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wird. – Nein, »like« = ohne Sex, antwortet er. Und als Schaub mit noch größerer Deutlichkeit nachbessern soll, sagt er: Hitler »had affection for her« = Zuneigung für sie. (Joachimsthaler 96, S. 266) Das englische »affection« ist ein Gemütszustand, bleibt in der Körper-Region der Gefühle Mitte-Oben, geht jedoch nicht nach Mitte-Unten, wo die Geschlechtsorgane des Menschen nun einmal liegen.

       »Er war immer nur kurze Stunden mit ihr zusammen«

      16. Zeugin – Hitlers dienstälteste Sekretärin Johanna Wolf

      Eva Braun bekam von Hitlers Adjutanten Schaub vier Negativ-Orden verliehen: Sie ist »nicht glücklich«, lebt in einer »Leere«, muss »monatelang warten« und wird dann »sehr oft enttäuscht«. Das ist die komprimierte Umschreibung von sexueller Frustration.

      Das Nicht-glücklich-Machen, das Nicht-Füllen, Nicht-Befriedigen (»Entgehen«) und das über riesige Zwischenzeiten Wartenlassen deckt sich mit den Beobachtungen seiner ihm vertrautesten und ihm die längste Zeit seines Wirkens zur Seite stehenden Sachpartnerin Johanna Wolf. Ihre Eindrücke gab sie ebenfalls in ihrem Verhör durch den Nürnberger Anklage-Vertreter Robert Kempner wieder:

      »Wolf: Er [Hitler] war immer der Chef und hat nie persönliche engere Verbindungen gehalten.

      Kempner: War die Eva Braun die einzige, mit der er näherstand?

      Wolf: Ja, soviel ich weiß.

      Kempner: Was war mit der [Leni] Riefenstahl? War das alles nur Gerede?

      Wolf: Sicher.

      Kempner: War er viel zusammen mit der Braun?

      Wolf: Das war eigentlich nur in der letzten Zeit, dass sie darauf bestand, nach Berlin zu gehen. Er wollte es gar nicht haben.

      Kempner: Wann war das?

      Wolf: Vielleicht 1945.

      Kempner: Hat er sich der Eva Braun anvertraut?

      Wolf: Das weiß ich nicht. Ich glaube nicht, dass er über dienstliche Dinge mit ihr gesprochen hat. Er war eigentlich doch immer nur kurze Stunden mit ihr zusammen, so dass sie sicher nicht über solche Sachen gesprochen haben.« (Kempner, S. 56)

      »Nie persönliche engere Verbindungen gehalten.« – »Eva Braun die einzige, mit der er näherstand.« – doch nicht »viel zusammen mit der Braun« – »Nur in der letzten Zeit«, als Braun im Frühjahr 1945 nach Berlin gereist kam, um zu Hitler in den Bunker zu ziehen. (HETERO, Görtemakers gehäufte Counter-Faktizität) Aber »er wollte es gar nicht haben.« – »Er war eigentlich doch immer nur kurze Stunden mit ihr zusammen.«

      Sekretärin Wolf sagt aus einer anderen Perspektive das Gleiche wie ihre Kollegin Schroeder. Aus Schroeders »Hitler brauchte keinen Sex« wird Wolfs »Er war immer nur kurze Stunden mit ihr zusammen« und »wollte es gar nicht haben«, dass Braun zu ihm nach Berlin kommt.

      Hitler brauchte eigentlich die ganze, an ihn geschmiedete Person Eva Braun nicht, zu gar keinem Zweck, auch nicht für die Häuslichkeit, denn er hatte dafür seine anderen Mittäter und Mittäterinnen – Besucher, Begleiter oder Berghof-Angestellte –, vor denen er bis in die Nächte hinein monologisierte und so um ihn herum Gemütlichkeit = Häuslichkeit erzwang.

       Kammerdiener räumt mit dem Braun-Tagebuch-Schwindel auf

      17. Zeuge – Tag-und-Nacht-Kammerdiener Karl Wilhelm Krause

      Eine weitere Preziose unter den Schilderungen des Verhältnisses Braun-Hitler hat Hitlers Schatten geliefert, der Kammerdiener Karl Wilhelm Krause. Im Prinzip füllte auch Krause den Rahmen seines Kollegen und Nachfolgers Heinz Linge über die Konditionen von Brauns »ungezwungenem« Dasein an der Seite des schwärzesten Mannes der Geschichte. Krause steuerte eigene Wahrnehmungen bei, die offenlegen: »Als Bettgenossin« hatte sie sich selbst »zu einem entsagungsvollen Leben verurteilt«.

      Krause publizierte schon 1949 seine knapp 100-Seiten-Broschüre Zehn Jahre Tag und Nacht Kammerdiener bei Hitler (Krause) und ließ darin auch »Bemerkenswertes« über das Verhältnis Braun-Hitler heraus. 1949 war es nötig, gegen eine in der Öffentlichkeit kursierende Fälschung dieses Verhältnisses zu argumentieren.

      Der Filmschauspieler und -regisseur Luis Trenker hatte kurz zuvor einen 96-Seiten-Schreibmaschinen-Text in Umlauf gebracht – mit der Behauptung, das sei »das Tagebuch der Eva Braun«, das diese ihm 1944 in einem Hotel übergeben hätte. Unterschrift, Anmerkungen und Hand-Korrekturen Eva Brauns fehlten auf dem Getippten.

      Bei Luis Trenker handelt es sich um den Mann, der – nach Marianne Hoppes Beobachtung in Hitlers Privatkino – der Lieferant für die Gelegenheit war, Hitler einen Spezial-Gewalt-Orgasmus vor dem Trenker-Film Der Rebell zu verschaffen. (Hitlers Männermord-Orgasmus) Die ehemalige Sympathie Hitlers für Luis Trenker muss dem nach 1945 in Geldschwierigkeiten geratenen Trenker zu Kopf gestiegen sein, sodass er sich die Verbreitung und möglicherweise sogar die ganze Produktion des gefälschten Braun-Tagebuchs zugetraut hat.

      Französische, italienische, holländische und Anglo-Verleger glaubten an den Schwindel und druckten das Produkt umgehend. Frankreich begann 1948 mit der Herausgabe unter dem Titel Hitler et les femmes. Le journal intime d’Eva Braun. 1949 folgte dann nach den italienischen und holländischen Versionen auch die englische: The Diary of Eva Braun. Bis in die Gegenwart hinein glaubt die ausländische demimonde-Presse an die Echtheit der Schmiere, die immer mal wieder aufgelegt wird.

      In Deutschland war mit Glauben diesmal nichts, denn Eva Brauns Eltern, im Verbund mit Leni Riefenstahl, klagten gegen den Anlauf von Vorabdrucken in deutschen Boulevard-Zeitschriften und bekamen Recht. In den deutschsprachigen Ländern wurde für immer eine Publikation der Fälschung untersagt. Die internationale Hitler-Forschung brauchte deshalb in das Thema gar nicht erst einzusteigen, da der Schwindel noch vor einem deutschen Buchdruck zu Tage trat.

      Die Einzelheiten zu dieser Rüpelstory würden sich amüsant ausnehmen, wenn sie nicht ein Abfallprodukt des schauerlichsten Zeitgeschehens wären.

      Die Trenker-Machenschaft vom Tagebuch der Eva Braun ist nicht zu verwechseln mit dem Tagebuch-Fragment, das Brauns erster wissenschaftlicher Biograf, der türkisch-amerikanische Journalist Nerin E. Gun, in den Washingtoner National Archives entdeckte und 1968 herausgab. (Gun 68 I – Einzelheiten zur Authentizität dieses Tagebuch-Fragments unter ORALO)

      Das »dicke Ding« der sofort aufgeflogenen Tagebuch-Fälschung nach 1945 hat jedoch ein Nachspiel, das bis heute wie mit verteilten Rollen durch die Köpfe der Hitler-Rezeptoren spukt. Ein heterosexuell normal grundierter männlicher Jemand hatte sich eingebildet, wie wohl die Beziehung Braun-Hitler verlaufen sein könnte, hatte seiner Fantasie freien Lauf gelassen und damit 96 Schreibmaschinen-Seiten gefüllt. Dadurch gelang es der postfaschistischen Braun-Tagebuch-Aktion, das Braun-Hitler-Verhältnis saftigst zu heterosexualisieren.

      Kurz nach 1945 wusste kaum jemand, wie Hitler intim wirklich gewesen war. Und doch: Zu viele Hitler leibhaftig Umgebende hatten von dem Verhältnis Braun-Hitler etwas mitbekommen und ihr Wissen, vermischt mit eigenen Vorstellungen, nach draußen tröpfeln lassen. Gerüchte begannen auszuschwärmen und sich im Volk zu verändern. Während ihrer permanenten Verbreitung und Verdünnung »ver-heterosexualisierte« sich die Beziehung zwischen Hitler und Eva Braun mehr und mehr, woran das der Braun angedichtete Schriftstück kräftig mitwirkte. Deshalb hatte trotz des sofort offenkundigen Schwindels die Braun-Tagebuch-Fälschung schon damals eine Wirkung, die bis heute nicht aufgehoben ist.

      Da sehr bald in der Hitler-Forschung einhellige Klarheit – wie selten in Hitlers Angelegenheiten – darüber herrschte, dass das Trenker’sche Braun-Tagebuch eine komplette Fälschung ist, braucht nicht mehr auf Einzelheiten eingegangen zu werden, aber das Braun-Tagebuch muss in der Zeugenaussage Karl Wilhelm Krauses Zerrspiegel-haft reflektiert werden. Denn Krause wollte 1949 inmitten des Medien-Rummels

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