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sofort an den Leinen, die Nasen auf der Erde, zur Scheunentür hinaus. Wir konnten kaum Schritt halten. Sie strebten bergauf, der Spielburg zu.

      „Du“, keuchte Penny, die hinter ihrem Boss mehr schleuderte als lief – ein Wunder, daß sie noch nicht auf der Nase lag –, „Bären sind doch Höhlentiere! Ob der nicht ...“

      „Natürlich! In der Höhle wird er stecken“, japste ich, bemüht mitzukommen. Beide Hunde liefen bergauf. Sie zogen uns vorwärts, daß uns Hören und Sehen verging. Endlich waren wir oben. Und sie strebten zielbewußt der Höhle zu.

      „Langsam, Penny, langsam!“ rief ich. Bange war ich nicht, dazu hatte ich gar keine Zeit, aber ich wollte da dabeisein. Ich gönnte Penny alles Gute, aber dabeisein wollte ich auch. Himmel, hatte sie mit ihrem Boss ein Tempo drauf! Bella riß mich vorwärts. Da war die Höhle. Boss bellte ...

      Wahrhaftig, es war so, wie wir es gedacht hatten! Der Bär mußte hier herumgestreift und dann in die Höhle gekrochen sein. Dort saß er, halb aufgerichtet, und sah uns mit seinen winzigen Äuglein entgegen, mehr angstvoll als gefährlich aussehend. Eigentlich wirkte er süß und possierlich, wie er da hockte, der zottige Kerl.

      „Halt, halt!“ stöhnte ich. „Wir müssen doch erst mal überlegen.“

      Zum Glück schien Penny das auch zu finden. Sie stemmte sich gegen die Leine und ließ Boss nicht hinein. Zunächst war der Bär ja gefunden, das war die Hauptsache. Aber ich kannte Penny. Da der Meister Petz so gutmütig aussah, mußte ich damit rechnen, daß sie gleich hinlief und ihm um den Hals fiel.

      „Warte! Wart, ich hab’ Honig mit!“ rief ich also halblaut, um sie zurückzuhalten.

      „Hast du? Prima“, antwortete Penny. Sie hatte vorhin gar nicht mitgekriegt, daß ich das Glas heimlich eingesteckt hatte. „Wenn er was zu schlecken bekommt, ist er bestimmt nicht böse!“

      Ich war nicht so sicher – mit einer Hand hielt ich Bellas Leine fest, mit der anderen versuchte ich, den Deckel abzuschrauben. Penny trat schnell einen Schritt zurück und half mir. Dann nahm sie mir das offene Glas aus der Hand und näherte sich wieder dem Bären.

      „Warte! Wir müssen ihn doch irgendwie festmachen“, flüsterte ich. Penny ließ den Bären nicht aus den Augen, stellte das Glas hin, knüpfte Boss von der Leine und streckte die Hand nach mir aus.

      „Deine Leine, gib!“ Ich gehorchte. Sie band das freie Ende an Boss’ Halsband. Beide Hunde waren nun an Bellas Leine, jeder an einem Ende, und die Mitte hielt ich. Sie zogen beide, aber nicht sehr stark, weil ich immerzu „Kusch! Sitz! Halt!“ flüsterte. Penny nahm das Honigglas wieder auf und ging damit dem Bären entgegen. Mir schlug das Herz wie verrückt.

      „Vorsicht, Penny, Vorsicht!“ jammerte ich. Der Bär schielte nach dem Honigglas hin. Er sah überhaupt nicht böse aus ...

      Bei Bären weiß man nicht, was sie denken. Ob Penny das wußte? Ich konnte nichts sagen, die Angst schnürte mir die Kehle zu. Endlich würgte ich heraus: „Nicht, Penny! Wollen wir nicht warten, bis jemand vom Zirkus ...“

      „Ach, Quatsch, wir fangen ihn!“ Penny war ganz besessen, da half keine Warnung, ich hätte es wissen müssen. Sie gab nicht auf.

      Der Bär ließ sich jetzt auf die Vorderpfoten herunter und machte ein paar Schritte auf sie zu. Sie hielt ihm das geöffnete Glas entgegen.

      „Stell es hin! Stell es hin!“ wisperte ich, halb verrückt vor Angst und Jagdeifer. Sie schüttelte kurz die Zotteln und ging näher.

      Mir stand das Herz still. Jetzt war das Gesicht des Bären ganz nahe an ihrer Hand.

      Sie stellte das Glas nicht hin. Sie hielt es, der Bär schnüffelte daran und streckte seine Zunge ein wenig heraus. Erst fuhr diese kurz um den Rand des Glases, dann hinein – und nun schmatzte er auf. Jetzt – gottlob! – stellte Penny das Glas behutsam vor ihn hin. Ich atmete unhörbar auf. Sie tat es jedoch nicht, um Abstand von dem Bären zu bekommen, sondern um beide Hände frei zu haben. Penny, bist du wahnsinnig ...

      Der Bär sah uns jetzt gar nicht mehr an. Er hatte die Nase im Honigglas, zog sie wieder heraus, leckte sich mit der Zunge um die Schnauze – er sah erstaunt und sehr mollig aus. Hinter mir hörte ich etwas – kam etwa jemand? Ich wagte aber nicht, mich umzudrehen, sondern sah fasziniert auf den Bären, wahrend ich mich zurückstemmte, um die beiden Hunde zu halten, die immer noch vorwärts zogen.

      „Nicht wahr, das schmeckt? Ja, das ist das beste für einen kleinen Petz“, schmeichelte Penny und ging noch näher. „Ja, schön ist der Bär, gut ist er, brav ist er. Ja, den ganzen Honig bekommter.“ Sie hatte Boss’ Leine bereits halb um den Bärenhals gelegt.

      „Gut so“, flüsterte es hinter mir – ich hörte es und fühlte mich wieder atmen ...

      „Siehst du. Und noch einen Schleck Honig.“ Penny sprach unentwegt und zärtlich auf den Bären ein. Das Ende der Leine kam jetzt auf der andern Seite des Bärenhalses zutage. Penny nahm es sanft, zog die Leine behutsam heraus, hakte sie zu, alles unter freundlichem Geflüster: „Na, Petzi, da haben wir dich ja ...“

      Jemand war neben mich getreten, lautlos und vorsichtig. Jetzt wagte ich einen Blick zur Seite – Laila, die Schimmelreiterin. Und gleich hinter ihr Rupert. Ich hätte mir das doch denken können! Rupert, unser Schutzengel und Blutsbruder, Rupert war da!

      Er hatte genau denselben Gedanken gehabt wie wir: Der Bär würde vermutlich in der Nähe sein. Aber er hatte vorher Laila geholt, und mit ihr war er uns gefolgt, hierher zur Höhle. Jetzt waren sie beide da, und Laila nahm Penny behutsam die Leine aus der Hand, während sie mit der anderen Hand den Bären streichelte, der noch immer am Honig schleckte.

      „Ja, brav bist du. Er ist ganz gutmütig, überhaupt nicht gefährlich“, sagte sie halblaut und beruhigend. „Du hast es genau richtig gemacht. So muß man mit ihm umgehen. Er ist seit vielen Jahren bei uns, wir haben schon als kleine Kinder mit ihm gespielt. Er tut keinem was.“

      Na, das zu hören war natürlich erleichternd, besonders für Rupert, wie er später sagte; ihm sei ein ganzes Gebirge vom Herzen gefallen, als er das hörte. Natürlich fanden wir einerseits, es wäre viel spannender und großartiger gewesen, wenn wir einen wilden und gefährlichen Bären gefangen hätten, aber dann hätte Penny ...

      Penny hätte! Ich war dessen sicher. Penny fürchtet sich nicht vor dem Teufel, wer wußte das besser als ich, ihre beste Freundin. Und da konnte ich dem lieben Gott nur von Herzen dankbar sein, daß wir an einen solchen Bären gekommen waren und nicht an einen bösartigen und bissigen. Nein, die Geschichte damals mit dem Krokodil, das Penny für ein Vierteljahr ins Krankenhaus gebracht hatte, reichte mir. Nun aber war keine Gefahr mehr.

      „Geht mit den Hunden voraus, ich komme nach“, sagte Laila, und wir gehorchten.

      Der Bär trottete neben Laila her in dem ulkigen Watschelschritt, den diese Sohlengänger haben, ganz brav und zufrieden, weil er Honig bekommen hatte. Immerzu leckte er sich die Schnauze.

      Penny hatte mir beide Hunde überlassen – sie waren ja noch immer an einer Leine zusammengekoppelt – und lief neben Laila her. Als wir dem Dorf näher kamen, bettelte sie: „Darf ich mal? Ich möchte ihn so gern mal führen, bitte, bitte!“

      Wir verstanden das. Sie hatte ihn ja auch gefangen, und zwar, als wir noch glaubten, er wäre wild und gefährlich. Laila lachte und gab ihr die Leine in die Hand. Und so durfte Penny wahrhaftig Einzug ins Dorf halten, das Raubtier neben sich führend, strahlend vor Stolz.

      Sobald der Bär in seinem Käfig saß – er ging ganz willig hinein, schien sich dort gleich wie zu Hause zu fühlen – und die Käfigtür geschlossen war, rannte Rupert hinaus und ans nächste Telefon. Erst der Polizei Bescheid geben, dann der Schule! Nun konnte die Ponyjagd beginnen.

      Wir beteiligten uns natürlich daran. Herr Körner teilte uns ein, in Trupps zu drei und vier Kindern, und befahl allen, erst schnell nach Hause zu laufen und einen Gürtel zu holen.

      „Den legt ihr den Ponys um den Hals, wenn ihr sie habt“, erklärte er, „und so führt ihr sie

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