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dann sagst du mir sofort Bescheid?« drängte er.

      Sie nickte.

      »Ja, versprochen.«

      »Und du sagst mir die Wahrheit?«

      Wieder nickte sie.

      »Was immer es ist.«

      »Danke, Bettina. Ich war mir bei Doris so sicher, wir hatten so viel Spaß miteinander, konnten zusammen lachen, uns unterhalten. Es gab viele Gemeinsamkeiten. Das kann doch nicht alles vorbei sein.«

      »Markus, ich will dir nicht weh tun, denn du bist mein Freund, aber eine unsichere Kandidatin war Doris von Anfang an. Sie ist eine Stadtpflanze und hat im Grunde genommen schon viel zu lange überlegt, ob sie auf Dauer hier leben kann oder nicht. Ich hatte während meines Studiums einen Kommilitonen, der kam aus Köln, und einer seiner Aussprüche war immer: Entweder man hätt’ et oder man hätt’ et nit. Und das stimmt, auf Doris übertragen. Landleben kann man nicht lernen, dafür muß man geboren sein, es tief in seinem Innern haben.«

      »Ich hab’ auch nicht immer hier gelebt, sondern bin erst hergezogen, nachdem mein Vater mir den Hof und alles, was dazugehört, vererbt hat«, erinnerte Bettina ihre Freundin.

      Linde winkte ab.

      »Du bist eine Fahrenbach durch und durch, du hast es im Blut.«

      Markus trank den Rest seiner Cola und stand auf.

      »Ich muß zurück ins Sägewerk«, sagte er, »vielleicht können wir uns ja mal zum Abendessen verabreden?«

      Linde und Bettina schauten sich an und erinnerten sich, ohne sich abgesprochen zu haben, daran, daß das letzte gemeinsame Abendessen nicht stattfinden konnte, weil Martin verunglückt war. Seither hatte es keine Verabredung mehr gegeben. War es nicht an der Zeit, wieder mal damit anzufangen?

      »Eine gute Idee«, sagte Linde, »das sollten wir allerdings schnellstens machen, noch vor der Geburt der Kinder.«

      »Die sollen doch erst in vier Wochen kommen.«

      »Oder früher, das weiß man bei Zwillingen nicht so genau. Also, wann treffen wir uns?«

      »Übermorgen?« schlug Bettina vor.

      »Super, übermorgen, neunzehn Uhr, und sag’ deinem Dreigestirn Bescheid, die können herzlich gern mitkommen, oder hast du was dagegen, Markus?«

      »Aber nein, im Gegenteil, ich mag alle drei sehr gern, und Leni und Toni sind doch auch als Paten vorgesehen.«

      »Eben.«

      »Nun gut, dann bis übermorgen, ich freue mich.« Markus verabschiedete sich von Bettina und Linde und verließ schnellen Schrittes den Gasthof.

      Bekümmert blickte Linde ihm hinterher.

      »Er ist ein so Netter, warum findet er keine passende Frau? Er erfüllt doch alle Voraussetzungen, er sieht gut aus, hat einen hervorragenden Charakter, ist klug und sehr vermögend, was zwar nicht unbedingt vorhanden sein muß, um glücklich zu sein. Aber er kann einer Frau ein sorgenfreies Leben bieten.«

      »Vielleicht wird da ja noch was mit Doris und ihm. Ich hab’ mich eigentlich für die beiden gefreut und hatte auch das Gefühl, daß sie gut zusammenpassen.«

      »Aber jetzt hast du es nicht mehr?«

      Bettina schüttelte den Kopf.

      »Ich bin da deiner Meinung. Wenn ich jemanden liebe, will ich mit ihm zusammensein.«

      »Wenn ich anstelle von Markus wäre, würde ich sie wirklich einfach abhaken. Guck mal, das Vertrauen ist doch hin. Selbst wenn sie sich wieder zusammenraufen sollten, weißt du, wie Doris reagiert, wenn Jörg wieder auftaucht oder ihr ein anderer Mann über den Weg läuft?«

      »Ja, Linde, ich weiß nicht, da bist du ein bißchen krass. So schlimm ist Doris nun auch wieder nicht. Sie war viele Jahre mit Jörg verheiratet, ohne nach links oder rechts zu blicken. Vermutlich wären sie noch immer zusammen, wenn Jörg nicht das Chateau Dorleac geerbt hätte. Das Leben in Frankreich war so anders für sie. Sie sprach kaum Französisch. Jörg hatte seine hochgestochenen Ideen mit den Musikfestivals und hat sich kaum um seine Frau gekümmert. Ich bin, ehrlich gesagt, froh, daß sie den Absprung gewagt und und gegangen ist, denn wie du weißt, hat sie in Frankreich dem Alkohol reichlich zugesprochen und wäre irgendwann sicherlich eine richtige Alkoholikerin geworden… Dieser Witwer hat ihr geholfen, aus diesem Sumpf herauszufinden. Schade, daß er in Doris nicht die Frau gesehen hat, die sie wirklich ist, sondern nur einen Ersatz für seine verstorbene Ehefrau, so nach dem Motto: Der Platz auf dem Sofa muß wieder besetzt sein. Es war ja in dem Fall auch nicht so, daß er sie mit Aufmerksamkeiten überschüttet hätte, nein, nach den Werbewochen war ziemlich rasch ein tristes Leben angesagt. Und gegen die beiden Töchter und die gräßliche Schwiegermutter, die Doris das Leben zur Hölle machte, kam sie nicht an. Ich wäre da auch abgehauen. Ja, und danach kam doch schon Markus. Ein so großer Männerverschleiß ist das ja nun wirklich nicht. Es kommt einem nur so vor, weil alles nahtlos ineinander überging. Auf mich machten die beiden, bis Jörg kam, einen sehr verliebten und glücklichen Eindruck.

      Ich hoffe sehr, daß es wieder was wird. Ich finde, sie passen zusammen.«

      Linde zuckte die Achseln.

      »Ich weiß nicht…, es gibt diesen schönen Satz: ›Kein Fluß fließt zurück, aufgewärmte Liebe taugt nichts.‹«

      »Noch ist nichts zu Ende, betrachte es einfach wie einen langen Urlaub, den Doris gerade macht. So eine Trennung muß jede Liebe verkraften.«

      Linde lachte.

      »Das sagst du nur, weil du sie gern in deiner Nähe haben möchtest.«

      »Auch das, schließlich ist sie, auch wenn nur angeheiratet und von meinem Bruder wieder geschieden, für mich immer noch ein Teil meiner Familie. Und ich mag Doris wirklich gern.«

      »Vielleicht hast du ja Glück mit deinem so plötzlich aus dem Nichts aufgetauchten Bruder Christian. Was du über ihn erzählt hast, klingt doch nett.«

      »Ja, er hat einen guten Eindruck auf mich gemacht, den Charakter und das Äußere hat er auf jeden Fall nicht von… unserer gemeinsamen Mutter geerbt, und das macht Hoffnung.«

      Bettina stand auf.

      »Und jetzt will ich dich mal mit deinen Abrechnungen allein lassen. Ich hab’ auch noch eine ganze Menge zu tun und meine Arbeit in der Destille ein wenig schleifen lassen, weil mich das mit Christian wirklich umgehauen hat. So etwas gibt es normalerweise doch nur in Romanen, aber nicht im wahren Leben.«

      »Ach, sag’ das nicht, das Leben ist manchmal noch sehr viel bunter als ein Roman. Darüber zu reden, hätte allerdings eine stundenlange Diskussion zur Folge, und so interessant ist das Thema nun auch wieder nicht. Grüß deine drei ganz herzlich von mir und vergiß nicht, sie in meinem Namen einzuladen – oder soll ich sie lieber selber anrufen?«

      »Mußt du nicht, meine Liebe. Ich richte es sofort aus. Sie werden sich freuen. Du kümmere dich lieber um deinen Papierkram, aber arbeite nicht zuviel.«

      Sie umarmten sich, winkten einander noch einmal zu, dann verließ Bettina den Gasthof, um schnellen Schrittes quer über den Markplatz zu ihrem Fahrrad zu laufen.

      Beinahe automatisch warf sie einen letzten Blick in den Gemischtwarenladen. Darin war kein einziger Kunde zu sehen, Frau Lindner im übrigen auch nicht. Vermutlich hielt sie sich in einem der hinteren Räume auf.

      Schade, es war ja so schade, daß es diesen Laden, dieses Relikt aus der Vergangenheit, einer schöneren Zeit, bald nicht mehr geben würde.

      Bettina vermied es, in Richtung Tierarztpraxis zu schauen, die seit Martins Tod verwaist war. Auch hier mußte bald etwas geschehen, irgendwann würde Linde sich Gedanken machen müssen. Ja, irgendwann, jetzt war es dazu einfach noch zu früh, weil es jetzt zu weh tat, die Räume zu betreten, in denen Martin so erfolgreich gewirkt hatte – ein Segen für die Tiere und deren Besitzer.

      Bettina schwang sich auf

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