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bräuchte. Leider sind die Interessenten nicht zahlreich genug. Nicht einmal zum Würzen nutzen die Köche, was ich zu bieten habe, denn alles und jedes wird hier in Salz eingelegt. Die Anwendungsgebiete für Spezereien sind vielfältig. Die neuen Manufakturen und alle Handwerker könnten welche brauchen, ob es Weber oder Schneider, Schmiede oder Köche sind. Die meisten hier wissen nicht, was man alles machen könnte, und es ist zu wenig Geld unter den Leuten, um etwas auszuprobieren. Solange die Stadt verschuldet ist, werden die Leute nicht wohlhabend werden. Deshalb bleibt mir für den Laden bloß das gewöhnliche Geschäft, das, was die Leute und die Handwerker der Umgebung benötigen. Seht.« Er ging die letzte Stufe in den Laden hinunter und wies auf die Regale.

      »Was in diesem Raum lagert, sind zu großen Teilen die Gewürze des Orients. Gewürze sind meist Samen von Pflanzen, die aus fernen Ländern stammen. Samen, Früchte, Blätter und Wurzeln sind jene Pflanzenteile, die unter den Spezereien den wichtigsten Platz einnehmen. Darüber hinaus verkaufen wir gewisse Teile und Absonderungen von Tieren sowie Mineralien und andere Dinge aus dem Schoß der Erde. Ich finde die Pflanzen am interessantesten und nützlichsten. Sie wachsen von selber nach, was bei den Mineralien strittig ist. Seht hier!« Er griff in einen kleinen Korb und holte eine Handvoll Pfeffer heraus. Die schwarzen Körner lagen ruhig in seiner Hand. Er zerrieb eins zwischen Daumen und Zeigefinger, ein beißender Geruch stieg auf. Magdalene sog ihn durch die Nase und musste niesen.

      »Ich mahle ihn erst vor den Augen der Kunden. Es ist eine frischere Würze, als wenn ich das Pulver lagere, und die Leute können genau sehen, dass ich sie nicht betrüge. Es ist holländischer Pfeffer. Sie bringen ihn zu Schiff aus Malabar. Es sind schöne dicke Körner, nicht wahr?«

      Er wartete ihre Antwort nicht ab, sondern holte einen anderen Korb heran. »Nägelein. Sie wachsen auf Bäumen, auf den Molukkischen Inseln, und ich kaufe sie ebenso von den Holländern wie den Pfeffer. Riecht mal«, er streckte ihr eine Handvoll hin. »Bei mir kaufen Apotheker und machen davon gut riechende Medizin. Die Nägelein sollen der Herzstärkung dienlich sein. Oder seht, das hier sind Muskaten-Nüsse, die Kerne einer Frucht, die die Holländer von der Insel Banda in Asien bringen, wo sie dreimal im Jahr geerntet werden. Die besten Nüsse sind jene, die innen rötlich marmoriert sind, außen grau. Wenn sie voll fettiger Flüssigkeit sind, ist das ein gutes Zeichen, dann sind sie frisch. Ich muss diese Dinge genau wissen, wenn ich Waren kaufe. Ich habe Fuhrwerke nach Holland laufen und war schon mehrmals in Hamburg und Amsterdam, um Spezereien zu prüfen, ehe ich sie kaufe. Muskatenöl stelle ich selbst her. Das kaufen die Apotheker, und ich stehe mit meinem Namen für seine Güte. Ihr könnt alle Apotheker in der Stadt fragen, Rehnikels Muskatenöl wird jeder loben. Es soll dick und goldgelb aussehen. Riecht an dieser Flasche: Besitzt das Öl nicht ein herrliches Aroma? Sein Geschmack ist heiß und beißend, so soll es sein.«

      »Wie macht man Muskatenöl?«, fragte Magdalene.

      »Das ist ganz einfach«, erklärte Herr Rehnikel. »Man zerstößt zuerst die Nüsse grob. Dann dämpft man sie in einem härenen Sieb, wohl bedeckt, und nach einer gewissen Zeit, wenn sie gut erwärmt sind, presst man sie, in ein Tuch eingedreht, zwischen zwei warmen Blechen aus. Hervor rinnt das gewünschte Öl.«

      Ganz einfach! Magdalene schnaufte bei seiner Erklärung. Herr Rehnikel zog ein Säckchen von einem Stoß Körbe herunter. Er schüttete grünliche Bohnen heraus, trocken und hüllenlos, und zeigte sie ihr auf seiner Handfläche. »Das ist Kaffee. Aus diesen Körnern ist das Getränk gemacht, das ich Euch bereitet habe.«

      »Muss man die Bohnen weichkochen?«, fragte sie.

      »Oh nein, da könntet Ihr lange kochen und hättet doch keinen Kaffee. Man röstet sie zuerst, als Nächstes zerstößt man die gerösteten Körner, um sie mit heißem Wasser und diversen Zutaten zu einem Getränk zu verwenden. In Leipzig wird Kaffee öffentlich an Männer ausgeschenkt. Tut mir den Gefallen und urteilt nicht sofort. Ihr nährt sonst das Gerücht, Kaffee wäre den Weibsleuten nicht zuträglich und sie hätten keine Ahnung davon.«

      Magdalene zog spöttisch die Nase kraus. »Wozu soll ich etwas trinken, was teuer und ungesund ist und mir nicht schmeckt?«

      »Mir hat der Kaffee auch nicht gleich geschmeckt«, er lächelte. »Zuerst dachte ich, er wäre bitter und wertlos, doch meine Meinung hat sich geändert. Wartet die verschiedenen Zubereitungen ab und urteilt erst danach. Was die Gesundheit angeht, kann ich Euch beruhigen. Mit allen Spezereien sagt meine Erfahrung, dass das richtige Maß entscheidet. Man darf Neues nicht gleich verwerfen.«

      »Ihr könnt Euch auf mich verlassen«, antwortete sie ruhig, »ich bin weder zimperlich noch böswillig und werde Euch nach bestem Wissen und Gewissen Auskunft über den Kaffee geben.«

      Herr Rehnikel warf einen prüfenden Blick auf sie, öffnete den Mund, wie um etwas zu sagen, verzichtete dann doch darauf. Er schüttete die Kaffeekörner zurück in das Säckchen und wandte sich der nächsten Spezerei zu.

      »Eine andere und ebenso teure Spezerei ist der Cacao, aus dem ich die Chocolate anfertigen kann. Ich habe noch nicht einmal ein Dutzend Portionen verkauft, es ist noch kein Gewinn damit zu machen gewesen. Wenn aber mehr Geld unter die Leute kommt, wird die Pfännerschaft dem Thalvogt nicht nachstehen wollen und so fort. Diese Bohnen hier kommen aus Nicaragua, einer fernen Provinz. Ich mahle sie und mische sie mit Zucker, Zimt und Vanille. Das kann man mit Sahne zu einem köstlichen Getränk machen; manche nehmen aus Ersparnis Milch. Oder man isst die Chocolate als einen Brei zum Nachtisch. Mancher Koch könnte herrliche Speisen daraus erfinden. Leider ist unsere Stadt nicht reich genug, um solche Blüten hervorzutreiben. Ich habe keine Illusion über die Ausdehnung dieses Geschäfts. Es macht mir einfach Freude, die Dinge zu bewahren.«

      Magdalene schaute sich im Laden um und griff wahllos nach einem mit roten Zeichen bemalten Kistchen, das vor ihr stand. »Was ist das hier?« Sie öffnete das Kistchen. Darin lagen mehrere rötliche Bälle von eigenartig glasiger Konsistenz.

      »Das ist Drachenblut. Ich habe es von der Insel Porto Santo bezogen, über einen Händler in Frankreich, der es mir in Frankfurt übergeben hat. Es wird aus Bäumen gewonnen, deren Stämme man anritzt und das heraus fließende Gummi auffängt. Es ist wirklich nur von dem Baum Rha und hat nichts mit Blut zu tun als die Farbe. Ich verkaufe es an Färber und Glasmaler und sie versichern mir, es sei die beste rote Farbe, die man bekommen kann. Man braucht wenig davon, deshalb mache ich keinen großen Gewinn damit. Es versetzt mich einfach mit Stolz, eine kleine Menge davon aufzubewahren.« Er ging im Laden umher und zeigte auf das Regal, dem sie die Kiste mit dem Drachenblut entnommen hatte. »Es ist alles geordnet. Dort sind auch alle anderen Gumme, die ich außer dem Drachenblut handele. Ihr findet dort Arabischen Gummi, Englischen Gummi, Gummi von Senega, Tragant, Gummi Lacca, Terpentin, Barras und Theer. Das Englische Gummi zum Beispiel verkaufe ich an den Haarschneider des Thalvogts, der es für dessen Frau benutzt. Sie hat die Löckchen links und rechts der rosigen Wangen dem englischen Gummi zu verdanken.«

      Magdalene war neugierig. »Was ist Tragant?«

      »Tragant sind diese kleinen Stücklein«, er öffnete eine Dose, »wie Würmer gekrümmt. Hier habe ich schwarzen Tragant, der kommt von der Staude Bocksdorn, die in Syrien wächst. Ich verkaufe ihn an zwei Kürschner in Leipzig.«

      Magdalene griff in eine andere Schachtel und zog ein Stöckchen von der Länge und Dicke eines Fingers hervor. Es war rundherum rötlich, hart und durchscheinend; Herr Rehnikel nahm es ihr aus der Hand und hielt es gegen das Licht. »Ein eigenartiger Stoff, nicht wahr?« Sie nickte pflichtschuldig. »Er stammt aus Persien, nennt sich Gummi Lacca, und ich habe sagen hören, dass es Insekten wie unsere Fliegen sind, die ihren Dreck auf kleine Stöckchen, in die Erde geschoben, machen. Gewaschen, getrocknet, ist es das, was wir hier sehen. Ob die Geschichte wahr ist, kann ich nicht sagen. Ich handle damit an Maler und Siegelwachsmacher und sende einiges nach Anhalt und Polen. Und dies hier ist Terpentin«, er hielt eine dunkelbraune Glasflasche hoch, »die Buchdrucker brauchen es zu Farbe. Ich verkaufe auch Schmieden davon. Darauf müsst Ihr achtgeben, denn es kann ein schlimmes Feuer machen. Ich habe einmal Öl daraus destilliert, dabei ist mir ein Gefäß zerbrochen; es wäre mir schlecht bekommen, hätte nicht mein Geselle schnell seinen Mantel auf die Flammen geworfen.« Es war eine der Geschichten, derentwegen ihm die Leute misstrauten. Er lächelte

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