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einzuprägen, um dann zu Hause eine Nachahmung herzustellen. Wenn dann der wirkliche Vergolder die Beschläge fertig hat, wird man sie zu uns über den Fluß herüberbringen und Jakow Jakowlewitsch wird wieder ins Kloster fahren und den Wunsch äußern, dem festtäglichen Gottesdienst des Erzbischofes beizuwohnen. Er würde im Mantel in die Kapelle treten, sich in dem dunklen Altarraum an den Opfertisch stellen, hinter dem unsere Ikone auf dem Fenster steht, das Bild stehlen, es unter den Mantel stecken und jemandem befehlen, den Mantel, angeblich wegen der Hitze, hinauszutragen. Auf dem Hofe hinter der Kirche würde dann einer der Unsrigen das Bild aus dem Mantel in Empfang nehmen und mit ihm auf das andere Ufer eilen, und hier würde dann unser Ikonenmaler das alte Bild während des Gottesdienstes aus dem Rahmen lösen und das gefälschte hineinstellen, dann sollte es jemand so zurückschaffen, daß Jakow Jakowlewitsch es wieder aufs Fenster stellen könne, als sei nichts geschehen.

      »Warum nicht?« sagten wir. »Wir sind mit allem einverstanden.«

      »Nur gebt acht,« sagte er, »und denkt daran, daß ich sonst als Dieb dastehe; aber ich will euch glauben, daß ihr mich nicht preisgebt.«

      Luka Kirillow antwortete:

      »Wir sind nicht, Jakow Jakowlewitsch, solchen Geistes, daß wir unsere Wohltäter verraten. Ich werde die Ikone in Empfang nehmen und Ihnen die beiden zurückbringen, die echte und die Kopie.«

      »Nun, und wenn du durch etwas daran verhindert wirst?«

      »Was soll mich verhindern können?«

      »Nun, du stirbst plötzlich oder ertrinkst?«

      Luka dachte nach: wie soll plötzlich ein derartiges Hindernis eintreten? Aber dann bedenkt er, daß etwas derartiges in der Tat vorkommen könne, daß der Schatzgräber den Schatz finde, aber auf dem Weg zum Markte einem tollen Hunde begegne, — und er antwortete:

      »Für diesen Fall, gnädiger Herr, lasse ich Ihnen einen Menschen zurück, der, wenn ich nicht eintreffe, die ganze Schuld auf sich nimmt und selbst den Tod erduldet, Sie aber nicht preisgibt.«

      »Und wer ist es, auf den du dich so verläßt?«

      »Der Schmied Maroi,« antwortete Luka.

      »Dieser Alte?«

      »Ja, er ist nicht jung.«

      »Aber er sieht gar zu einfältig aus!«

      »Wir brauchen auch seinen Verstand nicht. Aber er ist ein Mensch, der würdigen Geist in sich trägt.«

      »Was für ein Geist kann denn in einem dummen Menschen wohnen?«

      »Der Geist, Herr,« antwortete Luka, »wird nicht nach dem Verstande bemessen, der Geist atmet, wo er will und wächst gleich dem Haar bei dem einen lang und üppig und bei dem andern spärlich.«

      Der Engländer überlegte:

      »Gut, gut. Das sind alles interessante Empfindungen. Aber wie soll er mir heraushelfen, wenn ich in die Patsche gerate?«

      »Das macht er so,« antwortete Luka: »Sie werden in der Kirche am Fenster, und Maroi draußen vor dem Fenster stehen. Bin ich dann bis zum Schlusse des Gottesdienstes nicht mit dem Bilde gekommen, so wird Maroi die Scheibe einschlagen, durch das Fenster steigen und alle Schuld auf sich nehmen.«

      Das gefiel dem Engländer:

      »Interessant,« sagte er, »interessant. Aber warum soll ich dem dummen Menschen mit dem Geiste glauben, daß er nicht selbst davonläuft?«

      »Nun, das ist eben Sache des gegenseitigen Vertrauens.«

      »Gegenseitiges Vertrauen,« wiederholte er ... »Hm, gegenseitiges Vertrauen! Soll ich für einen dummen Bauern nach Sibirien, oder er für mich unter die Knute? Hm, hm, wenn er sein Wort hält ... unter die Knute ... Das ist interessant.«

      Man schickte nach Maroi, erklärte ihm, worum es sich handle, und er sagte: »Nun, was ist dabei?«

      »Und du wirst nicht davonlaufen?« fragte der Engländer.

      Maroi antwortete: »Warum denn?«

      »Damit man dich nicht peitscht und nach Sibirien verschickt.«

      Aber Maroi erwiderte: »Nun, weiter nichts?«

      Der Engländer ist vor Freude lebendig geworden:

      »Reizend,« sagt er, »wie interessant!«

      Vierzehntes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Gleich nach der Unterredung begann die Aktion. Am Morgen setzten wir die große herrschaftliche Barkasse in Stand und fuhren den Engländer ans andere Ufer. Dort setzte er sich mit dem Ikonenmaler Ssewastjan in eine Kalesche und fuhr zum Kloster. Nach einer guten Stunde sehen wir unseren Ikonenmaler dahereilen mit einem Blatt in den Händen.

      Wir fragen:

      »Hast du sie gesehen, Teurer, und kannst du sie jetzt nachmachen?«

      »Ich habe sie gesehen,« antwortet er, »und werde sie genau treffen, vielleicht, daß sie etwas lebhafter in den Farben wird, aber das ist kein Unglück, denn wenn die echte Ikone herkommt, werde ich in einem Nu das Leuchten der Farben dämpfen.«

      »Väterchen,« bitten wir, »gib dir Mühe!«

      »Schon gut,« erwidert er, »werde mich schon bemühen.«

      Und kaum hatten wir ihn zurückgerudert, als er sich auch gleich an seine Arbeit setzte, und um die Dämmerung war der Engel auf dem Täfelchen fertig und glich unserm versiegelten, wie ein Tropfen Wasser dem andern, nur die Farben schienen etwas frischer.

      Gegen Abend schickte der Vergolder die neuen Beschläge, und nun kam die gefährliche Stunde unseres Diebstahls.

      Wir hatten, wie es sich versteht, alles vorbereitet und warteten auf den gegebenen Augenblick. Kaum ließen sich vom anderen Ufer her die ersten Glockenklänge zur Abendmesse vernehmen, als wir zu dritt ein Boot bestiegen, ich, Luka und der alte Maroi, der ein Beil, einen Meißel, eine Brechstange und ein Seil mitgenommen hatte, um mehr einem Diebe zu gleichen. Wir steuerten gerade auf die Klostermauer zu.

      Die Dämmerung bricht um diese Jahreszeit früh an, und obwohl es Vollmondwoche war, blieb die Nacht pechschwarz, eine richtige Diebesnacht. Am anderen Ufer angelangt, ließen Maroi und Luka mich im Boot zurück und schlichen zum Kloster hinauf. Ich wartete voll Ungeduld. Die Ruder hatte ich ins Boot genommen, das ich an einem Strickende am Ufer festhielt, und war bereit abzustoßen, sobald Luka seinen Fuß ins Boot setzen würde. In der Besorgnis, wie alles gelingen würde und ob wir die Spuren unseres Diebstahls rechtzeitig verwischen könnten, erschien mir die Zeit schrecklich lang. Es dünkte mir, es sei schon viel Zeit verstrichen. Die Dunkelheit war entsetzlich, der Wind fegte nunmehr anstatt des Regens nassen Schnee daher. Das Boot schaukelte, und ich treuloser Knecht begann, mich allmählich in meinem Mantel erwärmend, einzuschlummern. Plötzlich beginnt das Boot unter einem Stoß zu schwanken, ich zucke zusammen und sehe den Onkel Luka im Boote stehen, der mit fremder, gepreßter Stimme sagt: »Rudre!«

      Ich ergreife die Ruder, kann sie aber vor Schreck nicht in die Dollen einlegen. Schließlich gelingt es mir, ich stoße vom Ufer ab und frage: »Onkel, habt ihr den Engel bekommen?«

      »Ich habe ihn, rudre stärker!«

      »Erzähle doch,« forsche ich weiter, »wie habt ihr ihn bekommen?«

      »Genau wie es geplant war.«

      »Werden wir noch rechtzeitig zurückkommen können?«

      »Wir müssen es können: eben erst haben sie mit der großen Litanei begonnen. Rudre! Wohin ruderst du?«

      Ich sehe mich um: Großer Gott, ich rudere wirklich nicht in unsere Richtung, und doch scheint es mir, daß ich richtig quer über die Strömung halte, aber unsere Siedlung ist nicht zu sehen, weil Schnee und Sturm schrecklich daherfegen und

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