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wer wird ihn beerben? Meinen Sie, daß sein Erbe wenigstens versuchen würde, gutzumachen, was er angerichtet hat?«

      Es war müßig darüber zu rätseln. Sie gingen in ein nahegelegenes Cafe, und obgleich es sehr gut besucht war, fanden sie einen Tisch, der nur Platz für Zwei hatte. Sie nahmen keine Notiz davon, daß sie neugierig gemustert wurden. Sie waren ein attraktives Paar.

      Nachdem sie sich schon gelabt hatten, sagte Jessica plötzlich,daß sie mit Kollberg sprechen wolle, wenn es möglich wäre.

      »Ich möchte unbedingt erfahren, wie lange er mit Santorro schon Geschäfte machte. Vielleicht war es das, womit Audrey Burnes ihn erpreßt hat. Sie könnte es gewußt haben.«

      Julian sah sie überrascht an. »Er wurde erpreßt?«

      »Habe ich das noch nicht gesagt? Nein, den Nordens hatte ich es erzählt. Von Leslie hatte ich erfahren, daß er ein Verhältnis mit Audrey hat.«

      Es war nun mal das Thema, dem sie nicht ausweichen konnten. Julian hätte sie gern auf andere Gedanken gebracht, aber es mußte noch viel geklärt werden.

      »Den Weg zum Präsidium können Sie sich sparen, das habe ich schon geregelt«, erklärte er. »Sie werden benachrichtigt, wenn neue Erkenntnisse vorliegen. Man weiß Bescheid, daß wir jetzt in Verbindung stehen, und es genügt, wenn ich mit den Beamten rede.«

      Sie war froh, daß er ihr das ersparte, und sie fuhren dann auch gemeinsam zum Hotel zurück.

      Dort fand sie eine Nachricht von Dr. Norden vor. Er bat um ihren Anruf. Sie erreichte ihn gerade noch in der Praxis. Er sagte ihr, daß er Verbindung zu Dr. Hatkins aufgenommen hätte und nun auf ein Fernschreiben von ihm warte.

      »Wenn Sie morgen zu mir kommen, weiß ich vielleicht schon mehr«, sagte er.

      »Ich kann Ihnen auch einiges erzählen«, erwiderte sie. Und sie verabredeten, daß sie wieder nach elf Uhr zu ihm in die Praxis kommen sollte.

      Sie war kaum in ihrem Appartement, als ein Anruf von Alfred Kühne kam. Er hatte auch bereits von Kollbergs Unfall erfahren, konnte ihr aber auch noch sagen, daß Kollberg zuletzt in einem Landhaus bei Garmisch gewohnt hätte. Es gehörte ihm.

      »Wenn es nicht das Haus ist, das meine Eltern gebaut haben«, sagte sie. »Finden Sie heraus, wer der tatsächliche Eigentümer ist oder vorher war.«

      Du lieber Gott, was werde ich noch alles verkraften müssen, sagte sie dann zu ihrem Spiegelbild. Sie sah wieder müde aus und war nicht zufrieden mit sich, da sie sich doch mit Julian zum Abendessen treffen wollte. Er spielte jetzt schon eine bedeutende Rolle in ihrem Leben. Wenn sie ehrlich mit sich selbst war, war er gar nicht mehr wegzudenken.

      So schnell konnte sich alles ändern, auch die ganz persönliche Einstellung, aber sie sagte sich auch, daß man nicht Unschuldige büßen lassen dürfe, was andere einem zugefügt hatten.

      *

      Während Julian und Jessica ihr gemeinsames Abendessen schon beendet hatten und beschlossen, noch einen Spaziergang zu machen, löffelte ein kleines Mädchen im fernen Jamaika lustlos ein Eis.

      »Wann darf ich endlich wieder nach Hause, Daddy?« fragte Laura drängend. »Wir sind schon so lange fort.«

      »Hier ist es doch schön. Bekommst du nicht alles, was du haben willst?« fragte Victor Santorro gereizt.

      »Ich weiß schon, daß du schimpfst, wenn ich von Mummy rede. Warum eigentlich? Sie tut mir doch gar nichts. Sie ist immer lieb.«

      »Hör endlich damit auf. Jeden Tag dasselbe Theater«, brauste Victor auf. »Deine Mummy ist nicht lieb. Sie macht mir das Leben zur Hölle. Sie will nicht, daß wir zusammen sind, Baby.«

      »Ich bin kein Baby mehr. Ich mag nicht, wenn du auf Mummy schimpfst«, sagte Laura trotzig. »Und überhaupt ist mir gar nicht gut. Ich mag auch nicht dauernd Eis haben, und mir ist langweilig.«

      »Dann fahren wir eben nach New York, da ist es nicht langweilig.«

      »Mußt du gar nicht mehr filmen?«

      Das hätte sie lieber nicht fragen sollen, denn das war ein wunder Punkt, der ihn in Zorn versetzte. Man schien ihn schon vergessen zu haben. Er war noch keine vierzig Jahre alt und sollte schon eine Nebenrolle spielen.

      »Was geht dich das an«, fuhr er das Kind an. »Ich will mit dir zusammensein, das ist mir wichtiger als alles andere.«

      »Aber Mummy möchte sicher wissen, wo ich bin. Ich will sie wenigstens mal anrufen«, beharrte Laura.

      Er überlegte, ob es nicht besser sei, Laura zurückzubringen. Er hatte keine Ahnung, daß Jessica inzwischen die Staaten verlassen hatte. Ihm wurde es auch lästig, ständig nur mit dem Kind zusammenzusein. Wenn er allein etwas unternehmen wollte und einen Babysitter bestellte, wurde das mit der Zeit teuer. Außerdem machte Laura jedesmal Theater und verlangte noch energischer, zu ihrer Mummy zu fahren.

      Er mußte jetzt auch über anderes nachdenken, denn Kollbergs Quelle schien ganz versiegt zu sein. Er wußte nicht, was sich da zusammengebraut hatte. Es war ihm auch nicht geheuer bei dem Gedanken, daß Jessica ihm auf die Schliche kommen könnte, denn dann würde sie etwas in der Hand haben gegen ihn. Natürlich ging es ihm finanziell noch nicht schlecht, aber wenn er keine großen Rollen mehr bekam, mußte er seine Ansprüche schon gewaltig zurückschrauben. Und seit es Ärger mit Audrey gegeben hatte, mußte er auch auf lukrative Nebengeschäfte verzichten, die er gemeinsam mit ihr gemacht hatte.

      Er mußte versuchen, wieder mit ihr klarzukommen, aber dabei war ihm das Kind im Wege. Auf die Dauer war Laura ihm sowieso eine Last, aber sie war halt Mittel zum Zweck, Jessica unter Druck zu setzen. Sollte sie tatsächlich etwas unternehmen gegen ihn, was ihm Ärger einbringen konnte, hatte er Laura als Tauschobjekt. Um sie zurückzubekommen, würde Jessica schweigen und alles vergessen, das hatte er sich ausgerechnet.

      Es war ja alles okay gewesen, solange sie anbetend zu ihm aufgeblickt hatte, aber dann hatte sie sich plötzlich verändert, hatte aufbegehrt und Selbstbewußtsein entwickelt. Das hatte ihm gar nicht gefallen, denn so war sie für ihn bei seinen Geschäften mit Kollberg zur Gefahr geworden. Aber Kollberg hatte sich auch nicht in die Karten sehen lassen.

      Er hat bestimmt kräftig abgesahnt, dachte Victor grimmig. Vielleicht wäre es doch besser gewesen, mit Jessica gegen ihn vorzugehen. Aber es hatte sich eben alles anders entwickelt, und Audrey hatte auch noch ihren Teil dazu beigetragen. Eiskalt und habgierig wie sie war, das Gegenteil von Jessica, aber mit dem Teufel im Leib.

      Durch Jessicas Wohlerzogenheit, ihrem damenhaften Auftreten, war ihm erst richtig bewußt geworden, aus welchem Milieu er kam. Er wollte nicht daran erinnert werden, und es machte ihn wütend, wenn andere es so selbstverständlich präsentierten, wie gebildet sie waren. Er war wahrlich kein schlechter Schauspieler, und er hatte Glück gehabt, soweit nach oben zu kommen, aber ihm fehlte eben das gewisse Etwas, das die großen Stars auszeichnete. Er war in das Klischee des Liebhabers gepreßt, der sich durchboxen mußte. Natürlich lagen ihm solche Rollen, aber sie hoben ihn doch nicht über den Durchschnitt hinaus.

      Er hatte gemeint, durch Kollberg zu mehr Ruhm zu kommen, indem er sich die Rollen kaufte, die er sonst nicht bekam. Es waren zwei Mißerfolge, und Kollberg war sauer, daß das Geld falsch investiert war und Verlust brachte.

      Das alles ging Victor durch den Sinn, ohne daß er sich selbst freilich die Schuld gab.

      »Ich will heim, Daddy«, sagte Laura wieder.

      »Ich bringe dich heim«, erwiderte er, »aber du mußt deiner Mummy sagen, daß ich immer lieb zu dir war und daß du mich lieber hast als sie.«

      »Warum soll ich das sagen?«

      »Sonst bringe ich dich nicht heim.« Seine Stimme klang drohend, und das Kind zuckte zusammen.

      »Dann sage ich es eben«, flüsterte sie. Doch seine Gedanken waren schon anderswo. Er mußte sich unbedingt mit Audrey versöhnen. Das würde ihm schon gelingen, wenn Laura nicht zwischen ihnen stand.

      Laura packte selbst ihre Sachen

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