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mich aufgesucht.«

      »Sie ist wieder hier? Wie geht es ihr?« fragte Fee.

      »Psychisch nicht gut. Du wirst es heute abend alles erfahren. Ich habe sie zu uns eingeladen. Sie wohnt im Novara.«

      Er wollte jetzt nicht viel erzählen, er sagte nur, daß sie von Kollberg betrogen worden sei.

      »Dann handelt es sich bei ihm um den betrügerischen Nachlaßverwalter und Finanzberater G. K., dessen Name in den Zeitungen nicht ausgedruckt wurde. Ich wollte es nicht annehmen. Ich verstehe nicht, warum man solche Leute nicht gleich öffentlich an den Pranger stellt.«

      »Weil sie über die besten Beziehungen verfügen, und wer weiß, wer da alles verwickelt ist.«

      »Und Jessica gehört zu den Opfern.«

      »Ihr Haus hat sie wenigstens behalten, aber es ist vermietet. Immerhin scheint sie finanziell noch ganz gut gestellt zu sein.«

      »Stimmt es, daß sie einen Nervenzusammenbruch gehabt hatte?«

      »Wir werden alles genau erfahren. Jedenfalls sagte sie, daß sie sich wie die Darstellerin in einem Horrorfilm vorkam.«

      »Das arme Geschöpf! Wir müssen ihr helfen, Daniel.«

      »Soweit uns das möglich ist. Sie muß um ihre Tochter kämpfen.«

      Entsetzt weiteten sich Fees Augen. »Man hat sie ihr genommen?«

      »Dieser Santorro scheint ein Teufel zu sein. Sie nannte ihn einen Heuchler und Sadist.«

      »Und sie war so verliebt in ihn! Liebe macht wohl doch blind.«

      »Sie war unerfahren, und er scheint ja auch ein guter Schauspieler zu sein. Im Leben vielleicht ein besserer als im Film. Wir haben das ja schon mal erlebt.«

      »Aber wie kann man ein so liebenswertes Geschöpf so quälen?«

      »Wir werden hören, was sie uns noch erzählen wird.«

      *

      Jessica gönnte sich keine Ruhe. Sie hatte sich mit einem Privatdetektiv in Verbindung gesetzt, der alles über Günter Kollberg in Erfahrung bringen sollte. Von der Polizei hatte sie bisher noch keine Auskunft bekommen. Man hatte sie zum nächsten Vormittag ins Präsidium bestellt. Auch den jetzigen Aufenthaltsort von Kollberg hatte sie nicht erfahren. Ihr kam das alles sehr merkwürdig vor.

      Allerdings wurde ihr nun auch bewußt, daß sie ihm blindlings vertraut hatte. Genauso hatte sie ja auch Victor vertraut, bis er seine Maske hatte fallen lassen.

      An ihn wollte sie nicht denken, aber die Sehnsucht nach Laura raubte ihr fast die Beherrschung. In ihre Verzweiflung mischte sich glühender Haß auf Victor und auf alle, die seine Partei ergriffen hatten.

      Sie hatte nicht geglaubt, so hassen zu können, aber mit Vernunft konnte sie diesen Gefühlen nicht beikommen. Die Angst um ihr Kind, der Gedanke, Laura nie wiederzusehen, raubte ihr fast den Verstand. Aber sie wußte auch, daß gerade dies ihr schaden konnte. Einmal war es Victor schon gelungen, sie zur Verzweiflung zu treiben. Nein, das durfte nicht wieder passieren, daß sie in einer Nervenklinik landete. Sie wollte ganz offen mit den Nordens über all ihre Qualen sprechen. Vielleicht konnten sie ihr helfen.

      Dann kam ihr der Traum in den Sinn, den sie in dieser ersten Nacht im Hotel Novara geträumt hatte. Konnte man ihn so deuten, daß sie Hoffnung haben konnte, ihr Kind wiederzusehen? Ein Mann hatte ihr Laura gebracht, aber sie kannte diesen Mann nicht, und doch hatte sie ihn im Traum so deutlich gesehen, daß ihr sein Gesicht, seine ganze Erscheinung in der Erinnerung haften geblieben war.

      Alfred Kühne, der Detektiv, war es jedenfalls nicht. Der war ein freundlicher, älterer Herr mit schütterem Haar, dem man nicht ansah, daß er schon manchen Gaunern auf die Schliche gekommen, ein Meister im Recherchieren und Beobachten war.

      Er war auch ein guter Menschenkenner, und Jessica brauchte gar nicht viel zu sagen. Er merkte sofort, daß sie sehr viel durchgemacht hatte.

      Die Sache Kollberg war ihm ein Begriff, weil er schon für einen anderen Klienten ermittelt hatte, dessen Verluste jedoch bei weitem nicht so hoch waren, wie es bei Jessica der Fall war.

      »Kollberg könnte sich in der Schweiz aufhalten«, erklärte er. »Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß er eine so hohe Kaution verfallen läßt. Haben Sie Konten in der Schweiz?«

      »Es war eins vorhanden, aber vielleicht hatte er da auch Zugriff. Mein Vater hat ihm voll vertraut. Sie waren befreundet. Ich begreife nicht, wie er zum Betrüger werden konnte.«

      »Er war ein Spieler, und dann die Frauen… Manche Männer rasten aus, wenn sie über Fünfzig sind.«

      »Ich möchte alles wissen. Sie brauchen nicht besorgt zu sein, daß ich Sie nicht bezahlen kann. Genügen Ihnen tausend Mark als Vorschuß?«

      »Ich werde nicht länger als zwei Tage brauchen. Sie werden nicht übervorteilt, gnädige Frau. Ich bin auch froh, wenn solchen Kerlen das Handwerk gelegt wird. Es ist unglaublich, was man jetzt alles erlebt.«

      »Als ich ihn vor acht Jahren zum letzten Mal sah, war er ein angesehener Mann, hatte ein wunderschönes Haus und bestimmt auch viel Geld. Oder habe ich schon damals alles durch eine rosa Brille gesehen?«

      »Sie waren sicher sehr jung«, sagte Alfred Kühne.

      Sie nickte. »Und sehr naiv. Ich sehe es immer mehr ein, aber man denkt, daß man ja schon so erwachsen ist. Würden Sie sich zutrauen, auch nach meiner Tochter zu forschen?«

      »Wenn Sie mir einen Hinweis geben könnten?«

      »Ich kann nur sagen, daß mein geschiedener Mann seit zwei Wochen mit ihr untergetaucht ist, als er sein Besuchsrecht in Anspruch nahm. Ausgangspunkt Beverly Hills. Sein Name ist Victor Santorro. Meine Tochter heißt Laura und ist sechs Jahre alt. Ich muß jedoch leider sagen, daß Santorro über allerbeste Beziehungen verfügt.«

      »Ich habe auch Beziehungen zu Kollegen in den Staaten. Wir helfen uns gelegentlich gegenseitig. Ich kann erst mal vorfühlen, was machbar wäre, sonst wird es eine kostspielige Angelegenheit.«

      »Ich werde das Geld beschaffen. Ich kann nur nicht selbst wieder zurück.«

      Er verabschiedete sich zehn ­Minuten später sehr höflich von ihr.

      Jessica blickte auf die Uhr. Noch zehn Minuten bis neunzehn Uhr. Sie fuhr noch einmal zu ihrem Appartement in der fünften Etage, machte sich schnell ein bißchen frisch und nahm ihre Aktentasche mit sich.

      Als sie aus dem Lift trat und um sich blickte, blieb sie wie angewurzelt stehen. An der Rezeption lehnte ein hochgewachsener dunkelhaariger Mann, der sich jetzt umdrehte. Ihre Blicke trafen sich, und ihr Herzschlag setzte aus, aber da betrat schon Daniel Norden die Halle und kam rasch auf sie zu.

      Er merkte, daß sie verwirrt war und schob seine Hand unter ihren Arm. »Fee freut sich schon auf Sie, Jessica«, sagte er.

      Geistesabwesend ging sie an seiner Seite hinaus. Der Mann an der Rezeption richtete das Wort an den Empfangschef, mit dem er schon vorher gesprochen hatte.

      »Können Sie mir bitte sagen, wer die blonde Dame war, die eben abgeholt wurde?«

      »Weil Sie es sind, Dr. Vreden. Es ist Mrs. de Wieth. Und der Herr war Dr. Norden, nach dem Sie sich auch erkundigt hatten.«

      »Jessica de Wieth, das ist interessant«, murmelte Julian Vreden. »Sie wohnt auch hier, welch ein Zufall.«

      *

      Jessica wirkte immer noch etwas benommen, als Daniel Norden ihr aus dem Wagen half. »Hier wohnen wir«, sagte er.

      Jessica zuckte zusammen. »Pardon, ich war in Gedanken«, sagte sie leise. »Es ist ein schönes Haus.«

      »Wir haben inzwischen fünf Kinder, Jessica.«

      »Fünf Kinder«, wiederholte sie staunend. »Ich kannte nur zwei.«

      »Ja, so vergehen die Jahre.« Fee stand schon in der Tür. Es war ein herzlicher

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