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ist sicherer. Wer weiß, ob uns nicht noch ein junger Elefant vor den Wagen kommt“, prustete Kornelia, als sie alles wieder leidlich in Ordnung hatten. „Ein Glück war, daß uns niemand gesehen hat! Ist dir auch wirklich nichts passiert, Pölze? Und der kommenden Tochter? Um die hatte ich am meisten Angst.“

      „Alles in Ordnung, ich war ja schon runter“, erwiderte Pölze vergnügt. „Vor allem: alle Pferdebeine heil! Aber vierspännig fahren wir doch vielleicht nicht so bald wieder ...“

      „... jedenfalls nicht, ehe besagte Tochter das Licht der Welt erblickt und im Körbchen liegt, während ihre Mutter kutschiert“, ergänzte Kornelia. Pölze lachte.

      „Kutschiert hast du, bitte sehr, vergiß das nicht. Na, Hauptsache, es erfährt niemand. Wehe euch, wenn ihr im ganzen Leben auch nur eine Silbe davon erzählt! Ihr wißt, ich habe einen sehr, sehr gestrengen Eheherrn, vor dem ich riesigen Respekt habe.“ Sie lachten alle drei. In allerbester Stimmung kehrten sie heim.

      2

      Am anderen Morgen rief Kornelia bei Pölze an, bevor sie in die Schule fuhr.

      „Alles in Ordnung?“

      „Gottlob, ja.“

      „Na, ich bin ja froh.“ Gerade kam Ulrike vorbei.

      „Was war denn?“ fragte sie die Schwester.

      „Mußt du alles wissen, du Neugierde?“ rief Kornelia patzig. Raus war sie. Ulrike sah ihr ziemlich böse nach.

      „Man wird ja wohl mal fragen dürfen.“ Sie fand, daß mit Kornelia schon seit langem kein Auskommen mehr sei. Die Brüder, Martin und Manuel, wollten sowieso nichts von ihr wissen, sie interessierten sich zur Zeit für nichts, außer für ein Moped, das sie sich zurechtgemacht hatten, obwohl sie noch lange nicht im Kraftfahralter waren. Ulrike wußte, daß die Mutter die ganze Sache sorgenvoll beobachtete.

      „Ein Glück, daß sie mich hat“, dachte Ulrike selbstgefällig und blieb vor dem Spiegel stehen, ordnete ihre Frisur, nahm noch einmal die Bürste, hielt den Kopf schief – „Ich lass’ jedenfalls die Haare wachsen. Bis auf die Schulter. Kein vernünftiger Mensch trägt ...“

      Himmel, da fuhr der Bus! Ohne sie! Weg war er! Ulrike ließ die Haarbürste fallen und rannte, aber das nützte natürlich nichts mehr.

      Nun mußte sie das Fahrrad nehmen, gerade heute, wo sie statt des Schulanzugs das helle kurze Kleid angezogen hatte. Aber es half nichts, sie konnte sich nicht mehr umziehen.

      Ja, das Leben ist nicht so einfach, wenn man fünfzehn ist und eine schnippische Schwester hat, dazu zwei ruppige Brüder, und keiner versteht einen ...

      3

      Du, Kornelia, Bertram ist am Apparat. Ob wir heute abend hinüberkommen wollen“, sagte Frau Kayser und hielt die Hand auf die Telefonmuschel, „bist du fertig mit den Schularbeiten, oder ist es noch viel? Nein, erst wird alles fertiggemacht. Nicht mehr lange? Gut, wir kommen“, sagte sie in den Apparat. „Nein, die andern nicht. Sie müssen einmal zeitig ins Bett, jeden Abend wird es spät ...“

      „Sie kommen, jedenfalls Charlotte und Kornelia“, sagte Bertram Werth und setzte sich wieder an den Abendbrottisch, wo Pölze den kleinen Berti fütterte. „Ja, Jupp auch, Guido nicht, er ist nicht da.“

      Das waren seine Brüder.

      Pölze fiel an seinem Tonfall nichts auf, sie hatte gerade ihren Sohn davor gerettet, sich zu verbrühen. Er hatte ihre Teetasse erwischt. Bei Berti mußte man dauernd auf der Hut sein, er befand sich im mühsamsten Kleinkindalter. Umgegossen hatte er die Tasse, Gott sei Dank nicht auf sich.

      „Er ist schneller als der Schall“, lachte Bertram.

      „Pfui, du kleines Ferkel“, schalt Pölze, „was trinkt deine arme Mutter jetzt? Man hat doch wirklich nichts als Ärger mit seinen Männern.“

      „Findest du?“ fragte Bertram und blickte sie von der Seite an. „Aber du machst uns wohl nie welchen?“

      „Nie. Womit sollte ich auch“, entgegnete Pölze mit treuem blauem Biedermannsblick, „ich tue und lasse doch alles genau, wie du es mir vorschreibst. Kennst du eine gehorsamere Ehefrau als mich?“

      „Ich habe nur eine, mir fehlt der Vergleich ... Übrigens: in allem?“

      „In allem“, antwortete sie sanft.

      Gerade kam der frische Tee. Pölze ließ ihn genießerisch in die weit weggerückte Tasse laufen, während sie mit der linken Hand Berti femhielt. Da sie aber nur auf die Tasse achtete, hatte er in Sekundenschnelle die Zuckerdose erwischt und geleert.

      „Dieser Bengel ist mir über. Hier, nimm deinen Sohn! Jetzt reicht es mir!“ brummte sie aufgebracht. „Eine einzige Tasse möchte man ja in Ruhe und Frieden trinken können. Ich freue mich jedenfalls auf unsere Tochter, die wird nicht so rabiat sein.“

      „Wo Berti nur sein Temperament herhaben mag?“ fragte Bertram versonnen.

      „Willst du etwa andeuten, er habe es von mir?“ forschte Pölze streitsüchtig. „Aber nun ab ins Bett, Bertram zwo, sonst gibt es noch einen Ehekrach.“

      4

      Bertram hatte vorgeschlagen, an diesem Abend Dias anzusehen. Er knipste leidenschaftlich gern und auch sehr geschickt.

      Nachdem die Gäste gekommen waren, setzte man sich ins Nebenzimmer, wo schon alles vorbereitet war, und bald flimmerte es bunt über die Leinwand: Bilder von Berti, von den Pferden, Jagdbilder, auch reine Landschaftsaufnahmen. Herbstbeleuchtung macht sich immer gut, und Bertram hatte ein ausgesprochenes Geschick, schöne Ausschnitte, gute Beleuchtung und reizende Staffagen zu finden. Die Gäste genossen die Bilder und geizten nicht mit Lob.

      „Und nun kommen noch ein paar, die ich mit dem Teleobjektiv, also aus ziemlich weiter Entfernung, aufgenommen habe, vielleicht sind einige nicht ganz scharf“, kündigte Bertram an. „Ich habe sie von – na, ihr werdet ja sehen, aus welcher Perspektive. Die Motive sind sehr lohnend, finde ich.“

      Es wurde still im Zimmer, so still, daß man die Uhren an den Handgelenken ticken hörte.

      „Wann – wann hast du denn das geknipst?“ fragte Frau Kayser nach einer Weile ihren Bruder. Alle anderen hatten geschwiegen.

      „Vorige Woche“, antwortete Bertram harmlos. „Es ergab sich so. Ich war beim Mais gewesen und kam dann quer über die Wiesen, und da gefielen mir die Ausschnitte.“

      Es waren Pölze, Kornelia und Renate Grünwald mit den beiden kleinen Wagen. Erst sah man, wie sie sich trafen, dann, wie sie umspannten, und dann den kleinen Viererzug. Pölze wagte bei jedem neuen Bild kaum hinzugucken, aber es blieb ihr nichts erspart, auch nicht das Kippen des Wägelchens und alles, was danach folgte. Bertram mußte einen kompletten Film verschossen haben, um die historischen Ereignisse dieses Tages lückenlos festzuhalten.

      Die junge Frau Werth hatte das Gefühl, auf einem glühenden Rost zu sitzen, und Kornelia ging es ähnlich.

      „Sosehr brauchtet ihr wirklich nicht zu heizen“, ächzte sie halblaut. Es war das erste Wort, das fiel nach dem „Genießen“ der Bilder. „Ich finde es ausgesprochen warm hier, könnten wir nicht ...“ Sie blickte zum Fenster hin, fluchtbereit.

      „Aber nein, bleib nur bei uns“, sagte Bertram zärtlich, „und Sie, Angeklagte, erleichtern Sie Ihr Gewissen durch ein umfassendes Geständnis. War es ein hübscher Nachmittag?“

      „Ich war schuld, ich allein! Ich hatte Renate gebeten, einmal mit ihrem Ponywagen zu kommen, und da trafen wir uns – und da ...“, stammelte Kornelia. Himmel, machte Onkel Bertram ein vertracktes Gesicht! „Es war das erstemal.“

      „Und hoffentlich das letzte“, ergänzte Bertram, „jedenfalls, bis unsere Tochter einpassiert ist. Versprecht ihr?“

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