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sprichst vom Feliador-Mittelgebirge, oder?“

      Raja nickte.

      „Ich weiß zwar nicht, was genau die Brüder da oben wollen, aber wäre es nicht vernünftiger, wenn wir uns gleich in Scheldasan oder Melbador träfen? Das wäre doch um einiges näher.“

      „Stimmt, aber zu auffallend. Azarol befürchtet, dass sich in Scheldasan, Melbador und den anderen umliegenden Dörfern Spitzel des Feindes aufhalten. Du kannst dir bestimmt vorstellen, was für ein Aufsehen wir erregen würden, wenn wir dort mit den Felsschwingen anreisten. Miragon hingegen liegt recht weit vom Gebirge entfernt. Es ist also eher unwahrscheinlich, dass sich dort ein Spitzel aufhält, und falls doch, meint Zemeas, gelänge es uns bestimmt, ihn auf unserem Weg abzuschütteln oder in die Irre zu führen.“

      „Ich finde, Azarol hat recht. Miragon ist zweifellos der beste Treffpunkt für euch. Und mithilfe meiner Karten erreicht ihr das Gebirge in wenigen Tagen“, versicherte Fuldaf, nahm Gweldon die Schriftrollen ab und breitete einige davon auf der großen Tischplatte aus. „Hier“, er tippte mit seinem knochigen Finger auf das Papier, „angenommen ihr reist über Melbador, dann führt von hier aus ein Pass, der nur wenigen bekannt ist, direkt ins Herz des Gebirges. Solltet ihr den Weg in Richtung Degenhol einschlagen, so empfehle ich, dass ihr den Pfad entlang des Bergkamms wählt. Er ist in dieser Gegend der sicherste und vermutlich auch kürzeste.“

      Gweldon und Loweon beugten sich interessiert über die Karten und ließen sich von Fuldaf die Tücken und Gefahren des Gebirges erklären.

      Während die drei Männer über den Karten brüteten, wandte sich Saruna an Raja. „Also, du hast vorhin im Kuppelsaal erzählt, dass König Xagon und seine Männer entführt wurden?“

      „Ja, es muss passiert sein, kurz nachdem wir Walgerad verlassen hatten.“

      „Und Nalaj, denkt sie wirklich, dass wir sie retten können? Ich meine, wir sind nur zu sechst, wer weiß, wie viele von diesen dunklen Wesen, die der Fremde erwähnt hat, da oben auf uns lauern.“

      Die Zwergin zuckte die Achseln. „Und? Ich fürchte mich nicht. Schließlich haben wir Azarol dabei, mit seinen magischen Kräften wird er diesen Kreaturen schon Einhalt gebieten. Abgesehen davon haben wir selbst auch einiges zu bieten, oder etwa nicht? Hey, wir sind das Bündnis, wenn es uns nicht gelingt ... Du wirst sehen, wir schaffen das. Wir müssen uns nur möglichst unauffällig verhalten. Das Einzige, das mich an der Sache stört, ist, dass wir die Felsschwingen in Miragon zurücklassen müssen. Ich hasse es, so weit zu Fuß zu gehen.“

      „... und dann gäbe es an dieser Stelle hier drüben noch die Möglichkeit für einen Abstieg. Doch Vorsicht, der Großteil des Gesteins besteht aus Sandquarz, ist also sehr brüchig“, hörten sie den Narbengesichtigen erklären.

      „In Ordnung, ich werde es mir merken“, versicherte Gweldon, nahm eine der Karten vom Tisch, rollte sie zusammen und verstaute sie in seiner Kräutertasche. „Gibt es sonst noch etwas, auf das wir achten sollten?“

      „Nein, das war alles oder zumindest fällt mir im Moment nichts mehr ein.“

      „Gut, dann würde ich vorschlagen, wir packen unsere Rucksäcke und machen uns auf den Weg.“

      „Und was ist mit mir? Soll ich einen Verband um den Fuß legen?“, erkundigte sich Loweon.

      „Ach verflixt, dein Gelenk. In der Aufregung habe ich das ganz vergessen. Hmm, wie machen wir das am besten?“ Der Alchemist rieb sich grübelnd die Stirn. „Saruna“, sagte er schließlich und richtete seinen Blick auf die blasse Schönheit. „Würdest du bitte mit Raja und Taluas alles Nötige zusammenpacken? Fuldaf und ich kümmern uns inzwischen um Loweon.“

      „Natürlich.“

      Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, machten sich die drei auf den Weg. Gweldon lauschte noch einen Moment ihren Schritten, die hinter der zufallenden Tür verstummten, dann wandte er sich seinem Freund zu. „Also gut, dann wollen wir uns dein Gelenk mal ein wenig genauer ansehen.“

      Eine Stunde später klopfte es an der Tür des Besprechungszimmers. Raja, Saruna und Taluas hatten sämtliche Vorbereitungen für die Reise abgeschlossen und alles Nötige wie Kleidung, Essen, Waffen und einige Goldstücke zusammengepackt.

      Saruna hatte inzwischen ihre Sandalen und das einfache Leinengewand gegen eine eng anliegende braune Stoffhose und kniehohe Lederstiefel getauscht. Oberhalb der Gürtellinie trug sie ein weißes Leinenhemdchen, welches ihre zierliche Figur betonte. Um die Taille selbst lag ein erdbrauner Gürtel, an welchem ihr Dolch in seiner kleinen Lederscheide hing. Das schwarze Haar der Elfe wurde von einem Ring aus Lianen zurückgehalten und fiel in sanften Wellen über ihre Schultern.

      „Wir wären dann so weit“, sagte Taluas, als die drei mit dicken Rucksäcken beladen den Raum betraten.

      „Ja, gut, einen Moment noch“, gab Gweldon zurück, der mit verschränkten Armen vor Loweon stand.

      Der Waldelfenkrieger saß mit steinerner Miene auf einem der Sessel und betrachtete angespannt den Verband, den Fuldaf ihm gerade vom Gelenk wickelte. Er war getränkt mit einer dottergelben und unangenehm nach Schwefel riechenden Tinktur. Als der Älteste den Verband gänzlich abgenommen hatte, hob er vorsichtig den Fuß und betrachtete skeptisch das Gelenk.

      „Und? Wie sieht es aus?“, drängte der Krieger den Alten ungeduldig.

      „Schwer zu sagen. Gut möglich, dass die Knochen noch nicht gänzlich verwachsen sind. Schließlich war es ein schwerer Bruch.“ Fuldaf nahm den Fuß in beide Hände und drückte behutsam dagegen. „Eigentlich müsste ...“ Ein Unheil verkündendes Knacken ließ den Alten verstummen und auf Loweons Gesicht breitete sich ein schmerzverzerrter Ausdruck aus.

      „Es tut mir leid, das war zu fest.“ Eilends wickelte Fuldaf den Verband erneut um das Gelenk.

      „Verflucht!“, entfuhr es dem Krieger. Den Kopf vor Enttäuschung gesenkt murmelte er schließlich durch seine zusammengebissenen Zähne: „Ihr werdet wieder ohne mich gehen müssen.“

      Gweldon seufzte und wandte sich an Fuldaf. „Fällt dir denn nichts mehr ein? Es muss doch was geben, das Loweons Bein heilen kann. Irgendetwas.“

      Der Alte schüttelte den Kopf und senkte den Blick auf den Verband. „Nein, so leid es mir tut. Es gibt nichts, das Loweons Verletzung in so kurzer Zeit heilen könnte. Selbst das Steinhautelixier benötigt für derlei Brüche mehr als einen Tag.“

      „So viel Zeit haben wir nicht.“ Gweldon klang niedergeschlagen.

      „Ich weiß“, murrte Loweon, die braunen Augen enttäuscht auf seinen Fuß gerichtet.

      Einen Moment schwieg die Gruppe, dann meldete sich der bärtige Taluas zu Wort. „Es hilft nichts, die Zeit drängt, wir müssen aufbrechen.“

      „Ich verstehe. Geht schon mal voraus, ich komme gleich nach“, versicherte der Alchemist.

      Die Zwerge und Saruna nickten bestätigend, verabschiedeten sich von Fuldaf und dem zerknirscht dreinblickenden Loweon und verließen den Raum.

      Draußen schien die Frühlingssonne in all ihrer Pracht. Smaragdgrün leuchtete das Blätterdach über ihren Köpfen und die Luft war erfüllt vom würzigen Duft des Waldes. Endlich herrschte wieder Leben in Dalwas. Überall gingen die Waldelfen geschäftig ihren alltäglichen Verrichtungen nach. Nur wenige von ihnen hatten sich noch immer in ihre Behausungen zurückgezogen.

      Als die Elfen Saruna und die Zwerge über die Plattformen und Brücken in Richtung Felsschwingen schreiten sahen, hielten sie mit ehrfürchtigen Mienen inne, denn ein jeder von ihnen wusste, dass Nibelars Schicksal in ihren Händen liegen würde.

      Als die drei die stattlichen Böcke mit den gewaltigen Schwingen erreicht hatten, legte sich unwillkürlich ein Lächeln auf Sarunas Lippen und ein prickelndes Gefühl der Nervosität überkam sie. Als sie das letzte Mal auf dem Rücken dieser Tiere geflogen war, hatte sie Zemeas begleitet. Sie fühlte, wie ihre Wangen

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