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deine Partnerin/deinen Partner oder gute Freunde fragen, welche Gaben sie in dir sehen oder was sie denken, wo du für andere oder für deine Gemeinde wertvoll bist, wo es dir gut geht und warum du ein unglaublich tolles Lebensland hast.

      Mir hilft auch oft ein Perspektivwechsel wie ein Spaziergang oder eine kleine »Belohnung« wie ein leckerer Kaffee, wenn ich mich »festgedacht« habe oder mir das Konzentrieren schwerfällt. Auf jeden Fall mache ich dir Mut, diesen Teil nicht einfach zu überlesen oder nur maximal zwei bis drei Antworten grob anzudenken, denn so werden dir wichtige Sichtweisen und Perspektiven für die weitere Reise durch dein Lebensland fehlen. Nimm dir Zeit, einen Stift und ein Blatt Papier oder auch dein Tagebuch und halte fest, wie sehr dein Lebensland beschenkt und gesegnet ist, wo du saftige Wiesen und bunte Blumen findest und was dort alles zum Leben einlädt. Am Ende wirst du staunen, was dir alles auf- und eingefallen ist! Versprochen.5

      Zu gerne würde ich mir jetzt von dir erzählen lassen, wo dich dein gedanklicher Rundflug hingeführt hat und welche Orte dir dabei begegnet sind. Wie geht es dir jetzt? Sprudelt da etwas von Lebenslust und Dankbarkeit, weil dir ganz neu klar geworden ist, welche Schätze dein Land in sich birgt? Und im Betrachten des vielen Guten haben sich vielleicht Ideen, Wünsche und Träume entwickelt, was alles noch werden kann und wo dich deine weitere Lebensreise hinführen soll?

      Möglicherweise bist du aber beim Lesen der Fragen auch traurig oder ärgerlich geworden. Hattest gar keine Motivation, das Flugzeug abheben zu lassen und loszufliegen, weil du ganz genau um jede Schlucht, jedes brachliegende Feld, jede Ruine und jede Baustelle deines Lebenslandes Bescheid weißt. Hast beim zögerlichen und ziellosen Rundendrehen gedacht: »Die hat gut reden. Wessen Land saftig grüne Wiesen und hübsch geschnitzte Bänke an sonnigen Wegesrändern beherbergt, macht natürlich gerne einen kleinen Rundflug darüber. Aber flieg mal über (m)ein Kriegsgebiet! Wenn von oben so vieles zerstört und abgestorben aussieht. Jetzt fühle ich mich in meinem Leben noch verlorener und unglücklicher als sowieso schon.«

      Vielleicht erlebst du gerade Schweres: Verlust. Angst. Trauer. Resignation. Oder du wirst gemobbt. Überfordert. Verkannt. Oder, oder, oder. Dinge, die es kaum zulassen, den Blick auf das Gute zu richten. Dinge, die ein Gefühl von Selbstbetrug zurücklassen, so als würde man von einem bedrohlichen und lauten Trommelwirbel überrollt, sich aber überschwänglich und übertrieben über den leisen und kurzen Ton einer Piccoloflöte freuen.

      Was auch immer gerade in dir vorgeht und was dein Herzensrundflug dir für einen Blick eröffnet hat: Lass es zu! Es bringt weder etwas, sich weniger zu freuen, weil man weiß, dass es anderen Menschen schlechter geht, noch, sich zur Freude zu zwingen, obwohl sie sich einfach nicht entdecken lassen will. Unser Leben ist unser Leben und es durchläuft immer wieder verschiedene Phasen und Zyklen, die ihre Berechtigung haben und denen wir Raum geben dürfen. Aber auch wenn das Schwere und Veränderungswürdige im Moment die größere und lautere Rolle in deinem Leben übernimmt, so mag ich dir Mut machen: Schenke auch den feinen, vielleicht sehr leisen Melodien der guten Momente Gehör. Sie werden den momentanen Krach deines Lebens wahrscheinlich nicht dämpfen, aber sie geben dennoch der Seele kurze Momente des Durchatmens und Weiterhoffens.

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      UND DANN IST ALLES ANDERS

      Wenn das Chaos in mein Land einfällt

      Auf unserem kleinen Rundflug haben wir unterschiedliche Lebensbereiche passiert. Vielleicht ist dir dabei aufgefallen, dass ich wenig Details des alltäglichen Geschehens beschrieben habe. Es war mehr ein Vorbeistreifen an Themenfeldern in ihrer Ursprünglichkeit: die Ehe, die Familie, der Glaube, die Gemeinde, der Job. Alles an sich Dinge, die – solange sie das Leben noch nicht berührt hat – zum Gestalten einladen und viel Raum eröffnen. Wie gesagt – solange sie das Leben noch nicht berührt hat. Aber die wenigsten Lebensfelder bleiben unberührt und ursprünglich – und das ist gut so, denn wenn sie nicht belebt und durchwandert werden, sind sie bloß Entwürfe in unseren Gedanken oder Ideale, von denen wir träumen. Ein Land, in dem kein Leben stattfindet, ergibt wenig Sinn!

      Wenn nun die Realität auf unser Lebensland trifft, entsteht etwas Spannendes: Ideen in unserem Kopf werden zu Möglichkeiten vor unseren Füßen. Vorstellungen in unserem Herzen werden zu Gelegenheiten in unserer Hand. Hier beginnt das echte »Darinleben«!

      Vieles an Weite und Freiheit können wir nun erobern und ausfüllen. Träume werden zu Taten und grundsätzlich erschlossenes »Bauland« wird zu unserem ganz persönlichen Lebensraum.

      Allerdings sind wir uns wahrscheinlich darüber einig, dass uns im Leben nicht nur Gutes begegnet. Wir leben eben nicht in unberührter Idylle und sonnendurchflutetem Frieden. Das, was sich eben noch ausschließlich gut, bereichernd und (er)lebenswert präsentierte, scheint in der Realität doch oft weitaus weniger einfach und unbeschwert. Mit unserem Land passiert »etwas«. Es wird bedroht, erschüttert, angefeindet, durchgerüttelt. Hier und da tauchen kleine Störenfriede auf, immer mal stürmt und grollt es am nicht mehr wolkenlosen Himmel und manchmal scheint es sogar so, als würde ein Heer von Feinden alles bedrohen und mit sich reißen, was uns lieb und vertraut ist. Vorsichtig ausgedrückt: Etwas ist durcheinandergeraten. Etwas krasser formuliert: Wir sind im Krieg.

      Ein weiterer Rundflug

      Vermutlich brauchst du weniger Hilfe, dir die Schwierigkeiten des Lebens vor Augen zu führen, und dennoch halte ich es für sinnvoll, wenn wir noch mal einen kurzen, aber aufschlussreichen Rundflug über unser Lebensland machen – über deins und meins. Zum besseren Verständnis und ganz persönlichen »Hineindenken« habe ich die Flugroute über mein Lebensland mit ein paar Fragen umsäumt, die auch dir dabei helfen können, ein wenig Klarheit in all die Gedanken über dein Lebensland zu bekommen, wenn du sie dir selbst stellst und mit ein bisschen Zeit und Ruhe ehrlich beantwortest – gerne auch wieder mit Stift und Papier.

      Da bin zunächst einmal wieder ich selbst als Person: als Mensch mit einem Körper, einer ganz eigenen Geschichte, einem persönlichen Umfeld und ganz individuellen Gedanken, Gaben und Träumen. Und schon klopfen die Zweifel und Herausforderungen unüberhörbar an die Tür und es tauchen Fragen auf:

      • Wie lebe ich mit den Folgen meiner Geschichte und Herkunft, den Stellen, die bis heute Wunden hinterlassen und falsche Vorzeichen gesetzt haben?

      • Wie definiere ich meine Identität? Wer bin ich? Wer will ich sein? Wie will ich sein? Und wie sollen andere mich wahrnehmen?

      • Welche Rollen habe ich inne und wie fülle ich sie? Macht mir das Ausgestalten Freude oder fordert es mich dauernd nur heraus?

      • Wem gestatte ich, meinen Wert zu bestimmen? Habe ich wirklich verstanden, dass mein Tun nicht mein Sein definiert? Oder spricht mein Leben eine ganz andere Sprache?

      • Wie gehe ich mit unerfüllten Wünschen, Niederlagen, Sehnsüchten um? Lasse ich mich von ihnen in einen Sog der Unzufriedenheit ziehen?

      Diese Fragen versuchen, das Wesentliche und eher Große unseres Lebens zu definieren. Hinzu kommen noch viele kleine Kampfplätze und Baustellen des alltäglichen Entscheidens und Ringens.

      In meinem Fall heißt das: Da ist meine Inkonsequenz, die meinen guten Vorsätzen so oft einen Strich durch die Rechnung macht. Und ich ärgere mich über mich selbst, verurteile mich selbst. Außerdem kämpft da meine eigentlich wohlüberlegte, aber leider doch so theoretische Terminplanung ständig mit meinen Prioritäten und meiner praktischen Zeiteinteilung. Ich komme dauernd ins Schleudern. Dann frage ich mich:

      • Welche Themen lasse ich zu meinen Themen werden? Bio? Karriere oder/und Familie? Nachhaltigkeit? Ehrenamt? Fair Trade? Sicherheit? Wagemut? Die Liste ist unüberschaubar lang …

      • Und habe ich das Recht, so wichtige Themen dennoch nicht zu meinen Themen zu machen? Werde ich das nicht irgendwann bereuen?

      • Und last but not least: der ständige Anspruch, sportlich und fit, gesund und attraktiv, gepflegt und doch nicht oberflächlich,

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