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getreten. Das Kreischen des Papageis ging im allgemeinen Lärm unter.

      Die Kettenkugel verließ den Lauf, glitt auseinander, entfaltete sich und ging in rasend schnelle Drehung über, während sie sich ihrem Ziel näherte. Der Großmast der Karavelle wurde in Trümmer gelegt. Noch während die Rahruten und Spieren knickten, splitterten und aufs Deck hinunterprasselten, wobei das Segel an zwei Stellen Feuer fing und sich fetter Rauch ausbreitete, erklang von der „Isabella“ her das schauerliche Dröhnen eines Fünfundzwanzigpfünders.

      Was das Geschoß anrichtete, konnten die Arwenacks wieder nicht sehen, aber sie erkannten, daß auch dieses Schiff fast vernichtend getroffen worden war.

      Der Seewolf schrie durch das Getümmel: „Feuer einstellen. Zielwechsel auf die Galeone!“

      Die Kriegsgaleone hatte sich herangeschoben. Sie bot der Schebecke die Steuerbordbreitseite. Aber gleichzeitig drohte sie mit eineinhalb Dutzend schwerer Geschütze. Wieder legte Pete Ballie das Ruder. Die Schebecke krängte weit nach Steuerbord und richtete sich zögernd wieder auf.

      Al Conroy hastete von Geschütz zu Geschütz. Er wollte brennend gern sehen, wie gut er getroffen hatte, aber seine dunklen Augen hingen an der drohenden Masse der Galeone, die aus den Geschützen des Mitteldecks eine Breitseite in Abständen von weniger als einem Atemzug abfeuerte.

      Wieder änderte die Schebecke ihre Richtung und bot dem Gegner fast nur das Heck. Sieben gischtende Fontänen sprangen vor, neben und hinter der Schebecke aus dem dunklen Wasser.

      Ein Geschoß kreischte ein paar Handbreiten über den Köpfen des Seewolfes und des Rudergängers durch die Luft.

      „Verdammt, die wollen’s wissen!“ schrie jemand.

      Die Galeone hatte sich in eine schwimmende Festung verwandelt, die der Wind und die Steuerkünste zwischen der „Wappen“, der „Isabella“ und der Schebecke der Seewölfe hindurchtrieben. Ununterbrochen spuckten ihre Geschütze Feuer, Geschosse und mächtige Wolken aus Pulverdampf. Undeutliche Schreie hallten über das Wasser.

      Al Conroy zündete eine Culverine nach der anderen.

      Als sich das letzte Geschütz dicht vor dem Achterdeck in einer schmetternden Explosion entlud, legte Pete Ballie abermals das Ruder, diesmal in die entgegengesetzte Richtung. Die Schebecke fuhr widerstrebend eine Wende durch den Wind.

      Al Conroy und die Zwillinge krochen, sprangen und hasteten nach Backbord. Die Schebecke tanzte auf der Stelle, hob und senkte sich, schüttelte sich und war der Mittelpunkt von hochschießenden Wellen und stäubendem Gischt.

      Die Mannen auf den beiden anderen Schiffen kümmerten sich ebensowenig wie die Seewölfe um die brennende, rauchende, leck geschossene Karavelle.

      Sie konzentrierten ihr Feuer auf die stolze Galeone, aus deren Rohren grelle Flammen schossen.

      Wieder brüllte dröhnend ein Fünfundzwanzigpfünder auf. Dann ein zweiter.

      In die donnernden Explosionen mischten sich die weniger lauten, weniger vernichtenden Schläge der leichteren Geschütze. Von beiden Schiffen wurde die Steuerbordseite der Galeone unter Feuer genommen und bestrichen, während sie vorbeistampfte.

      Und jetzt beendete die Schebecke ihre widerstrebende Wende. Die Segel knatterten und schlugen laut. Man verstand sein eigenes Fluchen nicht mehr.

      Wieder wartete Al Conroy voller Bedacht und zündete in quälend langen Abständen ein Geschütz nach dem anderen. Den exotischen Brandsatz hob er sich auf, er mußte ihn nicht einsetzen. Sie wollten die Dons nicht umbringen, sondern verhindern, daß sie weiterhin verfolgt und beunruhigt wurden.

      Sechsmal krachten die Geschütze. Sechs lange, grelle Feuerzungen leckten über das Wasser und durch die raucherfüllte Halbfinsternis. Sechsmal brodelten gewaltige Wolken von Pulverrauch auf, hüllten das Deck ein und zwangen die Seewölfe dazu, zu husten und sich abzuwenden, nach Luft zu schnappen und zu warten, bis der Wind das grauschwarze Zeug weggetrieben hatte.

      Dicht vor der Galeone sprangen zwei weiße Fontänen in die Höhe und überschütteten das Schiff mit prasselndem Guß. Seewasser fiel wie wütender Regen an Deck und löschte die ersten Brandnester.

      Vier Geschosse trafen die Planken, das Rigg, die Rüsten, das Schanzkleid und die Kampanje. Wieder wurden Körper wie Puppen umhergeschleudert. Wieder ertönte Entsetzensgeschrei, Schmerzschreie kreischten grell von Schiff zu Schiff. Mit knallend killenden Segeln drehte sich die leergeschossene Schebecke weiter, schwankte wie verrückt hin und her, nahm schwere Brecher über und beendete qualvoll langsam die Drehung.

      Aus den Backbordflanken der „Wappen von Kolberg“ und der „Isabella“ leuchteten die Feuer aus den Geschützmündungen.

      Ein Hagel von steinernen und metallenen Geschossen lag im Ziel, verwüstete die Galeone, drückte an vielen Stellen Planken ein, zerfetzte die Segel und ließ Tauwerk reißen, als wären es Spinnenwebfäden.

      Aus dem Ruder fetzten riesige Splitter.

      Die verzierte, bunt bemalte Heckgalerie hing nach unten wie der gebrochene Arm eines Kriegers.

      Segel breiteten sich wie Leichentücher über Teile des Decks aus. An den Rändern, dort, wo sie sich über die offenen Flammen von Bränden legten, fingen auch die feuchtklammen Leinwandmassen Feuer und brannten unter ungeheurer Rauchentwicklung.

      Die Galeone feuerte, als könne sie nicht aufgeben, zwei Drehbassen ab. Rund um die Schebecke prasselte das gehackte Metall ins Wasser, und stanzte ins heckwärtige Segel kleine Löcher. Dann beendete die Schebecke ihre Drehung und lief wieder vor dem Wind.

      Der Bug bäumte sich auf, das Schiff beschleunigte mit einem Ruck und schien sich über das aufgewühlte Wasser erheben zu wollen. Noch einmal schüttelte sich die Schebecke, dann brachte Pete Ballie sie wieder auf den alten Kurs.

      Die Dunkelheit nahm zu.

      An Steuerbord der Schebecke schoben sich hinter den riesigen Rauchwolken zuerst die „Wappen von Kolberg“ hervor, dann die „Isabella“. Noch während die Seewölfe versuchten, die Schäden auf der Galeone abzuschätzen, feuerten drei Geschütze aus dem obersten Deck der „Isabella“ in denkbar kürzesten Abständen auf die Galeone.

      Der vierte Schuß wäre schon überflüssig gewesen, denn die Schiffe waren aneinander vorbeigesegelt.

      Nur noch ein Mast stand auf der Galeone.

      An Deck herrschten Tod und Vernichtung. Die Wuhling aus Leinwand, Tauwerk und Hölzern war vollkommen. Die ersten Pützen wurden abgelassen und tauchten ins Wasser. Die letzte Schatzgaleone fuhr weit hinten vor der Kimm vorbei und löste sich aus dem Rauch, der sich ausbreitete und gleichermaßen auflöste.

      Keins der beteiligten Schiffe segelte jetzt auf einem Kurs, der es ermöglichte, aufeinander zu feuern. Das Heck der Karavelle tauchte tief in die Wellen, offensichtlich drang viel Wasser in den Rumpf. Grelle Flammen loderten mittschiffs der Galeone. Die „Aragon“ war schwer getroffen, aber es schien, als müsse sie nicht sinken und aufgegeben werden.

      Der letzte Nachhall der abgefeuerten Geschütze verging.

      Als das Klingeln und Summen in den Ohren langsam nachließ, rief Hasard: „Das war’s mal wieder, Freunde! Wir haben eine stürmische Nacht vor uns, aber sie wird ohne weitere Angriffe der Dons vergehen. Freiwache unter Deck! Helft unserem Meisterschützen mit seinen Rohren.“

      „Rum für alle? Oder Wein?“ schrie der Kutscher unter dem Achterdeck hervor.

      Der Affe schnatterte, als habe er begriffen, daß dieser Abtausch von Geschossen vorbei sei.

      „Wein oder Rum, gleichgültig“, meinte der Seewolf. „Aber nicht zuviel. Es wird eine windige Nacht.“

      „Aye, aye, Sir.“

      Die Culverinen wurden auf ihren klobigen Lafetten, eine nach der anderen, wieder zurückgezogen. Die Zwillinge bauten den Brandsatz ab und verstauten ihn wieder unter Deck.

      „Ja, das war’s“, meinte Ben Brighton und sah zu, wie die Segel getrimmt

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