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Meine irdischen und himmlischen Wege. Manfred Höhne
Читать онлайн.Название Meine irdischen und himmlischen Wege
Год выпуска 0
isbn 9783749781386
Автор произведения Manfred Höhne
Жанр Контркультура
Издательство Readbox publishing GmbH
Das Foyer des Festsaales, das Gunther schon bei seinem ersten Besuch so nachhaltig gefesselt hatte, beeindruckte auch Almuth sichtlich. Umso mehr als der Festsaal mit seinen 10 x 20 m, seinen Säulen und mannshohen Spiegeln, seinen Lüstern, herrlichen bleiverglasten Fenstern nach beiden Seiten und dem mythischen Plafond, der sich über die Decke tragenden Holzbalken, bis in die Raumwinkel zieht, mehr in einem Fürstenschloss als in einer Wasserburg zu erwarten war.
Gunther wollte Almuths Fragen, die ihr offenbar auf der Zunge lagen, zuvorkommen und zog sie ins Foyer hinaus und über die hohe Doppeltreppe in das Obergeschoss.
Hier zeigte er ihr die Gästezimmer, die schon renoviert aber noch nicht möbliert waren und die beiden, über die Seitenflügel des zweiten Innenhofes führenden Flure mit ihren Zimmerfluchten, die in die Wohnbereiche führten. Gunther geleitete Almuth zu dem rechten, westlichen Wohnturm, dessen schwere, kunstvolle Eichentür einen Spalt breit offen stand, als erwarte er schon ihren Antrittsbesuch. Gunther erklärte, dass der dort aufgeschüttete Boden aus grobem Stein-Split zum Einbau einer Fußbodenheizung vorgesehen sei. Er führte sie durch die kleine Pforte im Winkel zwischen der Wand des Turmes und der Außenfassade des Wohnbereiches auf die riesige Terrasse, die einmal Teil der Außenbastionen war.
Hanna hatte unter einem großen Sonnenschirm zwei Gedecke auf dem Terrassentisch aufgelegt, und Gunther bat Almuth sich zu setzen. Sie aber lief die 10 m zu den Zinnen, die in die Mauer eingelassen waren, und schaute auf den See, der sich in der frühen Nachmittagsonne weit nach beiden Seiten und nach Südwesten erstreckte.
Sie stand lange dort und als sie zurückkam und sich zu Gunther an den gedeckten Tisch setzte, war ihre erste Frage: „Was soll denn dieses Schloss kosten, das ist doch unbezahlbar!“ „Nichts", antwortete Gunther, „ nichts - es ist alles schon bezahlt. Es gehört uns."
Dass es zu Zweidrittel auf Pump gekauft war, verschwieg er geflissentlich. Aber er war auf alle Fragen vorbereitet. „Was hat das Schloss gekostet“, wollte nun Almuth wissen. Wie immer war diese Frage ihr die wichtigste, wichtiger, als ein Wort der Anerkennung oder einer Bewertung des eben Geschauten. „ Ein Viertel oder ein Fünftel seines Wertes", antwortete Gunther, wohl wissend, dass ihm nur Sekunden blieben, den genauen Betrag zu nennen. „1,4 Millionen ", kam Gunther ihr zuvor. Während er sich eine Tasse von dem bereitgestellten Kaffee eingoss, erzählte er ihr die ganze Geschichte, diesen Krimi, vom ersten Besichtigungstermin, den beiden Auktionstagen und der Vereinbarung, die er mit der Familie Schütz für das erste halbe Jahr ihrer Weiterbeschäftigung getroffen hatte. Gunther berichtete auch, wieso das Anwesen zum Verkauf stand, von dem tragischen Unfall, die dem Besitzer und seiner Familie den Tod gebracht hatte. Er erzählte auch von der 89 jährigen Gräfin und dem Angebot, das er ihr aus sozialer Verantwortung und Dankbarkeit für den unerwarteten Millionenerwerb, einfach machen musste. Gunther sagte ihr, dass es jetzt nicht möglich sei, unangemeldet einen Antrittsbesuch bei der fast 90 Jährigen zu machen. Er führte sie über die Seitentreppe, die als Fluchtweg bei Feuergefahr ausgebaut war, aber schon seit Jahrhunderten bestand, in das Untergeschoss und von dort über den langen Weg in den Bereich der kleine Pforte, die das Schloss über einen in die Außenmauer eingelassenen Fußsteig mit der großen Steinbrücke am Tor verbindet.
Hier berichtete Gunther von seinen Gesprächen mit dem Bürgermeister von Kranichfeld und den Plänen, die er um den Preis einer Gemeinnützigkeit realisieren wollte. Solchen Hinweisen auf Steuerersparnisse war Almuth immer aufgeschlossen und sie ließ sich durchaus interessiert zeigen, wo die 10 Zimmer für Wanderer auf der Unterburg der Ostbastion entstehen sollten.
Gunther wollte nun über die kleine Pforte das Schloss verlassen, erinnerte sich aber, dass er Hanna einen Besuch angekündigt hatte. Er sagte das zu Almuth und diese zeigte sich sehr interessiert, Hanna und Albrecht kennen zu lernen. Und diese Entscheidung war richtig.
Den angekündigten Besuch zu vergessen, hätte sicher das Verhältnis zu den beiden, besonders zu Hanna belastet. Sie hatte in ihrer guten Stube den Tisch zum Essen gedeckt und ein verspätetes Mittagessen über 1 Stunde warm gehalten. Gunther entschuldigte sich dafür mit dem Hinweis, dass es so viel für Almuth zu schauen gegeben habe und er auch mit einem Mittagessen nicht gerechnet hätte.
Hanna war eine Meisterköchin, sie hatte 15 Jahre als Köchin in Restaurants und Hotels gearbeitet. Heute gab es Forelle ohne Gräten, gebacken, mit Salzkartoffeln. Irgendwann musste Gunther bei seinen ersten Gesprächen gesagt haben, dass seine Frau Fisch zum Essen bevorzuge oder es war einfach ein Zufall. Es war ein vorzügliches Essen, was Almuths Bereitschaft zu einem herzlichen Gespräch außerordentlich beförderte.
Gunther sprach mit Albrecht über die Baupläne auf der Ostbastion. „ Ich habe mir die Pläne angesehen. Sie sind gut, aber ich möchte sie ein wenig ändern, um nicht zu viel Fläche auf der Ostbastion damit zu überbauen“, sagte er.
So ergaben sich zwei Gesprächsrunden und Gunther war Hanna dankbar, dass sie sich, bei aller Bescheidenheit der neuen Besitzerin gegenüber, nicht unterbuttern ließ.
Er war schon drauf und dran zum Aufbruch zu drängen, als Anna-Maria in die Stube trat. „Unsere Tochter Anna", sagte Albrecht und umarmte seine Tochter, die auch die Mutter und uns begrüßte.
„Wir haben dich schon zum Essen erwartet", sagte die Mutter. „ Es ist schön, dass du noch gekommen bist, um unseren neuen Patron und seine Frau kennen zu lernen." Die Tochter setzte sich zu uns.
„Ich musste einen Bus später nehmen“, sagte sie. „Auf meiner Station haben sich heute eine Fachkraft und zwei Pflegehelferinnen krankgemeldet. Ich hatte nicht einmal Zeit euch anzurufen."
„Unsere Tochter hat nach dem Abitur zwei Jahre im Krankenhaus gearbeitet und jetzt seit zwei Jahren ihre Ausbildung als Pflegefachkraft gemacht und die Prüfung wird sie auch bestehen“, erklärte die Mutter.
Gunther beglückwünschte sie zu ihrer Entscheidung. „Die Fachkräfte für Pflege in den stationären und ambulanten Diensten werden bald immer knapper in Deutschland", sagte er. „ Machen Sie Ihren Abschluss und lernen sie gleich weiter, am rarsten sind schon heute gute Pflegedienstleiter. Aber, um Sie nicht mit ihrer Mutter durcheinander zu bringen, werde ich Sie vielleicht Anne oder Annie nennen“, setzte er lächelnd hinzu.
„Zuerst bitte ich Sie aber Du zu mir zu sagen, wie sie meine Eltern nennen, sonst fühle ich mich ausgeschlossen“, lächelte nun sie, „und welchen Namen Sie für mich verwenden, können Sie sich aussuchen. Ich habe drei: Anna-Maria, Rebecca und Mercedes. Meine Mama wird Ihnen dies bestimmt einmal erklären“, lachte sie und ergriff die Hand ihrer Mutter.
Es war schon nach vier Uhr, als Gunther und Almuth aufbrachen.
Endlich, auf der Heimfahrt, kam von Almuth ein erstes anerkennendes Wort über das neue Anwesen, die imposante Kulisse und die Lage im See - und natürlich den See selbst, der ihr wohl am meisten Eindruck gemacht hatte.
Sie sprachen noch das eine oder das andere über das Schloss und das Hausmeisterehepaar und die Landschaft.
Gunthers Gedanken aber waren in dieser Wohnung geblieben. Bei den guten Gesprächen, bei Hannas vorzüglichem Mittagessen - vor allem aber bei Anna-Maria, Gedanken, die ihn seltsam bewegten.
Kap 11
Jetzt wusste ich wer die beiden waren, die rechts neben mir auf der unendlichen Straße zu dem unerkannten Ziel unterwegs waren. Die Frau mit der prominenten Nase und dem harten Kinn gehörte dem Gemeindekirchenrat von St.Ulrich an. Nein, sie war der Gemeindekirchenrat!
Wie oft dessen Vorsitz auch wechselte, sie blieb immer dabei. Sie organisierte und kontrollierte, sie schmückte und begleitete alles, was mit Kirchenbesuch und Gemeindemobilisation zu tun hatte. In den letzten Kriegsjahren hätte sie wohl auch die Sonntagspredigten ‚verlesen‘, als die Pfarrer und Pastoren im Krieg waren, wäre sie damals schon auf der Welt gewesen.