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Generale, die haben ja tüchtige Gehälter im Feld bezogen . . .“

      „Waren Sie im Westen oder im Osten?“ Die Frage klang scharf.

      „Im Westen! Im Berliner Westen. Im alten Westen. Ja. Unabkömmlich!“

      „So? Hm! Wie gesagt — wir würden nicht verkaufen, aber wir kriegen in nächster Zeit einen Zwangsmieter. Für den ist das zu schade. Ausserdem will Papa aus Berlin weg, wo doch nichts mehr los ist.“

      „Nichts mehr los, is jut!“ sagte Bartuschke und vertiefte sich träumerisch immer mehr in den Anblick des schönen Mädchens. Schöne Mädchen — Gott — die wuchsen an der Spree wild. Hatte man die Auswahl. Aber das Vornehme war es — das Damenhafte — selbstverständlich Eisgekühlte — ungesucht Grossartige — Damen — wirkliche Damen — adlige Damen waren August Bartuschke auf seinem jähen Aufstieg noch nie über den Weg gekommen.

      „Papa will sich irgendwo ein Landgut kaufen und in der Stille leben.“

      Durch die Tür des anstossenden Berliner Zimmers klangen erregte Stimmen älterer Herren.

      „Hätte die zweite Armee am achten September . . .“

      „Aber bester Mahrenholz — setzen Sie sich doch mal in Bülows Lage!“

      „Kluck hätte an der Bruchstelle ein Armeekorps . . .“

      „Hatte gerade genug mit sich selber zu tun!“

      „Das Grosse Hauptquartier hinten in Luxemburg!“

      „Gott soll mich bewahren! Die wollen doch nicht etwa wieder anfangen?“ fragte drinnen August Bartuschke entsetzt. Fräulein von Oderwolff zuckte die schmalen Schultern.

      „Papa bespricht nur die erste Marneschlacht.“

      Drinnen vergrollte der Wortwechsel der alten Generale. Noch einmal der Name „Hentsch“ . . . Stille . . . Bartuschke stützte vornübergebeugt die Hände auf die Knie und beguckte neugierig die Möbel.

      „Ungelogen: Garantiert echt?“

      Hu: die zürnenden, strengen Augen drüben! Wo die das herbezog? Das Mächen hatte ’nen Pli an sich . . . Fabelhaft . . .

      „Ich habe es Ihnen schon einmal gesagt!“ versetzte Fräulein von Oderwolff mit schneidender Kälte.

      „Seien Sie doch nicht so ungemütlich! Ich hab’ doch keinen Dunst. Lackieren lässt sich ein einfacher Mann wie ich nicht gern. Also: alles tiptop! Auch das putzige Spinde da?“

      Fräulein von Oderwolff zuckte zusammen.

      „Das allein ist nachträglich angeschafft!“

      „Na — sehen Sie woll!“

      „Aber woran merken Sie denn das — wenn Sie nichts davon verstehen?“

      „Hat der Mensch so im Gefühl!“ Er nickte treuherzig. „Wie ich fünf Jahre alt war, da hat mich mal ein Steppke im Vogtland beim Murmelspiel besch . . . — Pardong, reingelegt! Seitdem — nee — kann ich mich nicht erinnern . . .“

      „Mit Ausnahme des Schränkchens sind es aber alles Museumsstücke. Noch aus dem Besitz meiner Urgrossmutter, einer Gräfin Heidewilxen.“

      „Was soll denn der ganze Zimt kosten?“

      „Fünfzig Mille!“

      „Was? Ich hör’ ein bisschen schlecht auf dem rechten Auge . . .“

      „Fest! Nur wegen des Zwangsmieters, der uns bevorsteht . . .“

      ,,August — haste Luft?“

      „Rein geschenkt!“ Die junge Dame schaute, geringschätzig die Achsel zuckend und etwas gelangweilt, durch das Fenster. Er benutzte die Gelegenheit und versenkte sich liebevoll in ihr klassisches Profil.

      „Na — weil Sie’s sind: fünfunddreissig! Wer kauft denn noch so’n Zeug aus dem siebzehnten Jahrhundert?“

      „Die Sachen sind taxiert! Fünfzig!“

      „Sie brauchen doch Geld . . .“

      Das Fräulein musterte ihn mit einem unergründlichen Blick. Von oben, obwohl sie einen halben Kopf kleiner war. Wie sie das zustande brachte . . .? Es imponierte ihm.

      „Woher wissen Sie denn das?“ fragte sie etsig.

      August Bartuschke lächelte und schwieg.

      „Und wenn es wahr wäre — hielten Sie es denn für richtig, einen zu übervorteilen?“

      „Na — das ist doch gerade wat Schönes!“ sagte er unbefangen. „Aber neppt mich hier in Gottes Namen: Vierzig!“

      „Liebe Jo . . . nachher . . .“

      Ein junges Mädchen fegte begeistert herein. Ihr Lockenkopf war blonder als das Braunhaar ihrer zwei Jahre älteren Schwester. Ihr hübsches, sonniges Gesicht runder und zarter. Ebenso wie ihre ebenmässige Gestalt. Die Augen auch gross und sprechend, aber nicht tiefblau und kühl, sondern hellbraun, fast bernsteinfarbig, seelenvoll. Schwärmersch, wie sie jetzt die langen Wimpern aufschlug und die Hände ans Herz presste.

      „Himmlisch war’s!“

      „Haben sie dich wirklich schon auf die Menschheit losgelassen?“

      „Nee — so rasch . . . Aber dicht dabeistehen hab’ ich dürfen! . . . Einmal bin ich direkt vor ’ne Jupiterlampe geraten! Wie ein Backofen! Wundervoll! . . . Und Das Gehämmer ringsherum . . . und die vielen Gesichter . . . Hundert Leute im Kostüm . . . schreien möchte man vor Entzücken!“

      „Die wird! Die wird!“ rief aus dem Flur ein schmächtiger junger Mann. Ein eiförmiger, von Kultur überalterter, bartloser Rassekopf mit kleinen, schrägstehenden Augen lugte über Jos Schulter.

      „Probiert muss der Aufstieg werden!“ bestätigte aus dem Hintergrund eine warme, wohlklingende Schauspielerstimme. „I hab’ ’nen Flair für die jungen Talente.“

      „Sie haben’s gerade nötig, Herr Fortunaty, die Jo noch verdrehter zu machen!“

      „Setz’ dich jetzt gleich mal in die Küche, Jo, und rupf die Saatkrähen . . . Die Herren sollen dir nur helfen!“ Asta wandte sich noch halb lachend August Bartuschke zu. Es verschönte ihr strenges, junges Gesicht. „Das war nämlich meine Schwester . . .“

      „Filmt sie?“

      „Möchte . . .“

      „Und der reizende junge Herr dahinter? . . .“

      „’n Vetter! Auch ein Oderwolff. Er will Tänzer werden.“

      ,,Also das jibt’s? Und was machen Sie?“

      „Ich passe zu so brotlosen Künsten wie der Esel zum Lautespielen! Ich bin leider ganz vom alten Schlag. Also, bitte, Herr Barthel . . .“

      „Bartuschke.“

      „Herr Bartuschke! . . . Ich hab’ alle Hände voll zu tun! Ich sehe doch, Sie brennen . . .“

      „Ich brenne? . . .“ wiederholte August Bartuschke verblüfft, mit einem Blick auf das schöne Mädchen.

      „Sie brennen ja auf die Möbel und wollen sie kaufen und ziehen die Sache bloss absichtlich in die Länge! . . . Warum denn?“

      Bartuschke wurde rot. Das war ihm seit seiner Klippschülerzeit nicht passiert. Er fragte:

      „Sie sind wohl Gedankenleserin? . . .“

      „Ich habe gar keine Talente. Sind wir einig? Fünfzig Mille! Ohne Skonto!“

      „Und Sie wollen keine Talente haben?“ August Bartuschke faltete bewundernd die Hände auf dem Schieberriegel des rostbraunen Ulsters. Er fing immer mehr Feuer. „Mächtige Geschäftstalente haben Sie!“

      Er nestelte mit dicken weissen Fingern in der Million, die er in Tausendmarknoten in der Brusttasche bei sich trug.

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