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auch nicht zum ersten Mal. Du hast hoffentlich angenommen.«

      »Noch nicht.«

      »Warum denn nicht? Dann bist du halt ungeplant ein paar Tage unterwegs. Kam auch schon häufiger vor. Und wir haben es jedes Mal überstanden.«

      »Jaaaaaaa … schoooooon … aber ich werde länger unterwegs sein. Sechs Wochen lang. Im Ausland. Eine Band. Europatournee. Ich kann für einen Kollegen einspringen, der einen Unfall hatte.«

      Oh. Sechs Wochen. Ausland.

      Deshalb hatte er so rumgedruckst.

      »Das machst du auf jeden Fall«, sagte ich. »Das kannst du unmöglich ablehnen. Wie lange wünschst du dir das schon?«

      »Ziemlich lange.«

      »Na also. Also sei nicht blöd. Wann geht es los?«

      Er biss sich auf die Unterlippe, dann erwiderte er: »Sonntagmittag.«

      Hui. Das war kurzfristig, denn es war Freitagabend.

      Zugegeben: Ich hüpfte nicht gerade durch die Küche vor Begeisterung. Nicht weil er für sechs Wochen unterwegs sein würde, nein, das war absolut okay für mich. Aber dass er bereits übermorgen abreisen würde – das war tatsächlich ein harter Brocken.

      Aber ich zauberte mir ein strahlendes Lächeln ins Gesicht. »Umso mehr werden wir die Zeit genießen, die uns noch bleibt, okay? Morgen gehen wir lecker frühstücken, und dann trödeln wir entspannt durch den Tag. Wir machen nur, wozu wir Lust haben.«

      Sein Blick ging an mir vorbei zur Schlafzimmertür. »Können wir damit nicht sofort anfangen?«

      Aber natürlich konnten wir das.

      Da war ich außerordentlich flexibel.

      Kapitel 2

      Ob ein Frühstück positive Lebensgeister oder einen zähnefletschenden Dämon weckt, hängt immer davon ab, woraus es besteht

      Meine Laune war nicht die beste, als der Wecker am Montagmorgen zu piepsen begann.

      Erst kürzlich hatte ich mir einen sogenannten Tageslichtwecker angeschafft, also strahlte das Ding sanftes Licht aus, als ich die Augen aufschlug. Besonders im Winter sollte er mir das Aufstehen erleichtern, denn als passionierte Langschläferin kam ich nur schwer aus den Federn. Und ich hasste es besonders, im Stockdunklen aufzuwachen.

      Außer dem nervtötenden Piepsen bot der Wecker diverse weitere Optionen an: zum Beispiel Vogelgezwitscher, das allerdings nicht die allergeringste Chance hatte, mich aufzuwecken und zum Verlassen meines Bettes zu animieren. Wie auch? In den Bäumen vor dem Schlafzimmerfenster wohnten zahllose Piepmätze, die regelmäßig bei Sonnenaufgang mit ihrem hysterischen Zwitscherkonzert loslegten. Daran hatte ich mich längst gewöhnt. Eine weitere Möglichkeit war das Geräusch strömenden Regens, was leider mein bevorzugtes Schlaflied war. Regen entspannte mich mehr als alles andere und ließ mich sanft einschlummern, todsicher.

      Miiiep miiiep miiiep miiiep …

      Ich seufzte ergeben, schwang die Beine aus dem Bett und starrte den Terror-Wecker an. Ob es wohl meine Laune heben würde, wenn ich ein wenig auf ihm herumtrampelte? Nein, dachte ich dann, das würde es nicht. Im Gegenteil: Ich müsste mir einen neuen Wecker besorgen.

      Ich stellte das Ding also ab, und das Licht erlosch. Es war stockdunkel. Beste Voraussetzungen, mich noch einmal ein wenig hinzulegen … nur fünf kleine Minütchen vielleicht …

      »Maaaoooooooooh.«

      Nicht nur ich hatte den Wecker gehört, sondern auch Baghira. Für ihn das Startsignal, vor der Schlafzimmertür herumzuquengeln. Ich muss ihm zugutehalten, dass er sich wirklich erst meldet, wenn es piepst. Aber dann heißt es auch umgehend Flotti Karotti, wenn er höflichst bitten dürfte. Leerer Fressnapf am Morgen, wenn der Mensch wach ist? Geht gar nicht.

      Ich öffnete die Schlafzimmertür, und der Kater flitzte vor mir her ins Bad. Baghira kannte das Ritual: Erst geht der Mensch aufs Töpfchen, und danach gibt es Fressi. Im Bad saß er schweigend vor mir und starrte mich an, während ich … nun ja. Kaum hatte ich die Spülung betätigt, ging es auch schon im Schweinsgalopp in die Küche, wo ihn dann der Veitstanz packte, bis endlich das gefüllte Schüsselchen vor ihm stand. Erst wenn das Tier zufrieden schmatzt, kann ich meinen Espresso aufsetzen und mich auf den Tag vorbereiten.

      Manchmal hatte so ein Montagmorgen im November das Potenzial, der schlimmste Morgen des Jahres zu werden. So wie dieser hier. Er war der erste Morgen einer mehrwöchigen Phase ohne meinen Liebsten. Das war schon mal ein Bombengrund für miese Laune, wie ich fand. Wenn alles gut ging, würde er Weihnachten wieder da sein.

      Außerdem fielen im November endgültig die allerletzten Blätter von den Bäumen. Irgendwann gab es den finalen Herbststurm, der sich so richtig gewaschen hatte, und danach waren die Äste kahl.

      Dann gab es noch diese Novembertage, an denen sich alles in mir dagegen aufbäumte, dass es morgens dunkel war. Mal mehr, mal weniger, aber immer fand ich das eine Frechheit. Ab der Wintersonnenwende kurz vor Heiligabend konnte ich mich immerhin psychologisch damit überlisten, dass die Nächte ab sofort wieder kürzer wurden. Das klappte natürlich im November nicht; da waren wir noch in der Jeder-Tag-einige-Minuten-kürzer-Phase, und das allgegenwärtige Grau um mich herum verstärkte sich noch durch die Wolke, die permanent über meinem Haupte zu schweben schien und aus der immer mal kleine Blitze zuckten.

      Nein, der November war definitiv nicht mein Lieblingsmonat.

      »Was ist mit dir denn los? Hast du heute Morgen die Böse Hexe des Westens gefrühstückt?«, fragte Dennis und ahnte nicht einmal, wie knapp er an einem tätlichen Angriff meinerseits vorbeischrammte.

      »Clowns waren aus«, gab ich pampig zurück.

      Erwin grinste, und Dennis schlug sich vor Lachen auf die Schenkel, während ich ihn lauernd anstarrte und nur darauf wartete, dass er sich noch weitere kecke Bemerkungen traute.

      Wir hatten uns zur ›Montagsrunde‹ im Büro der Detektei eingefunden. Was sich nach einer Podiumsdiskussion mit nationalen Entscheidungsträgern und hochrangigen Politikern anhört, ist in Wirklichkeit die Besprechung zum Wochenbeginn, die Erwin eingeführt hat. Aus Ermangelung an Aufträgen gab es meist zwar nichts zu besprechen, aber dann schwelgten wir immerhin in Zukunftsvisionen darüber, wie wir spektakuläre Fälle lösten.

      Übers Wochenende hatten sich offenbar Heinzelmännchen im Büro zu schaffen gemacht, denn die vorherige Kargheit war durch eine beinahe schon wohnzimmerhaft-penetrante Gemütlichkeit abgelöst worden. Plötzlich lag da ein Teppich, auf dem sich vier abgewetzte, braune Ledersessel um einen niedrigen Tisch gruppierten. Erwin hatte bei ebay eingekauft, schloss ich messerscharf. Oder Dennis hatte in seiner Scheune noch ausgemustertes Mobiliar stehen gehabt. Die großen Pflanzen und die Bilder von Fördertürmen und sonstiger Ruhrpott-Romantik an den Wänden hingegen trugen Täubchens Handschrift, die natürlich wollte, dass ihr Erwin es hübsch kuschelig hatte.

      Mehrere hohe Birkenfeigen standen in einer Reihe und bildeten einen blickdichten Sichtschutz zu den beiden schlichten Schreibtischen und den Regalen. Auf der Grenze zwischen den beiden Bereichen hatte sich zudem eine Holzkommode materialisiert, auf der eine Kaffeemaschine stand.

      »In der hübschen Kommode da sind Tassen, Gläser und Getränke. Für Klientenbesuch«, sagte Erwin, der amüsiert verfolgt hatte, wie ich das Büro und die Neuerungen darin scannte. »Und Plätzchen«, fuhr er fort. »Hat mein Täubchen gebacken.«

      »Bisschen früh für Weihnachtsbäckerei, oder?«, maulte ich. »Außerdem: welcher Besuch?«

      Wie gesagt: Die Kunden rannten uns bislang nicht gerade die Bude ein. Unsere Referenzliste war kurz: zwei untreue Ehemänner beobachtet, fotografiert und somit überführt, einen inmitten eines Trennungsdramas entführten Hund aufgespürt und dem Besitzer zurückgebracht, eine lange verdächtigte Nachbarin einer Kundin beim nächtlichen Müll-in-den-Vorgarten-Werfen auf frischer Tat ertappt, in einem beschaulichen Vorort

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