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sie hat Dich zu sich bestellt?«

      »Ja. Darf ich um Erlaubniß bitten?«

      »Gewiß! Mir ist es außerordentlich lieb, daß Du heute bei Helfensteins bist. Wird Dich die andere Dienerschaft sehen?«

      »Nein. Ich leide an stiller Liebe.«

      »Schön. Die Baronin kommt zu mir. Ich weiß nicht, wie lange sie sich verweilen wird, aber es wäre mir von größter Wichtigkeit, wenn Du sie nach ihrer Heimkehr beobachten könntest.«

      Anton zog ein sehr pfiffiges Gesicht und antwortete:

      »Man müßte das ganz außerordentlich dumm anfangen.«

      »Wieso?«

      »Sich von der Baronin überraschen lassen.«

      »Wärst Du es nicht, der das sagt, so würde ich Dich für einen großen Dummkopf halten. Bei Dir aber hat sich hinter diese Dummheit sicher ein guter Gedanke versteckt.«

      »Ich denke es!«

      »Du meinst doch nicht etwa, erwischen lassen?«

      »Fällt mir nicht ein! Ueberraschen lassen und erwischen lassen, das ist jedenfalls ganz Zweierlei.«

      »Ich errathe! Du beabsichtigst, Dich im Zimmer der Baronin überraschen zu lassen?«

      »Ja. Ich werde das Zöfchen zu überreden wissen, daß wir dort am Allersichersten sind.«

      »Dann kommt plötzlich die Baronin. Du hast keine Zeit, Dich zu entfernen und versteckst Dich bei ihr, um sie zu beobachten?«

      »So ist es. Das Zöfchen wird vor Angst vergehen, ich aber werde in aller Ruhe meine Beobachtungen anstellen.«

      »Du magst der Zofe sagen, daß die Baronin erst um Mitternacht heimkehren werde, und ich sorge dafür, daß sie eher kommt. Aber das, was ich beobachtet wünsche, wird im Schlafzimmer geschehen, wenn mich meine Vermuthung nicht täuscht.«

      »So verstecke ich mich dort. Mir ganz gleich. Vielleicht unter das Bett. Da bin ich am sichersten.«

      »Wie Du dann heraus kommst, das ist natürlich Deine Sache!«

      »Nichts leichter als das! Ich warte, bis die gnädige Frau eingeschlafen ist, und schleiche mich dann hinaus, wo die Zofe mich jedenfalls erwarten wird.«

      »Ich vertraue Deiner Gewandtheit. Es ist möglich, daß sich meine Vermuthungen als trügerisch erweisen, aber ich muß auf den betreffenden Fall vorbereitet sein. Habe ich mit meiner Ahnung das Richtige getroffen, so halte ich von der Heimkehr der Baronin an in der Nähe ihrer Wohnung Wacht. Du findest mich am großen Brunnen lehnend. Ah, es klingelt! Sie kommt! Du kannst gehen!«

      Anton entfernte sich, und der Fürst ging der Baronin entgegen. Nachdem sie abgelegt hatte, führte er sie direct in sein Arbeitszimmer. Er wollte sie mit Absicht in die unmittelbare Nähe seines Toilettenzimmers, in welchem sich seine Werthsachen befanden, placiren.

      Sie war nur eilig durch einige Gemächer geschritten, dennoch war sie geblendet von dem Reichthume, der ihr da entgegen strahlte. Sie kam sich wie ein armes Weib gegen diesen Krösus vor, dem doch dieser Glanz sehr gleichgiltig zu sein schien.

      »Verzeihung, daß ich Sie nicht zum Salon nöthige!« sagte er. »Liebe Personen pflegt man im trauteren Raume zu empfangen.«

      »Ich habe nicht zu verzeihen, sondern zu danken,« antwortete sie geschmeichelt. »Der Salon würde erkältend wirken, während ich mich hier in dem Raume, der Ihr engeres Wirken sieht, als zu Ihnen gehörig fühlen darf.«

      Das Gespräch bewegte sich in rein freundlicher Weise, obgleich sie sich alle Mühe gab, es auf das Gebiet der Liebe hinüber zu spielen. Aber stets, wenn sie zärtlich zu werden drohte, warf er ihr ein Wort entgegen, vor dem sich ihre allzu große Wärme flüchten mußte. Dann kam Adolf, um zu serviren.

      »Ein kleines Souper unter Zweien, meine Verehrteste,« sagte der Fürst. »Leider mangelt meinem Heim das weibliche Princip. Ich werde um Nachsicht zu bitten haben!«

      »Das weibliche Princip ist heute zugegen,« antwortete sie. »Erlauben Sie mir, Ihnen zu zeigen, wie angenehm es sein würde, wenn eine Fürstin von Befour hier die Honneurs machte!«

      Sie legte ihm vor. Dabei war sie bemüht, bald mit der Hand, bald irgend wie mit ihm in Berührung zu kommen. Er suchte dies möglichst zu vermeiden. Er blieb freundlich und zuvorkommend, hütete sich aber, zärtlich zu werden.

      Sie trug ein dünnes, sehr eng anliegendes Kleid mit einer weiteren, leichten Uebertaille. Als zu erwarten stand, daß der Diener nun nicht mehr kommen werde, heuchelte sie eine kleine Ungeschicklichkeit und ließ einige Tropfen des Fruchtmêlé auf sich fallen. Sie that, als ob sie erschrecke und sagte:

      »O weh! Daheim braucht man nicht so vorsichtig zu sein!«

      Sie erwartete, daß er sie auffordern werde, sich ganz als daheim zu denken; da dies aber nicht geschah, fügte sie hinzu:

      »Oder bin ich wirklich bei Ihnen fremd?«

      »Liebe Baronin!« war er jetzt gezwungen zu antworten. »Ich hoffe doch nicht, daß wir uns so fern stehen!«

      »Nun, dann will ich speisen wie bei mir!«

      Sie legte die Uebertaille ab, und nun zeigte es sich, daß das Kleid ganz à la Rafflesia ausgeschnitten war. Jetzt meinte sie, dem Siege entgegen zu gehen; aber ihre Hoffnung erwies sich als trügerisch. Der Fürst blieb sich gleich.

      Sie war darüber voll innerlichem Ärger; äußerlich aber meinte sie, sich nicht das Mindeste merken zu lassen. Einen solchen Menschenkenner aber, wie der Fürst war, konnte sie nicht täuschen. Er sah, als der Champagner kommen sollte, sich gezwungen, das Zimmer zu verlassen und ihn selbst zu holen, um dem Diener nicht den Anblick dieser decolletirten Frau preiszugeben. Jetzt sah sie sich für einige Augenblicke allein. Sie stampfte mit dem silbernen Griffe des Messers auf und knirrschte:

      »Vergebens! Seine Liebe ist eine Lüge, oder er besitzt das kalte Blut eines Fisches. Kein Anderer könnte widerstehen! Mein Vorsatz ist gefaßt: Ich erwarte nichts von der Liebe, sondern Alles nur von meiner Geschicklichkeit. Die Diamanten! Die Diamanten! Wo mögen sie sein? Wo mag er sie haben?«

      Er kehrte zurück. Der Champagner perlte in die Gläser; eine, zwei, drei Flaschen wurden geleert – der Fürst blieb, wie er war. Da machte sie ihm endlich direkte Vorwürfe über seine zurückweisende Kälte.

      »Bedürfen Sie denn keines Unterrichts mehr?« fragte sie, indem sie ihren Stuhl dem seinen näher rückte.

      Er lächelte ihr freundlich entgegen; aber seine Stimme klang gleichgiltig, beinahe kalt, als er antwortete:

      »Liebe Ella, Sie dürfen mich nicht veranlassen, ein unhöflicher Wirth zu sein. Einem so lieben Gast darf ich doch unmöglich die Arbeiten, Sorgen und Anstrengungen eines Lehramtes auferlegen. Sie sind jetzt Fürstin von Befour; ich darf Sie in Ihren wirthschaftlichen Thätigkeiten nicht beeinträchtigen!«

      Diese Worte gaben ihr den längst gesuchten Punkt, an welchem es möglich war, anzufassen. Sie antwortete:

      »Fürstin von Befour? Und doch kenne ich mein Reich noch nicht.«

      »Es ist auf diesem Continente nicht sehr groß. Es erstreckt sich nur auf dieses Haus und den Garten.«

      »Desto mehr muß ich besorgt sein, es kennen zu lernen!«

      Sie ahnte nicht, daß sie dem ihr weit überlegenen, fein berechnenden Manne mit ihrem Wunsche in die Hände arbeitete. Scheinbar zögernd, gab er ihr nach einer kurzen Pause zur Antwort:

      »Ich habe allerdings versprochen, Ihnen meine kleinen Herrlichkeiten zu zeigen; aber wir sind noch beim Nachtische!«

      »Ich bin zu Ende, und auch von Ihnen bemerke ich, daß Sie sich nicht mehr mit dem Tische beschäftigen.«

      »So darf ich Sie zu einem Rundgange einladen?«

      »Ich wünsche mir keinen anderen Cicerone, als nur Sie allein!«

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