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eines Rundganges durch den Palast für sie hundertfach Gelegenheit bieten werde, inniger zu werden, als er es beabsichtigte. Darum antwortete er leichthin:

      »Leider wird Adolf gezwungen sein, uns die unerleuchteten Zimmer zu erhellen!«

      Er erhob sich, und sie folgte seinem Beispiele. Sie nahm seine Bemerkung als einen Wink, die Uebertaille wieder anzulegen. Sie mußte einsehen, daß die Schlacht verloren sei. Während ihr Gesicht vor Freundlichkeit glänzte, klopfte ihr Herz fast laut vor innerem Zorn. Sie wollte sich rächen, rächen, rächen! Und doch, wenn ihr Auge auf den neben ihr durch die Räume Schreitenden fiel, wallte es in ihr auf vor Liebe, vor übermäßiger, leidenschaftlicher, thörichter Liebe und Zärtlichkeit. Es war so, wie er zu sich gesagt hatte: Sie war seine Sclavin geworden; sie konnte nicht mehr von ihm lassen. Je kälter er sich zeigte, desto tiefer grub sich die Liebe in ihre Seele; ihr Zorn, ihr momentanes Verlangen nach Rache waren ja nur eine ganz natürliche Folge ihrer Leidenschaft.

      So durchschritten sie, von Adolf geführt, welcher einen goldenen, sechsarmigen Leuchter trug, alle disponiblen Räume des Palastes. Hatte sie sich bereits vorher geblendet gefühlt, so war sie jetzt fast erdrückt unter der Last des Reichthums, der ihr von überall entgegenblickte. Sie sah Hunderte von Gegenständen, deren Namen sie nicht einmal kannte. Was waren die Häupter der hiesigen Haute-volé, was war auch der Baron, ihr Mann, gegen diesen indischen Nabob!

      Und dabei erzählte er ihr mit einigen kurzen, ganz gleichgiltig hingeworfenen Worten, daß sein Vermögen sich in Indien befinde, diese Besitzung hier aber nur eine Art augenblicklicher Unterschlupf sei.

      Endlich kehrte sie in das Arbeitscabinet zurück. Sie warf sich fast ermüdet, sicher aber enttäuscht, auf einen Sessel nieder.

      »Durchlaucht,« sagte sie, »man ist mit Gewalt, mit wahrer Gewalt gezwungen, Sie zu beneiden! Es fehlt Ihnen allein nur ein Wesen, welches diese Reichthümer mit Ihnen theilt, wodurch Sie sich erst in den wirklichen Genuß derselben setzen würden. Es fehlt Ihnen das liebende und geliebte Weib, welches, mit Ihren Brillanten geschmückt, Sie und Ihr Leben mit Rosen bekränzen würde.«

      Er verstand die Erwähnung der Brillanten sofort. Ein kurzes, überlegenes Lächeln zuckte um seinen Mund, dann machte er eine halb elegische, halb wegwerfende Handbewegung und sagte:

      »Pah! Nicht Schätze machen glücklich! Ich war nicht immer so reich, und bevor ich es war, fühlte ich mich glücklicher. Ein einziger warmer Sonnenstrahl ist dem Erdenleben mehr werth, als aller Goldesglanz, ein Blick des Himmelsblau durch Wolkengrau ist köstlicher, als die Saphire aller Diademe und Kronen, und ein frischer, grüner Grashalm hat für die lebende Natur mehr zu bedeuten, als ganze Hände voll glänzender Smaragde. Was haben Sie gesehen? Die häusliche Einrichtung eines einsamen Mannes. Ein einziger meiner Steine und Brillanten wiegt alles Dieses auf; aber reicht ihr ganzer Werth hin, mein Leben um eine einzige Secunde, um den millionsten Theil eines Augenblickes zu verlängern?«

      Sie hob den so geschickt hingeworfenen Köder sofort auf.

      »Steine, Brillanten besitzen Sie?«

      »Einige,« antwortete er gleichmüthig.

      »Aber ich sah sie ja noch nicht!«

      »Ich wußte nicht, daß Sie sich für diese todte Welt interessiren.«

      »Todte Welt!« rief sie aus. »Ist der Glanz kein Leben? Ist er nicht ebenso ein Leben, wie der Duft Leben ist? Giebt es ein weibliches Wesen, welches sich nicht für Schmuck und Kleinod interessirt, ja begeistern kann?«

      »Sie haben Recht. Ich sehe ja, daß Sie bereits förmlich begeistert sind. Aber, Sie müßten mir in meine Toilette folgen.«

      »O, wenn es gilt, Brillanten zu betrachten, da ist man nicht prüde, da folgt man selbst dem fremdesten Herrn noch weiter, als bis in die Toilette!«

      »So bitte, kommen Sie!«

      Er trat in das Nebengemach. Es war dies ein mit dem äußersten Luxus ausgestattetes Ankleidegemach. In die Augen fielen besonders zwei Möbel, nämlich ein großer, feuerfester Geldschrank, und sodann ein zweiter Schrank, hoch, breit und mit den feinsten Hölzern nach chinesischer Manier ausgelegt. Der Fürst deutete auf den Ersteren.

      »Das ist meine Casse,« sagte er. »Erschrecken Sie leicht?«

      »Nein,« antwortete sie.

      »So bitte, betrachten Sie sich zuerst diesen Schild aus Stahlketten. Er ist von bester luzonischer Arbeit und von dem berühmtesten igorotischen Waffenschmied angefertigt. Ich gebrauche ihn als Kugelfang.«

      Er deutete auf einen dem Geldschranke grad gegenüber an der Wand befestigten Schild, der aus lauter kleinen und größeren zu conzentrischen Rosetten vereinigten und in einander laufenden Stahlringen, welche aber wie reines Silber glänzten, gefertigt war. Diese Arbeit war wirklich künstlerisch; er mußte sie theuer bezahlt haben.

      »Als Kugelfang?« fragte sie. »Wieso?«

      »Passen Sie auf!«

      Er nahm einen Schlüssel aus der Tasche und warf ihn, seitwärts stehend, auf den Fußboden vor den Schrank. Augenblicklich ertönte ein fürchterliches Krachen, Blitze zuckten; eine ganze Reihenfolge von Schüssen hatte sich entladen, und das Zimmer war von dichtem Pulverdampfe erfüllt.

      »Herr, mein Gott!« rief sie im höchsten Grade erschrocken.

      Sie wollte nach der Thür eilen. Er aber sagte in beruhigendem Tone:

      »Bleiben Sie! Sie standen und stehen ja nicht in Schußlinie!«

      Er trat zum Fenster und öffnete es, damit der Rauch abziehen könne; dann wendete er sich wieder zu ihr:

      »Bereits der kleine Druck, den das Gewicht eines Schlüssels hier auf den Fußboden ausübt, reicht hin, die Batterie zu entladen; wieviel sicherer wird dies geschehen, wenn ein Mensch, ein Dieb hinzuträte, um ohne mein Wissen und ohne meine Erlaubniß die Casse zu öffnen!«

      Der Rauch verzog sich. Man konnte den Geldschrank wieder deutlich sehen, aber es war nicht zu bemerken, von woher die Schüsse gekommen waren. Der Fürst öffnete mit Hilfe eines Schlüssels und indem er an einem Buchstabenzirkel drehte.

      »Sehen Sie jetzt, meine Gnädigste!« sagte er. »Das Schloß ist nur von Einem zu öffnen, der das Geheimniß kennt. Sollte es dennoch einem Unberufenen gelingen, der auch von den vorigen Schüssen nicht getroffen worden wäre, so würde er sicherlich nun von einer tödlichen Salve empfangen. Hier sehen Sie die Läufe! Die Schüsse gehen nur aus dem Grunde nicht los, weil mir der Griff bekannt ist, mittelst dessen man die Hähne in Ruhe versetzt.«

      Hinter den beiden geöffneten Thüren starrten eine ganze Anzahl drohender Läufe entgegen.

      »Glauben Sie, daß ein Dieb mich bestehlen kann?« fragte er.

      »Nein,« antwortete sie.

      Sie sagte das aus vollster Ueberzeugung. Sie war jetzt sicher, daß der heutige Einbruch nicht viel ergeben werde. Die Juwelen befanden sich ja ganz sicher in diesem Verwahrungsorte. Um sich aber doch zu überzeugen, fragte sie:

      »Natürlich befinden sich Ihre Steine und Brillanten auch in diesem Schranke?«

      Er verschloß den Schrank wieder und antwortete unter einem feinen Lächeln, dessen Bedeutung sie allerdings nicht verstand:

      »Nein. Sie sind an einem viel sichereren Orte aufbewahrt. Hier befinden sich nur meine Gelder und Papiere. Sehen Sie hier!«

      Er hob den Schlüssel auf, welchen er vorhin zu Boden geworfen hatte und öffnete mit demselben die breiten Doppelthüren des zweiten Schrankes. Er war von unten bis oben hinauf mit Büchern gefüllt, deren mit Goldschrift versehene Rücken ihnen entgegenglänzten.

      »Ah, Ihre Bibliothek!« sagte sie enttäuscht.

      »Das scheint nur so!« antwortete er. »Nehmen Sie zum Beispiel einmal diesen Band, und prüfen Sie seine Schwere!«

      Er nahm eines der Bücher heraus und gab es ihr in die Hand. Es wog sehr schwer, und als sie den Band genauer betrachtete,

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