohl, Garde!«
»Presi,« und der Garde blinzelte belustigt, »Ihr versteht es, gutes Wetter zu machen.«
Nun waren die beiden Männer im Zug. Als das Gespräch eine Weile gegangen, murrte der Garde:
»Ich geb's ja gern zu, daß unter den Fremden viele ehrbare und rechtschaffene Leute sind, es wäre traurig, wenn's anders wäre, aber es bleibt halt dabei, die Fremden verstehen uns nicht, wir sie nicht. Seit sie kommen, ist eine verborgene Unruhe im Dorf, niemand weiß, wo hinaus es will.«
»Ta-ta-ta. Wo hinaus?« eiferte der Bärenwirt. »Daß sich die Leute an sie gewöhnen – in Grenseln und Serbig haben sie auch zuerst die Hände hinter den Gästen geballt, jetzt aber stehen sie an allen Straßen, verkaufen ihnen Edelweiß, tuten auf dem Alphorn und juheien sie an.«
»Eben, eben,« zürnte der Garde, »sie sind hudlig geworden. Presi – ich habe ruhiges Blut, aber das erste Mädchen in St. Peter, das sich an den Weg stellt und die Fremden ansingt, nehme ich bei den Zöpfen, führe es zu seiner Mutter, und der sage ich alle Schande. So lang ich lebe, darf unsere Gemeinde nicht hudlig werden.«
Er schlug mit