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schon wieder aus dem Schatten der Hütten und beäugten aus ihren Glitzeraugen die Eindringlinge.

      „Hier kriege ich kein Auge zu“, stieß Burton hervor.

      „Um so besser, dann können wir schlafen.“ Grant lachte hämisch.

      Burtons Pferd trug seinen Reiter an die Tränke und soff ebenfalls.

      Merrill zog den Eimer herauf und goss noch mehr Wasser in die Tränke.

      Grant verließ die Kumpane, näherte sich dem ehemaligen Drugstore und trat gegen die Tür. Sie schwang jedoch nicht nach innen, sondern fiel von den durchgerosteten Angeln und schlug dumpf in den mit staubüberzogenen Gerümpel angefüllten Laden.

      Eine Eule floh mit lautem Kreischen und heftigem Flügelschlag durch das geborstene Fenster, flog über die Banditen am Brunnen hinweg und tauchte im Dunkel unter.

      Die Ratten huschten unter das Gerümpel, tauchten in Löcher und krochen unter die teilweise noch vorhandenen Dielen.

      Das nackte Grauen befiel den eiskalten Killer bei der Vorstellung, hier eine Weile zubringen zu müssen.

      „Wollen wir nachsehen, ob in der Kneipe noch Whisky zu finden ist?“, fragte Grant.

      „Nachsehen kannst du, wenn du mit der Zeit doch nichts anzufangen weißt“, entgegnete Merrill. „Aber finden wirst du mit Sicherheit nichts, Andy.“

      Burton zog sich zu den anderen zurück.

      „Der Wolf muss hier auch noch Beute gewittert haben“, sagte Grant. „Also liegt auch noch manches herum.“

      „Unsinn. Das war ein alter Geselle, der sein Rudel verloren hat und darauf angewiesen ist, den Ratten aufzulauern.“ Abermals zog Merrill den Eimer auf den Brunnenrand, legte seinen Hut daneben, trank aus zusammengelegten Händen, wusch sich das Gesicht ab und stieß den Eimer mit dem Ellenbogen in den Schacht.

      Laut scheppernd von Wand zu Wand fliegend stürzte das Gefäß in die Tiefe.

      „Und ich?“, maulte Grant.

      „Du kannst dich gefälligst selbst bedienen.“ Merrill stülpte den Hut auf, nahm sein Pferd am Zügel und führte es zum ehemaligen Saloon. Dem Vordach fehlten ein paar Stützen, so dass es mit einem Knick mitten drin fast bis auf die Veranda hing.

      „Wir könnten doch auch außerhalb von Boomtown auf die anderen warten“, schlug Burton vor.

      Grant lachte darüber lauthals: Merrill hörte gar nicht zu. Von der Seite her führte der Bandenführer sein Pferd auf die Bretter der Veranda vor der Kneipe und in das Loch hinein, an dem einmal rechts und links die Schwingflügel angeschlagen gewesen waren.

      Auch in dem verlassenen Saloon drangen die Geräusche der Ratten lauter als das Knarren der Dielenbretter an die Ohren des Banditen. Sie huschten über den Boden, den Tresen, die verstaubten Regale, über Trümmer, Pfosten und Wände weg und schienen den langen Raum zu Hunderten zu bevölkern.

      Draußen feuerte Burton aus seinem Revolver, was die Tiere im Saloon nicht im Geringsten störte.

      Merrills Pferd wieherte und schlug krachend mit einem Eisen auf die Dielen. Das Holz brach. Unsichtbar wirbelte Staub auf.

      „Hör auf, Tony, du vergeudest nur deine Patronen“, sagte Grant. „Und wenn du Pech hast, werden sie auf dich besonders neugierig!“

      „Wir können so gut wie hier hinter der Stadt warten.“

      „Frank hat keine Lust dazu, das kann dir doch nicht entgangen sein, Tony. Und ich auch nicht. Hier sind wir sicher. Los, vielleicht finden wir doch irgendwo eine Flasche Whisky!“

      Merrill sattelte in der Kneipe sein Pferd ab. Die vielen Ratten verursachten ihm selbst ein unbehagliches Gefühl. Aber jetzt erschien ihm der Rückzug aus dem Nest ohne Prestigeverlust unmöglich.

      Grant polterte mit seinem Pferd über die Veranda und führte den Braunen in den Saloon.

      Indessen suchte Merrill die Decke nach einer Lampe ab und fand in der Tat einen intakten Leuchter mit zwei Armen. Als er am Pfosten ein Schwefelholz anrieb, erkannte er Petroleum in den Glasbehältern. Er zündete die Dochte an, ließ das Schwefelholz fallen und stellte den Stiefel darauf.

      Die Helligkeit vertrieb die Ratten aus dem Blickfeld der Banditen.

      „Tony, hier sind sie abgehauen!“, rief Grant.

      6

      Ein Sonnenstrahl spielte an der Wand in der Kammer und vergoldete den Raum bis zur Decke hinauf.

      Manuela blickte Doc Walter an. Der Arzt richtete sich neben ihr am Bett auf und lächelte zuversichtlich.

      „Noch vier bis fünf Wochen, Manuela, dann werden Sie Ihr Kind haben.“ Doc Walter wandte sich ab, packte auf dem Nachttisch seine schwarze Instrumententasche zusammen und wandte sich der Tür zu.

      „Kann ich wieder aufstehen, Doc?“

      „Selbstverständlich. Sie gehen ganz normal Ihrer Arbeit nach. Vermeiden Sie Hast und schweres Heben und Aufregung natürlich. Ich schaue in ein paar Tagen wieder herein.“

      „Danke, Doktor.“ Manuela setzte sich auf die Bettkante und griff nach ihrem Kattunkleid auf dem Stuhl.

      „Schon was von Carringo gehört?“

      „Nein, nichts Neues. Ich hoffe, er kehrt bald nach Prescott zurück.“

      Manuela zog das Kleid über, stand auf und zupfte an sich herum.

      Doc Walter schaute zurück und lächelte. „Sie können es nicht verbergen, dass Sie ein Kind erwarten, Manuela.“ Er stülpte seinen Hut auf. „Also dann.“

      „Auf Wiedersehen, Doktor!“

      Walter verließ das Haus und schritt die Phoenix Street zur Stadtmitte hinunter, um noch einen Patienten in der Wagon Road zu besuchen.

      Beim Mietstall kurz vor der ersten Ecke standen drei Fremde mit dem Stallbesitzer, heruntergekommene, verstaubte Gestalten, die wenig vertrauenerweckend aussahen.

      Die Kerle beobachteten den in der Nähe vorbeigehenden Arzt und schauten ihm nach.

      „Also unter einem Dollar für alle drei Tiere geht nichts.“ Der brummige Stallbesitzer wollte sich abwenden.

      „He, langsam, Mister!“ Luck Older hielt den kleinen Mann fest. „Hat doch kein Mensch gesagt, dass wir keinen Dollar bezahlen wollten. In Ordnung, wir stellen die Gäule bei Ihnen ein.“

      Older drückte dem Stallmann einen Dollar in die Hand.

      „Na also, warum nicht gleich so.“ Der Stallmann nahm den Banditen die Pferde ab und führte sie in den Hof.

      „Unsere Gewehre!“, rief Regan.

      „Die könnt ihr ruhig in den Scabbards stecken lassen. In meinem Stall wird nichts geklaut.“

      „Hoffentlich nicht“, murmelte Curtis misstrauisch.

      „Habt ihr es gesehen?“, flüsterte Older.

      „Was?“ Regan drehte sich um.

      „Der Doc verließ Carringos Haus.“ Older zog einen Lageplan der Stadt Prescott unter der Jacke hervor und deutete auf ein Haus, neben dem ein Kreuz aufs Papier gemalt war.

      Die Kerle blickten auf seinen Finger und dann die Straße hinauf.

      „Eins, zwei, drei“, zählte Regan. „Genau, da trat er heraus.“

      „Der wird doch nicht krank sein?“, meinte Curtis.

      „Ich schlage vor, wir hören uns erst mal um“, erwiderte Older.

      „Genau!“ Regan nickte. „Und essen was Ordentliches in einem Saloon. Mir ist schon schlecht vor Hunger!“

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