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Bleibt uns die Hoffnung. Marie Louise Fischer
Читать онлайн.Название Bleibt uns die Hoffnung
Год выпуска 0
isbn 9788711718438
Автор произведения Marie Louise Fischer
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
»Danke für die Belehrung«, gab Arnold kalt zurück.
»Entschuldige bitte, aber ich muß dir das doch sagen …«
»Entschuldige dich nicht! Ich weiß längst, daß du ewig was an mir zu meckern hast! Das scheint ein Prinzip von dir zu sein!« Die Unterhaltung war bis zu diesem Punkt gedämpft geblieben und so unauffällig, daß weder Kunden noch Mitarbeiter aufmerksam geworden waren; jetzt erhob Arnold unwillkürlich die Stimme und begann zu schreien.
»Reg dich nicht auf!« mahnte Egon hastig.
»Du meinst, ich muß jede Beleidigung schlucken und …«
Egon fiel ihm ins Wort. »Wenn du dich schon streiten mußt, dann doch lieber in meinem Büro. Ich erwarte dich in zehn Minuten.« Er ließ ihn stehen.
Mit einer unbeherrschten Bewegung stieß Arnold den Stapel Waschmittel um, den er gerade so mühsam aufgebaut hatte. In dem Moment, als Trommeln und Packungen durcheinanderpurzelten, brach auch sein Zorn zusammen.
Er begriff, daß er wie ein unreifer Junge reagiert hatte, und diese Erkenntnis demütigte ihn mehr noch als Egons Tadel.
Als Arnold Miller später Egon Kaspareks Büro betrat, hatte er sich so weit beruhigt, daß er sich zu einer Entschuldigung aufraffte.
»Tut mir leid, Egon, du hattest vorhin natürlich recht. Ich weiß selber nicht, warum ich so sauer reagiert habe.«
Das Büro des Geschäftsführers war ein quadratisches, nicht eben großes Zimmer, das zwanzig Zentimeter höher als der Verkaufsraum lag. Von dem war es durch eine Glasscheibe, nur von innen durchsichtig, getrennt, so daß Egon ihn von seinem Schreibtisch aus übersehen konnte, soweit es die gefüllten Regale und hoch gestapelten Warenwände zuließen.
Auch jetzt schweifte Egons Blick unwillkürlich über seinen Machtbereich. »Setz dich doch«, sagte er trocken und wies seinem Schwager einen Stuhl an der Schmalseite seines Schreibtisches zu, »und bilde dir bloß nicht ein, daß ich einen Kniefall von dir erwarte.«
»Es ist zu blöd von mir, daß ich dauernd Mist baue!« Arnold zog sich den Stuhl zwischen die Beine.
»Darum geht es gar nicht.«
»Jetzt sag bloß …«
»Nein, wirklich nicht. Fehler macht jeder. Gerade hier bei uns. Du weißt, mit was für Leuten wir es größtenteils zu tun haben. Ausgebildete Fachkräfte sind kaum vorhanden. Du bist einer meiner Besten, alter Junge … wie könnte es auch anders sein?«
Arnold verzog die Lippen zu einem bitteren Lächeln. »Einer deiner besten Hilfsarbeiter … auch schon etwas!«
»Ich habe alles versucht, dich in der Verwaltung unterzubekommen, oder etwa nicht?«
»Ja, ja, ich weiß, ich habe sehr viel Grund, dir dankbar zu sein!«
Egons hübsches Gesicht lief rot an. »Hör auf damit, Arnold! Bist du denn wirklich nicht mehr imstande, auch nur zwei Sätze mit mir zu wechseln, ohne daß du gleich aus der Rolle fällst?!«
»Ich habe mir meine Rolle schließlich nicht selber ausgesucht! Du hast mich hineingepreßt!«
»Arnold, bitte!« Egon hob beschwörend die Hände. »Das stimmt doch einfach nicht. Ich wußte von Anfang an, daß dies hier nicht das Wahre für dich sein könnte. Aber was Besseres konnte ich dir nicht bieten, und du warst heilfroh, bei mir unterschlüpfen zu können. Nachdem du dir drei Monate vergeblich die Hacken schiefgelaufen hattest.«
»Sehr edel von dir.«
»Nein, eben nicht!« Jetzt hob Egon die Stimme. »Ich habe nicht vergessen, daß ich dir verpflichtet bin! Das brauchst du mir gar nicht auf die Nase zu binden!«
Arnolds Hände umklammerten die Schreibtischkante, und er beugte sich vor. »Wenn du es wirklich weißt, warum trampelst du dann dauernd auf mir herum?«
»Aber davon kann doch gar keine Rede sein!« Egon stieß seinen Sessel zurück und sprang auf. »Herrgott noch mal, alter Junge, kannst du denn nicht wenigstens einmal versuchen, die Situation objektiv zu betrachten?! Ich bin dein Vorgesetzter, klar, daß dir das nicht paßt, aber so ist es nun mal, und wir beide können es nicht ändern. Du wirst mir also erlauben müssen, dir hin und wieder eine Anweisung zu geben und dich, wenn es nötig ist, auch mal auf einen Fehler aufmerksam zu machen.«
»Genau das tust du dauernd!«
»Stimmt ja gar nicht! Das kommt dir bloß so vor, Arnold, glaub mir doch. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Keinem anderen Mitarbeiter gegenüber lege ich mein Wort so auf die Goldwaage, wenn du nur ahntest, wie oft ich was runterschlucke, das eigentlich gesagt werden müßte … nur weil ich Angst habe, du könntest es in den falschen Hals kriegen.«
»Danke.« Arnolds Nasenflügel bebten. »Du bist die Feinfühligkeit in Person.«
»Und du bist eine wahre Mimose! Du kannst nicht den Schatten einer Kritik vertragen. Wenn das so weitergeht…«,Egon fuhr sich mit beiden Händen in sein gepflegtes Haar, »… werde ich noch wahnsinnig!«
»Soll das heißen, daß du mir kündigen willst?« Jetzt war auch Arnold aufgestanden.
»Wie könnte ich das denn?! Für was einen Schweinehund hältst du mich eigentlich?! Ich habe nicht vergessen, daß du es warst, der mich gerettet hat. Wenn du nicht gewesen wärst, wäre ich im Kittchen gelandet.« Er wurde sich bewußt, wo er war und daß man womöglich aus den Nebenräumen mithören konnte, und dämpfte seine Stimme so sehr, daß er jetzt fast flüsterte. »Ich hätte nicht nur meine Stellung verloren. Die…« Er machte eine Kopfbewegung zur Decke hin, obwohl die Inhaber der Kette von Supermärkten, zu denen das »Zentrum« gehörte, gar nicht in Riesberg, sondern in Augsburg saßen, »…. hätten mich angezeigt, da kannst du Gift drauf nehmen. Ich hätte nicht nur meine Stellung verloren.«
Durch dieses offene Eingeständnis war Arnold der Wind aus den Segeln genommen; er schwieg.
»Aber du kannst nicht verlangen«, fuhr Egon in verändertem Ton fort, »daß ich dir das täglich wieder vorbete. Jawohl, ich stehe in deiner Schuld. Aber hier im Geschäft bist du mein Angestellter. Daran mußt du dich gewöhnen.«
»Ich versuche nichts anderes.«
»Arnold! Bitte! Mit ein bißchen mehr gutem Willen müßte es doch gehen.«
»Ich tue mein möglichstes.«
»Tu mehr. Sieh mal, du hast hier doch auch die Chance, dich raufzuarbeiten. Nicht in die Buchhaltung oder an die Kasse, aber irgendwas wird sich schon ergeben. Aber dazu mußt du mir die Gelegenheit geben, positive Berichte über dich abzufassen. Wie du dich bisher benommen hast, geht das nicht. Das ganze Haus merkt doch, daß wir verquer miteinander stehen. Jedes Lob, das ich über dich von mir gebe, muß unglaubwürdig klingen.«
Die Auseinandersetzung wurde durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen, und fast gleichzeitig trat eine junge Frau in weißem Kittel ein, Barbara Ziem, die Hauptkassiererin. Sie blickte aus ihren grauen Augen, die durch einen dichten schwarzen Wimpernkranz besonderen Reiz gewannen, von einem der beiden Männer zum anderen. »Störe ich? Ich wollte nur…« Sie hielt die Kassette mit den Tageseinnahmen in beiden Händen.
»Ist es schon so spät?« Jetzt erst stellte Egon fest, daß sich der Verkaufsraum inzwischen geleert hatte; es irritierte ihn, daß er Zeit und Ort vergessen hatte.
»Ich gehe schon«, sagte Arnold rasch, »ich will die Trommeln noch…«
»Nein, laß das«, fiel Egon ihm ins Wort und verbesserte sich: »Laß das, bitte! Es hat Zeit bis morgen früh. Fahr schon nach Hause. Ich komme gleich nach.«
»Kann ich nichts mehr für dich tun?«
»Danke. Ich schließe schon selber ab.«
Arnold sagte Barbara Ziem gute Nacht und ging.
Sie blickte Egon