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      »Wirklich?«

      »Gewiß. Ich habe mir haarsträubende Dinge über seine Sparsamkeit erzählen lassen.«

      »Hm! Möglich! Vielleicht liegt in diesem Geize die Veranlassung zu der Zurückgezogenheit, in welcher er sich gefällt.«

      »Ohne allen Zweifel! Wann fährst Du?«

      »Wenn ich Toilette gemacht habe.«

      »Natürlich bringt er Dich zurück?«

      »Wenigstens hat er mir seinen Wagen versprochen.«

      »Ich möchte Dich bis zehn Uhr zurück erwarten. Wird Dir das möglich sein?«

      »Warum so früh?«

      »Aus zwei triftigen Gründen. Erstens muß ich doch meine Vorbereitungen zu dem erwähnten Besuche treffen, und zweitens habe ich mit dem berühmten Künstler Bormann um Mitternacht einen kleinen Spaziergang vor.«

      »Doch nicht nach der Frohnveste zu seinem Bruder?«

      »Grad dieses!«

      »Höre, sei nicht zu wagehalsig! Nimm Dich in Acht!«

      »Pah! Woher kommt Dir diese plötzliche Sorge um mich? Oder betest Du auch mich noch an? Im Stillen natürlich nur, so pseudonym ungefähr!«

      »Pah! Brich meinetwegen den Hals!«

      »Meinst Du, der Witwenschleier werde Dich gut kleiden? Ich gebe Dir zu bedenken, daß Du mit mir zu Grunde gehen würdest. Ueber Deine Zärtlichkeiten magst Du nach Belieben verfügen; auf Deine anderweite Beihilfe aber kann ich nicht verzichten. Wir bleiben Compagnons, so lange wir leben. Apropos! Weißt Du Neues von diesem Bertram?«

      »Nein.«

      »Er ist verrückt geworden.«

      »Er kann mich eigentlich dauern!«

      »Pah! Er erhält seinen verdienten Lohn. Was hat er sich in meine Angelegenheiten zu mischen. Dieser Knabe oder vielmehr Bube ist schuld, daß der Riese ergriffen wurde.«

      »Ich denke der Fürst des Elendes hat Anzeige erstattet?«

      »Das mag sein; aber nach Dem, was ich gehört habe, hätte der Riese durch das Fenster entkommen können, wenn nicht Bertram die Aufmerksamkeit auf dasselbe gezogen hätte. Morgen wird man den Letzteren nach dem Friedhofe bringen, wo er bei der Beerdigung seines Vaters zugegen sein soll.«

      »Wozu das?«

      »Meiner Ansicht nach ein ganz unnützer Bühnencoup! Man denkt, ihn durch den Eindruck der Trauerfeierlichkeit wieder zum Bewußtsein zu bringen.«

      »Hm! Müssen die anderen Geschwister auch mit?«

      »Jedenfalls.«

      »Auch die reizende Marie Bertram?«

      Sie blickte ihn dabei, um ihn zu ärgern, höhnisch von der Seite an. Er bemerkte das, antwortete aber in ruhigem Tone:

      »Auch sie!«

      »So wirst Du ihr Urlaub geben?«

      »Urlaub? Wieso?«

      »Nun, darf sie ohne Deine Genehmigung ausgehen?«

      »Ich weiß wirklich nicht, was Du sprichst. Du redest manchmal so dummes Zeug, daß ich recht drastisch daran erinnert werde, daß die jetzige Baronin von Helfenstein einst die Kammerzofe einer echten Helfenstein gewesen ist.«

      »Franz!«

      Sie hatte sich erhoben und das Wort in drohendem Tone ausgesprochen. Beim Vornamen pflegte sie ihn nur dann zu nennen, wenn sie die Absicht hatte, ihm ihre Uebermacht fühlen zu lassen. Jetzt aber nahm er gar keine Notiz davon. Er strich sich die Spitzen seines Bartes aus und sagte:

      »Ich muß wirklich gestehen, daß Du keine sehr gute und aufmerksame Hausfrau bist. Wärst Du eine solche, so würdest Du vor allen Dingen die Zu- und Abgehenden unserer Bedienung kennen. Wie es scheint, ist es Dir bereits entfallen, daß Du diese Marie Bertram, weil sie Dir nicht genügte, sofort wieder aus dem Dienste entlassen hast!«

      »Ich?« fragte sie erstaunt.

      »Ja, Du! Ebenso werde ich, nicht Du, den Fürsten fortgejagt haben, wenn Du einst mit ihm unzufrieden bist.«

      »Ich verstehe! Aber das, was Du da andeutest, steht hier niemals zu befürchten!«

      »Warten wir es ab! Also bis zehn Uhr wirst Du zurück sein. Gelingt der Coup, wie ich erwarte, so weißt Du, daß ich nicht so geizig bin wie ein anbetender Fürst. Seine Wohnungen sollen von Kostbarkeiten strotzen. Was aber kann mir an Uhren und dergleichen liegen, mögen sie auch noch so werthvoll sein! Die Hauptsache ist, daß Du erfährst, wo sich seine Juwelen befinden. Haben wir die, so werden wir sogar seine Baarschaften liegen lassen. Der eiserne Geldschrank würde uns doch nur schlimme Arbeit machen. Von dem Hofjuwelier aber weiß ich, daß der Fürst bei ihm einen ungeschliffenen Diamanten im Werthe von einer halben Million taxiren ließ. Und solcher Steine soll er viele haben. Je liebenswürdiger Du mit ihm bist, desto offenherziger wird er gegen Dich sein und desto leichtere Arbeit werden wir dann haben.«

      Sie zuckte verächtlich die Achsel.

      »Man sieht abermals, wie nothwendig ich Dir bin,« sagte sie. »Aber – arbeitest Du selbst mit?«

      Sie betonte das »arbeiten« stark. Natürlich hatte sie die Absicht, ihn mit diesem Terminus technicus zu beleidigen; er aber fragte im gleichmüthigsten Tone:

      »Warum erkundigst Du Dich?«

      »Ich halte das Unternehmen nicht für ungefährlich. Der Fürst ist ein ungewöhnlicher Mann!«

      »Ah, Du liebst mich dennoch! Ich danke Dir! Du bist außerordentlich besorgt um mich! Ich bin glücklicher Weise in der Lage, Dein banges Herz zu beruhigen. Ich werde zwar das Unternehmen leiten, das Palais aber nicht selbst betreten. Du kannst also ohne Sorge auf meine Rückkehr warten!«

      »Spotte immerhin! Seit dem Auftauchen dieses sogenannten Fürsten des Elendes sind Euch alle Eure bedeutenderen Unternehmen mißglückt. Nehmt Euch wenigstens heute in Acht!«

      Sie ließ ihn stehen und begab sich in das Nebenzimmer. Dort lauschte sie, bis sie hörte, daß er sich entfernte. Dann verließ sie ihre bisherige Kaltblütigkeit. Sie schlug die Hände zusammen und sagte in einem fast rauh von ihren Lippen kommenden Tone:

      »Ein wahrer Diamant im Werthe von einer halben Million! Und er hat noch viele solche Steine! Herrgott, wären sie mein! Ich würde frei und unabhängig sein. Ich könnte mich von diesem Baron von Helfenstein trennen, wenn auch nicht durch die Scheidung so doch factisch. Es nimmt mit ihm auf alle Fälle einmal ein schlimmes Ende! Zwar kann ich jetzt auf den Fürsten rechnen; aber auf wie lange? Seine Frau werden? Niemals! Das ist eine Unmöglichkeit, obgleich ich ihn unendlich liebe. Ich könnte die geringste seiner Dienerinnen sein und mich doch unsagbar glücklich fühlen! Liebt er mich wirklich wieder, so hat eine solche Liebe doch nicht ewig Bestand. Zwar bin ich noch immer schön, doch wird auch das nur kurze Jahre oder gar bloße Monate währen; dann ist's vorüber, und er verläßt mich. Diese Steine würden mich für immer sicher stellen. Entdecke ich sie, so werden sie geraubt und ich – ich habe nichts davon. Ist es da nicht besser, ich versuche, sie in meinen Besitz zu bringen, ohne daß der Baron etwas davon ahnt? Es wird dann heißen, sie seien von dem ›Hauptmanne‹ geraubt worden, und kein Mensch sucht sie bei mir. Einen davon müßte ich sofort verwerthen, um für alle Fälle gerüstet zu sein. Der Jude Salomon Levi ist der geeignete Mann dazu. Heute habe ich meine ganze Zukunft in den Händen. Ich werde so handeln, daß ich mich nicht später selbst auszulachen brauche!«

      Sie klingelte ihrer Zofe, um Toilette zu machen. Als dann später ihr Wagen vor dem Palais des Fürsten hielt, war dieser erst vor Kurzem zurückgekehrt. Doch waren bereits alle Vorkehrungen zu ihrem Empfange getroffen.

      Anton, der Diener und eigentliche Geheimpolizist, stand vor ihm, um seine Andeutungen zu verdeutlichen.

      »Wie kommt es, daß ihr auf den Ball verzichtet?« fragte

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