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Boudreau jetzt nicht mehr, sondern hörte aufmerksam zu. »Als Nächstes erzählen Sie mir noch, dass das Bermudadreieck nichts anderes ist als ein Piratenschatz.«

      Bei diesen Worten versenkte Boudreau das Messer bis zum Griff in Godwins Oberschenkel. Das Ganze geschah so plötzlich, dass selbst Godwin erst eine Sekunde lang überrascht darauf starrte. Dann drehte Boudreau den Griff, riss die Klinge zurück und Godwin wand sich und schrie. Blut strömte durch seine Hose und über den Boden.

      »Sonst noch etwas?«

      Hayden schwieg.

      »Erzählen Sie mir jetzt etwas über den Blutkönig«, brüllte Boudreau. »Sagen Sie mir, was Sie über den Blutkönig wissen.«

      Hayden machte unwillkürlich einen Schritt zurück. Boudreau war mittlerweile ganz rot im Gesicht und Speichel spritzte ihm von den Lippen. Verflucht, allein die Erwähnung des Blutkönigs schien bei diesem amerikanischen knallharten Gangster einen Anfall auszulösen.

      Wie konnte das sein?

      »Wir wissen nichts, Boudreau. Abgesehen von seinem Titel, und dass er nach dem Gegenstand sucht, der von der Queen Anne’s Revenge geborgen wurde. Das ist alles.«

      Sie warf Godwin einen mitleidigen Blick zu. Die Augen des Mannes hatten sich nach hinten verdreht. Ein Wachmann trat ihn, ein anderer stach auf ihn ein. Fünf Minuten später lag ein weiterer CIA-Agent bewegungslos in einer Blutlache am Boden, gestorben durch die Hand von Boudreau.

      Hayden sah Mano Kinimaka in die Augen. Es war ein Blick, der das Ende signalisierte und zugleich einen Abschied. Ein Blick, der sagte: Beurteile mich nicht danach, wie ich sterbe, sondern beurteile mich danach, wie ich gelebt habe.

      Kinimaka zog in einem Ausdruck des Bedauerns die Brauen hoch. Der Hawaiianer war ein sehr offener Mensch, der nicht daran gewöhnt war, seine Gefühle zu verbergen.

      Boudreau kam zu ihrem Käfig, klopfte mit dem Messer gegen die Stäbe und verspritzte dabei Blut auf dem Boden.

      »Sind Sie bereit?« Er grinste Hayden irr an.

      Plötzlich schrie jemand, ein ängstliches Heulen, das vollkommen fehl am Platz wirkte, bei dem Schlägertypen, der ein Satellitentelefon in der Hand hielt.

      »Boudreau!«

      Boudreau drehte sich verärgert um. »Was ist los?«

      »Er ist es! Er ist es!« Er hielt das Telefon in die Höhe, als stünde es in Flammen.

      Hayden betrachtete Boudreau und sah, wie sich sein Gesichtsausdruck sofort von Zorn zu absolutem Horror wandelte.

      In Sekunden.

      Hayden starrte ihn vollkommen erstaunt an. Wer auch immer am anderen Ende des Satellitentelefons war, sorgte dafür, dass einer der furchteinflößendsten und geschicktesten Gegner, den sie bisher getroffen hatte, sich vor Angst fast in die Hosen machte.

      Das führte zwangsläufig zu der offensichtlichen Frage: Wer war es?

       Der Blutkönig?

      Hayden ließ sich gegen die hintere Wand der Zelle sinken und war dankbar für den Aufschub.

      Kapitel 4

      Bis sie auf dem Miami International landeten, standen Drake, Ben und Kennedy die ganze Zeit unter Strom. Die Reise war lang und anstrengend gewesen und sie hatten währenddessen kein Wort von ihren Quellen über die angeforderten Informationen gehört. Drake hoffte, jemand würde sie nach der Landung kontaktieren, aber er vermutete, dass Justin Harrison ihnen vielleicht nicht so viel Hilfe bieten konnte, wie er zuerst versprochen hatte.

      Sie gingen nun am Zoll vorbei und durch die Schleusen, jeden Schritt unter Hochspannung. Dann begaben sie sich ins Gedränge des Flughafens, wobei sie sorgfältig die Menge überprüften. Ben sah ihren Kontakt zuerst.

      Gruppe Drake, stand in großen, schwarzen Buchstaben auf dem Schild.

      Die drei eilten zu ihm und Drake fragte sich, wie er die Laune seines besten Freundes heben konnte. Witze reißen stand momentan nicht zur Debatte, Unterstützung war zwar immer gut, aber der Mangel an Neuigkeiten und fehlender Kontakt machten sie alle nervös.

      Ihr Chauffeur steuerte den Wagen schweigend, fuhr sie durch Miami und dann über eine der weit ausladenden Brücken, die an den Strand führten, und hielt schließlich vor einem großen, weißen Hotel namens Fontainbleau an. Drake rieb sich während der Fahrt die ganze Zeit den Nasenrücken, zum Teil, um die Spannung und die Müdigkeit zu vertreiben, aber auch, um einen Moment innezuhalten und sich an die enorme Größe der Stadt zu gewöhnen, verglichen mit derjenigen, die sie gerade erst hinter sich gelassen hatten.

      Er nutzte die Stille, um einiges zu durchdenken. Die vergangenen sechs Wochen seit dem Ende der Odin-Sache waren extrem aufreibend gewesen. Er und Kennedy waren sich durch die gemeinsam überstandene Gefahr nähergekommen, aber es gab ein paar Aspekte ihrer Vergangenheit, von denen sie beide wussten, dass sie sich damit auseinandersetzen mussten, wenn das Ganze zu irgendetwas führen sollte. Drake war immer noch nicht über den Tod seiner Frau bei einem Autounfall hinweg und er hatte sich nie wirklich mit der posttraumatischen Belastungsstörung nach dem Dienst beim SRT auseinandergesetzt. Kennedy versuchte währenddessen, damit klarzukommen, dass sie dem Serienkiller gegenübergestanden hatte, der ihre Karriere beim NYPD zerstört hatte und den sie erst vor Kurzem erzwungenermaßen hatte bekämpfen und töten müssen.

      Es hört nie auf, Matt Drake. Für Menschen wie dich und mich hört es nie auf. Die Worte von Mai Kitano gingen Drake nun wieder durch den Kopf.

      Ein weiteres Problem schien sich jetzt anzubahnen. Drake wusste, dass er immer noch Gefühle für Mai hatte, und im Moment war er ihr hier in Florida so nahe, wie seit Jahren nicht mehr. Er hatte sich oft gefragt, ob ihre Wege sich noch einmal kreuzen würden, und was es für ihn bedeuten würde, wenn alte Leidenschaften wieder zum Leben erwachen würden.

      Innerhalb von Minuten wurden sie auf ihre Zimmer geführt. Drake blieb ganz Engländer und vergaß Trinkgeld zu geben. Ben trat an den Schreibtisch aus Eichenholz und ließ sich auf den Stuhl dahinter fallen.

      Der junge Mann sah sich neugierig um. »Laptop?«

      Drake warf ihm wortlos die Tasche zu, in der der Laptop war. Dann trat er an das rechteckige Fenster und betrachtete das Hotel auf der anderen Seite, bevor er hinab auf die lange schnurgerade Straße sah, die den Namen Collins Avenue trug.

      Die Stille war erdrückend, und die angestaute Energie fühlte sich an, als würde ein Löwe an seinen Gitterstäben knabbern. Zur Hölle mit dem glasklaren, blaugrünen Ozean, zur Hölle mit dem endlosen Sonnenschein und dem Strand von Miami. Was sie brauchten, waren Informationen über Hayden und ihr Team.

      Kennedy sah ihn von der anderen Seite des Zimmers aus an. »Denkst du das, was ich gerade denke?«

      »Ich hoffe nicht, denn dann wärst du eine Lesbe.«

      »Lass den Quatsch mal für eine Sekunde, mein kleiner Soldat. Mir ist schon klar, dass dein Hirn so verdrahtet ist, aber das hier ist ernst. Du weißt genau, was ich meine.«

      »Die haben uns ausgeschlossen und geben uns keine Infos. Die wollen uns hier nicht haben und die wollen erst recht nicht, dass wir uns einmischen.« Drake ignorierte ihren Kommentar und konzentrierte sich stattdessen auf die Mission.

      »So, wie wir uns bei Abel Frey eingemischt haben«, murmelte Ben.

      »Regierungen haben offenbar kein gutes Gedächtnis«, antwortete Drake und ging zu seinem Freund. »Oder Voraussicht.«

      Ben hatte auf dem Laptop Bermudadreieck in eine Suchmaschine eingegeben und studierte die Ergebnisse, während er die Spannung zwischen Drake und Kennedy ignorierte.

      »Hier steht so einiges. Flug 19 war offenbar der Erste, der in den Fünfzigern verloren ging. Hör dir das mal an, der Pilot sagte: Das Wasser hier ist vollkommen weiß, alles wirkt verkehrt. Wir wissen nicht, wo wir sind,

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