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Arabergesellschaft. Vielleicht sogar eine Gesandtschaft des Imans. Seitdem die Wahabiten im Hedschas eingefallen sind, wimmelt es hier bei den britischen Behörden von offiziellen und geheimen Wüstendiplomaten.“

      „Ja! Aber die Frau! Die Weiße! Haben Sie sie nicht gesehen?“

      „Doch. Ich hatte sogar den Eindruck, daß sie im Vorbeireiten eben sehr interessiert zu Ihnen herüberblickte. Kennen Sie die Dame?“

      „Keine Spur. Ich hatte nur ein so sonderbares Gefühl. Eine weiße Frau, ohne Begleitung mitten unter den Arabern!“

      „Hm. Ich wunderte mich auch.“ Joy sah nachdenklich dem Zuge nach, der hinter Wolken rötlichen Staubes eben in einer Seitenstraße verschwand. „Besonders darüber, daß die Leute von der Straße keinen Anstoß daran nahmen. Die Araber pflegten sonst schamvoll und beleidigt wegzublicken, wenn eine Weiße ihnen so ‚herausfordernd’ ihr Gesicht zeigt.“

      „Ich möchte wissen, wer sie ist.“ Detlev vergaß ganz, sich wieder niederzusetzen. Er war im Wagen stehen geblieben und blickte sinnend der Entschwundenen nach. Joy sah ihn etwas gekränkt von der Seite an.

      „Die Durchfahrt ist frei. Wenn Sie sich jetzt nicht hinsetzen, Mr. Ring, fallen Sie mir noch in den Schoß, sobald der Wagen anzieht. Wer die auf arabisch aufgezäumte Dame ist, werde ich Ihnen spätestens morgen früh sagen können.“

      „Wirklich?“

      Joy lachte geringschätzig. „Wird nicht schwer herauszukriegen sein. Vielleicht wohnt sie sogar im selben Hotel wie Sie, Mr. Ring. Was hier in Aden einigermaßen prominent ist, wohnt im ‚Majestic‘. Wenn Ihnen also so viel daran liegt ...“

      „Ich wäre Ihnen sehr dankbar. Es war da in dem Gesicht der Frau irgend etwas ... ich weiß nicht, wie ich mich ausdrücken soll ... Sie sah mich an ...“

      „Ich wickle mich nächstens auch in so ein Bettlaken und halte mir eine Gardine vor den Mund.“ Die junge Amerikanerin schnitt eine lustige Grimasse. „Also schön, Mr. Ring. Ich werde Ihnen eine Probe meiner journalistischen Fixigkeit geben. Aber dafür müssen Sie mir auch allerhand versprechen.“

      „Wenn ich Ihnen dienlich sein kann, — gern.“

      „Sie können es. Erstens versprechen Sie mir, morgen mittag mit mir zu lunchen, sofern Sie nicht grade um die Zeit zum Gouverneur eingeladen sind. Zweitens nehmen Sie mich mit auf einem kleinen Rundflug, bevor Sie nach Europa starten. Wollen Sie? Großartig! Heute abend, spätestens morgen früh werde ich Ihnen melden, wer die schöne Pseudo-Araberin mit dem blonden Haar ist.“

      2. Kapitel.

      „Darf ich Ihnen den jungen Helden des Indienfluges vorstellen, Mrs. Soelter? Das ist Mr. Ring, der erst heute morgen mit seinem Flugzeug hier gelandet ist!“

      Colonel Blake machte eine verbindliche Handbewegung, und Detlev Ring vergaß fast, seine Verbeugung zu machen. Er starrte überrascht in zwei große, direkt auf sein Gesicht gerichtete, blauschimmernde Augen. Die Frau, die der Colonel Mrs. Soelter genannt hatte, trug hier auf dem Gartenfest im „Majestic“ eine europäische Abendtoilette, die nicht anders war als die der übrigen Damen, aber Detlev wußte sofort: Ein Irrtum war unmöglich! Das waren die blauen Augen, die ihn heute mittag vom Kamelsattel herab angesehen hatten.

      „Sie sind Deutscher, Herr Ring?“

      In Detlevs Kopf begann sich sachte ein gewisses Mühlrad zu drehen bei dieser Frage, die eine tiefe, volle Altstimme in tadellosem Deutsch aussprach. Heiliger Wetterfrosch! Sprachen denn hier im englischen Aden alle Damen Deutsch? Erst die lustige kleine Amerikanerin! Und jetzt stand da diese schöne Unbekannte, die er vor wenigen Stunden als einzige weiße Frau inmitten einer Karawane von Wüstensöhnen gesehen hatte, und sprach ihn ganz gelassen in seiner Muttersprache an. Beinahe kam seine Überzeugung, daß Mrs. Soelter die geheimnisvolle Unbekannte sei, ins Wanken.

      „Sie sehen mich so sonderbar an, Herr Ring. Überrascht es Sie so, daß ich Deutsch spreche?“

      Detlev riß sich zusammen. „Allerdings, gnädige Frau. Denn ich glaube, Sie bereits heute vormittag gesehen zu haben, und zwar in einer rein arabischen Gesellschaft.“

      „Sagen Sie bitte nicht ‚gnädige Frau‘ zu mir. Ja, ich sah Sie auch. Wenn mich nicht alles täuscht, sind wir ziemlich gleichzeitig hier in Aden angekommen. Sie mit Ihrem Flugzeug, und ich aus Mareb!“

      Ein Lauschen war plötzlich in dem Gesicht der Frau. Sie sprach die letzten Worte fast mechanisch aus, als seien ihre Gedanken ganz wo anders. Einer der vornehmen Araber, die mit ihren weißen Mänteln eine Abwechslung in das Bild der Smokings und Uniformen brachten, strich eben dicht an ihnen vorüber.

      „Die Hitze fängt an, mich Gespenster sehen zu lassen,“ dachte Detlev Ring ärgerlich, „oder ist es die ganze romantische Atmosphäre des Orients, die einen allerlei Geheimnisvolles vorgaukelt?“ Er glaubte eben gehört zu haben, daß der Araber Mrs. Soelter im Vorbeigehen ein paar Worte zuflüsterte, ohne sie auch nur eine Sekunde dabei anzusehen.

      „Entschuldigen Sie mich, Herr Ring! Ich hoffe, daß wir nachher noch Gelegenheit finden, ein wenig zu plaudern.“

      Da stand Detlev wieder allein. Verblüfft sah er ihr nach, wie sie sich mit geschmeidiger Sicherheit durch den von fröhlich plaudernden Menschengruppen bevölkerten Garten wand. Er sah sich um. Jemand fragen, wer diese Mrs. Soelter eigentlich sei? Den Colonel vielleicht oder einen der britischen Fliegerkameraden? Aber im nächsten Augenblick verwarf er den Gedanken. Warum nicht sie selbst fragen? Ihr helles Kleid verschwand eben im Dunkel des Parks, der sich außerhalb der von bunten Lichtern bestrahlten Gartenterrasse hinter dem Hotel dehnte. Detlev schlug die gleiche Richtung ein, aber es dauerte noch etwa zehn Minuten, bevor er unauffällig in den Park kommen konnte. Einige Seeoffiziere hielten ihn auf und verwickelten ihn in ein freundschaftliches Gespräch über seinen Indienflug.

      Als Detlev endlich in den Park gelangte, war von Mrs. Soelter weit und breit nichts zu sehen. Wahrscheinlich war sie längst an irgend einer anderen Stelle wieder in die Gesellschaft zurückgekehrt. Detlev folgte mißmutig dem gewundenen Pfad zwischen den Palmen und Gebüschen. Er sah schon die Mauer auftauchen, die den Park rückwärts abschloß, als er sich plötzlich an der Hand gefaßt fühlte und zu seinem grenzenlosen Staunen Joy Cawler erkannte, die dicht neben dem Weg hinter einem Busch kauerte.

      „Still!“ unterbrach die Journalistin seine erstaunte Frage. „Sie ist dort vorne, dort an der Gartenpforte! Sehen Sie nicht?“

      Detlevs Augen bohrten sich in den Samtteppich der Tropennacht. Dicht an der Gartenpforte, im Schatten einer Sykomore stand Mrs. Soelter. Aber nicht allein. Neben ihr gewahrte er die Umrisse eines Mannes, der eifrig im Flüsterton auf sie einzusprechen schien. Ein paar harte Kehllaute drangen herüber, dann Mrs. Soelters etwas lautere, klangvolle Altstimme.

      „Sie sprechen arabisch,“ flüsterte Joy. „Es hat keinen Zweck, sich näher heranzupirschen. Außer den Alltagsbrocken, die man hier im Straßenverkehr aufschnappt, versteh ich die Sprache doch nicht. Außerdem würden sie uns bemerken. Hinter der Mauer stehen draußen auf der Straße nämlich noch so ein paar braune Burschen, die den Garten beobachten, anscheinend um die beiden zu warnen, wenn jemand kommt.“

      „Aber wie kommen Sie denn hierher?“

      Joy sah ihn vorwurfsvoll an. „Hab ich Ihnen nicht versprochen, morgen früh zu berichten, wer die Unbekannte ist?“

      „Ich weiß es schon!“

      „Na, na, Mr. Ring. Wir wollen uns mal ein bißchen darüber unterhalten, ja? Aber nicht hier. Kommen Sie, wir drücken uns rückwärts durch die Büsche und mischen uns drüben in das Gartenfest. Ich hab sowieso einen höllischen Durst auf eine Limonade.“

      „Aber ...“ Joy fing den besorgten Blick auf, den Detlev nach den beiden Gestalten an der Pforte warf und lächelte. „Ihre Besorgnis ist überflüssig. Die braunen Gentlemen da tun der Dame bestimmt nichts. Soweit meine Kenntnis der morgenländischen Sitten reicht, haben sie sie vorhin mit allen Anzeichen ergebenster Ehrfurcht begrüßt.“

      An

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