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Nibelar - Die Gruft. Christine Troy
Читать онлайн.Название Nibelar - Die Gruft
Год выпуска 0
isbn 9783960743149
Автор произведения Christine Troy
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Gweldon hob den Blick, schob den Ärmel seines Leinenhemds ein Stück zurück und deutete auf eine faustgroße Narbe über seinem Handgelenk.
„Oh“, sagte der Krieger nur.
„Ja, der Saft der Feuerwurzel hat es in sich. Darum muss Saruna die Schnittstellen auch sehr sorgsam mit Stoff umwickeln. Der frische Saft ist außerordentlich aggressiv. Bekommt man ihn auf die Haut, verbrennt er sie wie Feuer. Bekommt man ihn in die Augen und hat kein Gegenmittel zur Hand, so erblindet man schon nach wenigen Minuten. Trotzdem, für uns Alchemisten sind sowohl der Saft als auch die Wurzel selbst von großem Nutzen.“
„Und die Blätter? Ich glaube, die habe ich dich auch schon sammeln sehen“, sprach Loweon weiter. „Benutzt ihr die auch für etwas Spezielles?“
„Etwas ist gut. Getrocknet und als Tee gekocht wirken sie stark fiebersenkend, zur Tinktur verarbeitet vermögen sie es, eitrige Wunden zu heilen, und frisch am Stück gegessen helfen sie, Vergiftungen innerhalb kürzester Zeit zu kurieren.“
„Und der Saft der Blätter, ist der auch gefährlich?“
„Nein, nur derjenige der Wurzeln“, erklärte der Alchimist, ohne von seiner Arbeit aufzusehen.
Skeptisch pflückte Loweon eines der purpurnen Blätter und beäugte es argwöhnisch.
„Gut, das wär’s mit den Feuerwurzeln“, erklärte Gweldon, wischte die Schneide seines Messers im taufeuchten Gras ab und verstaute es in seiner Kräutertasche. „Als Nächstes, würde ich sagen, kümmern wir uns um die Tropfblüten, die wachsen hier ganz in der Nähe.“ Damit erhob er sich und marschierte, gefolgt von den beiden anderen, westwärts.
Der Vormittag verging wie im Flug und bald hatten die drei alles, was sie brauchten, zusammengetragen. Alles ... bis auf das Andusharz.
„Dann fehlt uns also nur noch das Harz?“, erkundigte sich Loweon, während er sich müde an einen Baum lehnte.
„Genau, nur noch das Andusharz und das haben wir auch gleich. Du hast es also bald geschafft“, versuchte Gweldon, seinen Freund zu motivieren.
Doch die Begeisterung des Kriegers hielt sich in Grenzen. „Na, dann mal los“, sagte er schlapp und ließ sich am Baumstamm entlangrutschend auf seinem Allerwertesten nieder. Mit schlaftrunkenem Blick und den Kopf gegen die Rinde gelehnt, beobachtete er den Alchemisten und dessen Schwester.
„Oh, ich kann es kaum glauben“, freute sich Saruna mit hoher, aufgeregt klingender Stimme. „Endlich ist es so weit!“
Schon viele Male hatte sich die junge Frau den Kopf darüber zerbrochen, wie es den Alchemisten wohl gelang, an den wertvollsten aller Pflanzensäfte heranzukommen. Sie wusste, dass die Rinde des Andusbaums praktisch unzerstörbar war. Mit keiner der ihr bekannten Waffen, und würden sie mit noch so viel Kraft verwendet werden, wäre es möglich, auch nur einen winzigen Kratzer in der Rinde zu hinterlassen. Auch wusste Saruna, dass, wenn man versuchte, mithilfe eines Elixiers oder Trankes an den kostbaren Saft zu gelangen, dieser faul und somit unbrauchbar werden würde. Feuer, so hatte sie immer geglaubt, wäre also die einzige Möglichkeit. Umso überraschter war sie, als ihr Bruder ein unscheinbares rotbraunes Fellknäuel aus seiner Tasche zog. Die Stirn gerunzelt beobachtete sie, wie Gweldon zu einem schmalstämmigen, ungewöhnlich dunklen Baum – einem Andusbaum – ging und das Fellknäuel an dessen Fuß neben den Stamm legte. Loweon, dem die Augen schon fast zugefallen waren, erkundigte sich neugierig: „Was soll denn das werden? Was willst du denn jetzt mit dem komischen Stück Fell? Du ...“ Übermüdet, wie der Krieger war, fiel es ihm schwer, einen aufkommenden Lachanfall zu unterdrücken. „Willst du die Rinde damit wegreiben?“, gluckste er.
„Nein, eigentlich nicht“, erklärte Gweldon ruhig „Weißt du, dieses Ding hier“, er deutete auf das flauschige Knäuel, „ist nicht irgendein Stück Fell, sondern das Fell einer Fransenmaus. Sagt dir das etwas?“
„Eigentlich nicht, nein, nie davon gehört.“
„Kann ich mir vorstellen. Denn so eine Maus hast du bestimmt noch nie gesehen. Das liegt daran, dass die Tiere hier sehr selten zu finden sind. Und abgesehen davon sind sie auch noch nachtaktiv. Was ich eigentlich sagen will ist: Fransenmäuse sind äußerst nützliche Tiere. Sie ernähren sich hauptsächlich von Holzkäfern und Wühlwürmern, aber auch anderem Getier, das sich an den Wurzeln der Bäume zu schaffen macht.“
„Schön und gut, aber was hat das mit dem Harz zu tun?“
„Ganz einfach, um die seltenen Tiere zu locken, öffnet sich die Rinde des Andusbaums jedes Mal ein Stück weit, wenn sie in Berührung mit den Mäusen kommt. So können sich die Nager um die unliebsamen Parasiten kümmern. Als Dank spendet der Baum dann ein paar Tropfen seines Harzes, welches für die Nagetiere überaus nahrhaft ist.“
„Nahrhaft?!“
„Ja, nahrhaft. Zumindest für die Fransenmäuse, unsereins würde an einem halben Tropfen schon sterben.“
„Nein, seht doch, es geht los!“, jubelte Saruna und trat näher an den Andusbaum heran, um besser sehen zu können und ja nichts zu verpassen.
Es knackte leise. Hinter dem Fellknäuel hatte sich etwas bewegt. Noch ein Knacken, gefolgt von einem lang gezogenen Knarren. Nun bedeutete Gweldon seinen beiden Begleitern, Abstand zu halten. Vorsichtig nahm er das rotbraune Knäuel, wischte es sicherheitshalber an einem der herumliegenden Blätter ab, verstaute es in seiner Kräutertasche und zog ein längliches Glasfläschchen mit Korkverschluss daraus hervor. Dann widmete er sich der wie ein klaffender Spalt aussehenden, offenen Stelle im Baum. Milchig weiß leuchtete das Holz unter der dunklen Rinde. Schon quollen unter dem wachsamen Blick des Alchemisten die ersten honiggelben Tropfen aus dem Holz hervor. Flink fing der Elf den wertvollen Saft mithilfe seines Glasfläschchens auf. Schon meinten die Freunde, das Knacken und Knarren wieder zu hören. Gweldon verstand und beeilte sich, das restliche Harz einzusammeln. Sekunden später war das Spektakel vorbei und der Spalt in der Rinde geschlossen.
„War’s das schon?“, erkundigte sich Saruna.
„Ja, das war’s, ich sagte ja, es würde schnell gehen. Also dann, wir können gehen“, erklärte Gweldon, während er das Fläschchen in seiner Tasche verschwinden ließ.
„Wirklich? Ich meine, du hast doch nur ein paar Tropfen zusammengebracht. Willst du nicht mehr sammeln?“
„Nein, das reicht mir. Andusharz ist sehr ergiebig, man braucht davon nicht allzu viel. Abgesehen davon würde der Baum nicht mehr abgeben, selbst wenn ich ihn erneut mit dem Fell anregen würde. Solange nicht wenigstens zwei Tage vergangen sind, ist da nichts zu machen.“
„Hmm, na gut. Also, wenn du alles hast, was du brauchst, können wir ja wieder nach Hause gehen. Das wird dich bestimmt freuen, Loweon ... Loweon?“
„Unser Herr Krieger ist eingeschlafen“, lachte Gweldon. „So ein alter Sturkopf, aber Hauptsache, er konnte mitkommen.“
„Loweon ... Loweon.“ Saruna hatte sich zu ihm hinuntergebeugt und ihn vorsichtig angestupst. „Komm schon, Loweon, wach auf.“
„Hey Saruna, sieh doch!“, entfuhr es Gweldon plötzlich. Seine Stimme klang überrascht. Mit geweiteten Augen hatte er den Blick auf das undurchdringliche Blätterdach über ihnen gewandt. „Da! Hast du das gesehen? Das Weiße da ... ist das nicht ...“
„Nilwa!“, entfuhr es der Elfe. „Gweldon, das ist Nilwa!“
Mit einem Mal war Loweon wach. Erschrocken fuhr er auf. „Was? Wie? Was ist hier los? Ich bin schon wach, bin schon zur Stelle ... bin wach!“
„Loweon, da oben, der weiße Vogel, der auf Dalwas zusteuert, das ist Nilwa, Azarols magischer Eishabicht. Wir müssen nach Hause! Schnell!“
„Saruna hat recht“, bestätigte der Alchemist nicht weniger