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er seine Lehre beziehen!

      In diesem Augenblick wendet er den Kopf und blickt die Straße hoch.

      Und dann entdeckt er den Reiter.

      Randolph, der besonders auf die Reiter achtet, fixiert den Mann auf hundet Schritt, als er unter der Laterne vor der Bäckerei herreitet. Der Mann reitet scharf rechts am Gehsteig drüben, er kommt nur langsam voran, hat die linke Hand an den Zügeln und die rechte anscheinend in der Nähe des Revolvers. Viele reiten so, viele hat Randolph in den vergangenen Tagen schon so reiten sehen. Jedesmal ist es nicht der Mann gewesen.

      Obwohl die immerwährenden Enttäuschungen Randolph zugesetzt haben, denkt er nicht daran, aufzustecken und einem Fremden weniger Beachtung zu schenken.

      Randolph geht um die Ecke in die Gasse neben dem Store und behält den Reiter im Auge. Der Mann kommt drüben am Buchladen vorbei, dann jedoch schwenkt er, reitet genau auf Randolph zu und wechselt die Straßenseite. Es kommt Randolph vor, als wenn der Mann etwas sucht, denn er blickt sich öfter um. In der dunklen Ecke kann Randolph nicht gesehen werden. Er drückt sich eng an die Wand und starrt dem Mann entgegen.

      Gleich darauf nähert sich das Pferd dem Storebalken. Es wird angehalten. Und wieder blickt der Mann sich um. Allerdings fällt auch jetzt noch kein Licht auf sein Gesicht. Er hat den Hut in die Stirn gezogen, die Lampe bescheint nur seine Beine. Als Randolph die Beine sieht, furcht er die Brauen und will aufgeben. Der Mann trägt einen prächtigen Anzug, Halbstiefel unter der Hose und keine Sporen. Er wird hier in der Nähe zu Hause sein. Der Reiter steigt nun ab, bindet sein Pferd an, aber noch immer kann

      Randolph nicht in sein Gesicht blicken. Dann geht der Mann in den Store.

      Clay Randolph betritt den Gehsteig, schiebt sich bis nahe an das Fenster und blickt nun in den Store.

      Der Fremde steht vor dem Tresen, man kann seine Stimme hören, er deutet auf das Regal und sagt:

      »Ah, mein Freund, ich sehe, hier raucht man diese prächtigen Zigarren wie bei mir zu Hause. Ich sage es doch immer, einen guten Storehalter erkennt man an seinem Zigarrensortiment. Prächtige Marke aus Wheeling. Ein Dutzend, mein Freund, wenn es recht ist.«

      Die Lampe, denkt Randolph, sie muß in sein Gesicht scheinen, wenn er sich zu mir wendet. Donner, der trägt ja einen prächtigen Anzug, alle Wetter!

      Und da sieht der Mann nach links.

      Es ist Randolph, als wenn ihn jemand tritt.

      Sein Mann, kein Zweifel, das ist Harry Lowman!

      Randolph zuckt zurück, als wenn eine zischelnde Schlange vor ihm aufgetaucht wäre. Er braucht eine volle Minute um zu begreifen, daß nicht Sweney, sondern er das Glück gehabt hat, Lowman zu entdecken. Unfaßbar – oder hat er sich doch geirrt – ist es vielleicht gar nicht der Mann, der Towers ein Vermögen wert ist?

      Clay Randolph atmet scharf durch, dann riskiert er den nächsten Blick. Der Fremde hat nun den Hut abgenommen. Es ist das Gesicht, Towers’ Beschreibung paßt genau. Und Lowman redet sanft und freundlich, er trägt einen so feinen Anzug, daß selbst der hartgesottene Randolph niemals in ihm einen Schurken vermuten würde, der in die Stadt gekommen ist, um Towers umzubringen. Denn das soll ja angeblich die Absicht dieses feinen Mannes sein.

      Adams, der Storebesitzer, lächelt geschmeichelt, als er gelobt wird. Gute Zigarren, ausgezeichnete Sorte, wie? Nun ja, wenn Lowman nichts von Zigarren verstehen soll, wer denn? Immerhin mußte er einige Zeit in der gesiebten Luft Zigarren für eine Fabrik drehen.

      »Ich führe nur noch eine Sorte, die besser sein dürfte, für besondere Kunden«, sagt Adams gerade. »Es ist Queens Nummer sechs, Sir. Wenn Sie einmal probieren wollen?«

      »Queens?« fragt Lowman erstaunt. »Nein, nicht möglich. Dieses herrliche Kraut findet man hier auch? Mr. Adams, Sie sind nicht nur ein guter Storehalter, sie verstehen mehr vom Geschäft als die meisten Ihrer Kollegen, die ich bisher traf. Beachtlich, höchst beachtlich!«

      Adams wirft noch einen Blick auf den feinen Anzug und schleppt dann den Karton Queens Nummer sechs herbei. Genießerisch die Augen schließend, zieht der elegante Besucher an der Zigarre und sagt, die Augen wieder öffnend:

      »Kolossal, in der Tat, höchst beachtlich. Diese Stadt kann sich gratulieren, einen solch beschlagenen Fachmann zu besitzen. Vom Besten nur das Beste, ein altes Handelswort, mein lieber Mr. Adams!«

      Der liebe Mister Adams, der nicht weiß, wem er gegenübersteht, dienert tatsächlich. Und Lowman fragt:

      »Ich hoffe, daß die führenden Leute dieser Stadt es zu schätzen wissen, daß Sie die Sorte hier führen. Mein Freund Mortimer raucht doch sicher auch die Marke?«

      Mortimer, denkt Randolph draußen und umklammert sein Messer, du großer Geist – was will er denn mit Mortimer? Ich denke, er sucht Towers? Verflixte Geschichte, sollte es doch nicht Lowman sein?

      »Mortimer? Sir, ich kenne keinen Mortimer!«

      »Nicht?« fragt Lowman höchst verwundert. »Aber Mortimer kennen Sie nicht? Er hat zwar einen Tick, manchmal reist er wie ein Vagabund durch die Gegend, aber in Wirklichkeit ist der gute Mortimer ein reicher Mann. Sicher hat er sich hier wieder einen seiner Späße geleistet, der Spaßvogel. Ich werde Ihnen doch besser beschreiben, wie mein Freund Mortimer aussieht, Mr. Adams. Also…«

      Draußen aber spitzt Randolph die Ohren und lauscht. Die Beschreibung paßt haargenau auf Towers. Das muß auch Adams merken.

      »Dick, groß und wasserblaue Augen?« fragt da schon Adams verwundert. »Sir, ich kenne da einen Mann, aber es ist unmöglich, daß es sich bei dem um diesen Mortimer handelt. Der Mann, den Sie mir da beschreiben, Sir, wohnt hier, er besitzt den Saloon hundert Yards weiter rechts die Straße hinauf und heißt Towers.«

      »Towers?« fragt Lowman und zieht die rechte Braue hoch. »Towers? Woran erinnert mich der Name nur? Ich glaube, Mortimer hatte einen Stiefbruder, den Sohn seiner Stiefmutter, den diese mit in die Ehe brachte. Kann sein, daß der Towers hieß – ich möchte es beinahe annehmen. Haben Sie vielleicht mal einen Schecken bei Towers gesehen? Kann ja sein, daß er ihn hat, denn Mortimer besitzt dieses Pferd. Er kann es ja bei Towers gelassen haben.«

      »Nein, Mr. Towers hat nur zwei Pferde, einen Grauschimmel und eine Fuchsstute.«

      Grauschimmel, denkt Lowman blitzschnell. Halunke, du bist es. Also doch, überall habe ich nach dir gefragt, in Pacerville, in Granite City, und niemand hat dich gekannt. Mortimer, unbekannt, nie gesehen. Die Beschreibung meines angeblichen Freundes Mortimer hat nirgendwo eine Reatkion bei den Leuten hervorgerufen! Und hier – ah, der gehörnte Schurke ist es, kein Zweifel, der Grauschimmel beweist es. Man muß die Leute nur richtig fragen.

      »So«, sagt er scheinheilig und zuckt bedauernd die Achseln. »Dann finde ich meinen Freund Mortimer auch hier nicht. Er hat mir vor einem Jahr einmal aus dieser Gegend geschrieben. Er hatte die Absicht, sich hier niederzulassen. Aber vielleicht sollte ich doch diesen Mr. Towers fragen, ob er der Halbbruder meines Freundes Mortimer ist?«

      »Versuchen Sie es nur. Mr. Towers wohnt schon anderthalb Jahre hier, wir sprechen öfter zusammen. Von einem Halbbruder hat er mir nie etwas gesagt.«

      »Nun ja, ich kann mich auch nicht genau erinnern, ob mir Mortimer diesen Namen genannt hat«, erwidert Lowman bedauernd. »Wenn es sich gerade so einrichten sollte, daß ich ihn treffe – ich wollte eigentlich heute noch weiter. Einen schönen Store haben Sie, Mr. Adams, Sie sind zu beneiden.«

      »Aber es gibt noch drei hier, meiner ist bescheiden, Sir!«

      »Das würde ich nicht sagen«, murmelt Lowman und ist in Gedanken weit fort. »Dies ist wirklich einer der schönsten Stores, die ich jemals gesehen habe. Nun, Mr. Adams, bitte verkaufen Sie mir eine große Packung dieser prächtigen Queens Nummer sechs. Falls ich bleiben sollte, welches Hotel würden Sie mir nennen können, in dem es ruhig zugeht?«

      »Nun, vielleicht Browns Hotel? Ein sehr gutes Haus, die Ingenieure aus den Minen kommen dort zusammen.«

      »Danke, mein lieber Freund, vielleicht bleibe ich

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