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auch an dem Vertrag liegen, den ihm sein amerikanischer Verleger für den Nachdruck und Vertrieb seiner letzten beiden Bücher angeboten hatte. Mit der Übersetzung ins Amerikanische würde auch der englische Markt erschlossen und vom Heimatgeschäft hoffte er, dass die Nachfrage noch anhielt.

      Zum zweiten Auktionstag, vier Wochen später, waren fast alle Stühle im Festsaal besetzt und Gunther war froh, in der letzten Reihe noch einen freien Stuhl zu bekommen. Gunthers Herz sank in die Hose. Er hatte das bedrohliche Gefühl, dass ihm etwas schon lieb gewordenes genommen werden sollte.

      Und dann ging alles viel schneller, als ihm so recht bewusst wurde. Der Auktionator rief das erste Gebot mit 1,4 Millionen € auf, das als Forderung der Bank an die Gläubiger ins Internet gestellt war. Gunther hob sofort seine Karte. Die Mehrheit der Anwesenden wartete wohl noch auf die glatte Million oder weniger. Gunthers Rechnung ging auf. Als der Auktionator 1,5 Millionen aufrief, gab es keine Bewerber. Auch die Männer in den abgewetzten schwarzen Anzügen, die auch im Saal anwesend waren und schon am ersten Auktionstag kein Angebot abgegeben hatten, gaben kein Gebot ab. Sie hatten wohl Order, nicht über das Eröffnungsgebot hinauszugehen.

      Wie auch immer! Gunther war zufrieden mit seiner raschen Entscheidung. Diesen Preis würde er bei einem notwendigen Wiederverkauf mit Sicherheit auch erzielen. Umso mehr, als hier kein 20 prozentigen Versteigerungsaufschlag erhoben wurde, wie er bei Kunstauktionen üblich ist.

      Während der Saal sich leerte, wickelte Gunther mit den drei Herren am Auktionstisch die notwendigen Einzelheiten ab. Erst einmal waren 250.000 € als Anzahlung, laut der Auktionsbedingungen, zu leisten, wozu Gunther einen Scheck ausstellte. Alle Unterlagen, Bauzeichnungen, Grundrisse und eine Übersicht der bisherigen Sanierungen, sollten ihm zugeschickt werden.

      Gunther fragte die Herren neben dem Auktionator, die wohl dem Vorstand der Gläubigerbank angehörten, nach der Gräfin von Grainau-Solms, die noch im Haus leben sollte. Das wurde bejaht, und Gunther wurde an Frau Hanna Schütz, die Pflegerin der Gräfin verwiesen, die im Saal anwesend war und das Geschehen an unserem Tisch von der Tür aus aufmerksam beobachtete.

      Als am Tisch das Notwendige abgewickelt war und Gunther sich von den Herren verabschiedet hatte, steuerte er zu dieser Frau, die ihn neugierig und mit einem ängstlichen Gesichtsausdruck musterte. Dazu ließ Gunther sich keine Zeit, sondern bat sie, ihn bei der Gräfin zu einem Gespräch anzumelden. Das tat sie sofort über ein Handy, das sie in ihrem Jackenkleid bei sich trug. Sie sprach ein paar Sätze und trug sein Anliegen vor.

      „In 20 Minuten wäre ein Gespräch möglich, die Gräfin sei auf diese Begegnung in ihren Räumen nicht vorbereitet", sagte sie nach dem Ende ihres Telefonats und bat Gunther herzlich vorab in ihre Wohnung, offensichtlich um ein eigenes Problem loszuwerden.

      Sie hatte mit ihrem Mann und ihrer Tochter eine Dreizimmerwohnung mit Küche und Bad in der oberen Etage des ersten Innenhofes auf der Westseite.

      Sie bat Gunther in ihr Wohnzimmer und bot ihm eine Tasse Kaffee an. Offensichtlich hatte sie mit diesem Gespräch gerechnet oder gewünscht, dass es zu Stande käme.

      Gunther fragte sie als erstes, wie es zu dieser Besitzaufgabe und Versteigerung des Schlosses gekommen sei, wo doch die Gräfin als Besitzerin noch im Hause lebte.

      Frau Schütz berichtete, dass der Vorbesitzer, der Sohn der Gräfin, durch einen tragischen Unfall mit seiner Familie, seiner Frau und den zwei Kindern in Kroatien vor einem Jahr ums Leben gekommen sei. Die Banken hätten mit ihren Forderungen lange gewartet, nun aber das Anwesen versteigern müssen, da alle Verkaufsbemühungen gescheitert waren.

      Die Gräfin sei 89 Jahre alt und pflegebedürftig. Seit acht Jahren pflege sie die alte Dame und sei ihr mit Familie in das Schloss gefolgt, als auch ihr Mann hier eine Anstellung als Hauswart und Förster gefunden habe.

      Jetzt hätte sie Sorge, wieder ausziehen zu müssen und die alte Dame allein zu lassen. Während Frau Schütz ihre Sorgen ausbreitete, läutete ihr Handy und sie erhielt die Nachricht, dass die Gräfin Gunther erwarte.

      Gunther bat, ihm den Weg zu zeigen und versprach, nach seinem kurzen Besuch bei der Gräfin noch einmal vorbei zu kommen und das begonnene Gespräch fortzuführen.

      Kap 6

      Die Reichsgräfin von Grainau-Solms war eine ungewöhnliche Frau. Trotz ihres Alters von 89 Jahren mit jeder Bewegung eine Dame. Gunther war nach dem Avis durch die Pflegerin eingetreten und hatte, als die Gräfin sich zur Begrüßung von ihrem Lehnstuhl erheben wollte, herzlich gebeten, doch bitte sitzen bleiben zu wollen.

      Frau Schütz hatte sich kurz nach dem Befinden und den Wünschen der alten Dame erkundigt und dann respektvoll zurückgezogen.

      „Bitte nehmen Sie hier neben mir Platz", bat ihn die Gräfin. „ Ich kann nicht mehr so gut sehen und möchte den neuen Eigentümer des Hauses doch ein wenig genauer in mein Bewusstsein aufnehmen.“ Gunther glaubte dabei eine Spur von Trauer in ihren Worten zu hören. Er nahm auf dem ihm angebotenen Stuhl Platz und bat, ohne längere Vorrede auf sein Anliegen kommen zu dürfen.

      „Ich habe von dem großen Leid erfahren, dass ihnen widerfahren ist", begann er, „und bin mir bewusst, welche schicksalhafte Bedeutung ein Eigentümerwechsel für Sie haben muss. Mein Anliegen ist, von ihnen ihre Vorstellungen über ihre eigene, weitere Zukunft zu erfahren und, wenn sie es zulassen, auch über ihre finanzielle Situation zur Absicherung ihres Lebensabends.“ Gunther war sich im Unklaren, ob es richtig sei, nach dem ‚Lebensabend‘ zu fragen, aber seinen Schwerpunkt legte er auf die ‚Absicherung‘, und dies machte er auch deutlich.

      „Was die Absicherung meines Lebensabend anlangt, wie sie sagen, habe ich noch immer keine abschließenden Vorstellungen, da ich das Ergebnis der Versteigerung nicht kenne. Die Rücksprache mit unserer Bank steht noch aus. Ich bitte Sie also diesbezüglich noch ein paar Tage zu warten. Frau Schütz wird sie anrufen und mit ihnen ein zweites Gespräch vereinbaren, wenn es ihnen genehm ist.“

      Sie hatte Gunther nach dem Ergebnis der Auktion nicht gefragt, wie es ihr Erziehung und Takt geboten, ihn aber veranlasste, darauf direkt einzugehen.

      „Ich habe auf das höchste Eingangsgebot geboten, das die Forderungen der Banken abdeckt. Das Anwesen ist jetzt schuldenfrei. Ein höheres Gebot hat es im Saal nicht gegeben.“

      Ihre Enttäuschung darüber war zu spüren. Sie schwieg eine kurze Weile. Sagte dann aber mit fester Stimme: „Ich werde dann jetzt wohl unseren Wald verkaufen, der nicht im Bieterverfahren zum Verkauf stand. Das wird für ein bescheidenes Leben ausreichen. Die Versicherungen und Zuwendungen der Kanzlei meines Sohnes sind in dem Jahr seit dem Unglück aufgebraucht worden, durch ausstehende Forderungen, die nicht mehr durch Bankkredit gesichert waren.“ Sie schwieg wieder einen Moment und sprach dann weiter: „Der Bürgermeister von Kranichfeld hat mir angeboten, ein nicht zu kleines Zimmer für mich in der Stadt zu finden, dass es mir auch möglich macht, meine ‚Hilfe‘ weiter zu behalten. Ich bin leider darauf angewiesen.“

      Sie wechselte das Thema und sah Gunther dabei fast bittend an. „Das ist meine größte Sorge. Ich habe deshalb die große Bitte an jeden künftigen Eigentümer, die Eheleute Schützt weiter zu beschäftigen. Herr Albrecht Schütz ist ein ausgemacht gewissenhafter und zuverlässiger Hausmeister, handwerklich sehr geschickt. Die meisten kleinen Reparaturen, Maurer-und Malerarbeiten macht er selbst. Er hat den Beruf eines Autoelektrikers gelernt. Das ist für die Wartung der komplizierten und verzweigten Elektro-Anlagen hier im Haus von unschätzbarem Wert.“

      Die alte Dame hatte sich beim Vortrag ihres Anliegens sichtbar engagiert und blieb bei diesem Thema. „Das würde mir auch erlauben, Frau Hanna Schützt weiter als ‚Hilfe‘ zu haben, solange sie hier im Haus nicht voll gebraucht wird."

      „Das wird im nächsten halben Jahr mein Problem sein“, sagte Gunther. „Ich möchte sehr offen mit ihnen darüber sprechen. Ich habe für die Kaufsumme nur ein Viertel auf der Bank, 400 T € wird, so hoffe ich, der Verkauf meines Hauses, in dem ich 50 Jahre gelebt habe, bringen. Als Bürgschaft für die Bank werden die Tantiemen-Verträge meiner Bücher, die ich geschrieben habe, herhalten müssen. Da bleibt mir für das nächste halbe Jahr nur eine Leibrente zum eigenen Verbrauch, die ich noch aus meinem Berufsleben

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