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in der herabsinkenden Nacht zu erkennen.

      „So, Tony, nun zeig uns, was dein Vorschlag taugt. Aber steige von hinten auf den Tank.“

      Burton grinste den Kumpan an. Auf der dem Zug abgewandten Seite erklomm er den Wassertank und tauchte hinter dem massigen Behälter unter.

      Wieder schrillte ein Pfiff. In der Hütte quälte sich der Streckenwärter mit den Fesseln ab, die er bisher noch nicht hatte lockern können.

      Grant huschte über die Schiene und versteckte sich an der Waldspitze zwischen den Krüppelkiefern.

      Bremsen kreischten. Gestalten huschten über die vier Dächer hinter der Lokomotive des Zuges, drehten an den Handrädern und nahmen damit rasch die Fahrt aus der Wagenschlange. Die Klötze an den Rädern wurden heiß und gaben kreischende Geräusche von sich. Ein Rad blockierte und rutschte über die Schiene. So erreichte der kurze Zug die Versorgungsstation und blieb schnaufend und prustend zwei Yards vor dem Wassertank stehen.

      „Buzz?“, fragte der Lokführer und beugte sich aus dem Fahrstand. „He, wo steckst du denn, altes Haus?“

      „Scheint wieder mal abwesend zu sein“, meinte der Heizer, dessen geschwärztes Gesicht neben dem Führer auftauchte. „Hat schon mehr als einmal die Ankunft des Zuges im Wald verpennt.“

      Merrill duckte sich tiefer ins Dickicht neben der sturmzerzausten Hütte.

      „Buzz?“, schrie der Lokführer lauter.

      Inzwischen stiegen die Bremser ins Dienstabteil zurück.

      „Wir werden uns selbst kümmern müssen.“ Der Heizer beugte sich aus dem Fahrstand und griff nach dem Rohr, das vom Wassertank herunterhing und über ein Seil, das den Schieber öffnete und schloss, betätigt werden konnte. Der Mann wollte das Rohr zum Wassertank neben dem Kessel schwenken. Bevor er jedoch dazu kam, öffnete sich die Klappe von einem zweiten, nach oben führenden, Seil gezogen. Ein heftiger Wasserstrahl schoss aus dem voll offenstehenden Rohr und warf den Heizer in den Fahrstand zurück. Auch der Lokführer wurde getroffen, rutschte auf den glatten Eisenplatten aus und stürzte.

      Merrill und Grant federten auf beiden Lokseiten hoch, sprangen in das Gefährt und schlugen die durchnässten, völlig überraschten Männer nieder.

      „Los, binden!“, befahl Merrill.

      Grant zog Stricke aus der Tasche.

      Vom Wasserbehälter sprang Burton gewandt auf die Lok und enterte den Fahrstand. Binnen einer Minute war alles erledigt. Gefesselt lagen die beiden Männer auf der Plattform zwischen Lok und Tender. Das Wasser plätscherte immer noch aus dem Wasserrohr und verwandelte den Fahrstand halbwegs in eine Badewanne.

      Die Banditen sprangen ab und eröffneten das Feuer auf die Wagen.

      Entsetzte Schreie schallten aus den Waggons.

      „Überfall!“, brüllte Merrill. „Alles auf den Boden legen, oder es gibt Blei ins Köpfchen!“

      Wieder dröhnten die Waffen der drei Banditen in einem Schnellfeuer, das den Eindruck vermitteln musste, mindestens ein halbes Dutzend Schurken würden sich an der Schießerei beteiligen.

      Merrill kletterte auf den Tender, sprang zum Dach des ersten Wagens hinüber und lief zum hinten angekoppelten Expresswaggon.

      Rechts und links erreichten die noch schießenden Kumpane des Bandenführers die geschlossenen Türen des letzten Wagens und schossen darauf.

      „Öffnen!“, befahl Grant.

      Ein Revolver reckte sich aus dem Lichtschacht und entlud sich mit einem dumpfen Dröhnen.

      Merrill stoppte vor der kleinen Blechesse des Kanonenofens, der im Expresswaggon stand, brannte an einer Dynamitpatrone die Lunte an und warf sie in den Schornstein.

      „Achtung, Sprengung!“ Merrill sprang vom Rand des Daches hinunter.

      Der Revolver verschwand, die Tür rollte auf, und mit bleichem Gesicht und erhobenen Händen warf sich der Expressschaffner ins Freie. Er rappelte sich auf, wollte fliehen und empfing von Burton einen Schlag mit dem Gewehr, der ihn wieder zu Boden beförderte.

      Die Banditen schickten Kugeln an der Wagenschlange entlang, um die Reisenden samt des Personals in Atem zu halten.

      Dann ertönte ein Krachen im Waggon. Der Kanonenofen wurde auseinandergerissen. Gusseisenteile flogen heraus und fetzten Löcher in die Holzwände. Ein paar zerrissene Briefe flatterten hinterher.

      Grant drang als erster in den Wagen ein, steuerte zielsicher den kleinen Wertpapiertresor an, stopfte eine seiner winzigen Patronen ins Schloss und steckte sie an. Er sprang zurück und nahm mit den beiden anderen gemeinsam die Wagen wieder unter Beschuss. Querschläger pfiffen ins Gestrüpp, ins Wäldchen und trafen auch die windschiefe Hütte, in der sich der Streckenwärter weiter sinnlos um seine Befreiung bemühte.

      Das Tresorschloss brach unter der zweiten Sprengung auf. Die Tür schwang ein Stück nach außen.

      „Tony, die Pferde!“, befahl Merrill, kletterte in den Wagen und verschwand in den Schwaden, die stinkend ins Freie quollen.

      Burton hastete zur Hütte zurück, feuerte aber weiterhin hinter sich, solange er den Zug sah.

      Merrill tauchte mit einer kleinen, schwarzen Kassette auf, jagte ebenfalls noch ein paar Kugeln am Zug entlang und verschwand mit Grant in den Büschen.

      Burton eilte ihnen von der Rückfront der Hütte mit den Pferden entgegen. Sie schwangen sich in die Sättel und galoppierten davon.

      29

      Der aufklingende Hufschlag ließ einen der Bremser den Kopf heben. „Die hauen ab!“

      Auch die beiden anderen Männer im Abteil wagten einen Blick nach oben und folgten dem Beispiel des Kollegen, der sich bereits erhob.

      Das Plätschern von Wasser klang von vorn herein.

      „Wo steckt ihr denn?“, brüllte der Lokführer.

      Noch vorsichtig öffnete der Bremser die Abteiltür und sah die beiden Gefesselten auf der Plattform des Tenders und das immer noch in den Fahrstand sprudelnde Wasser. Er kletterte hinaus, rutschte auf dem nassen Holz des Tenders aus und schlitterte zu den Gefesselten hinunter.

      „Los, beeile dich doch ein bisschen!“, rief der Lokführer. „Und stell das Wasser ab, sonst kriegen wir nichts mehr in die Tanks, zum Teufel!“

      „Immer eins nach dem anderen“, maulte der Bremser und suchte nach seinem Taschenmesser. „Die Halunken sind sowieso weg. Ordentliche und genug Gäule, sie zu verfolgen, gibt es hier nicht.“

      Endlich fand er das Messer und konnte den Lokführer befreien. Der entriss ihm das Messer.

      „Los, stell das Wasser ab. Du musst hinauf klettern, Cass!“

      „Ja doch, ich fliege!“

      Aus dem Dienstabteil kletterten die beiden anderen Beamten und gingen mit schussbereiten Colts in den Händen auf die Hütte zu.

      „Sind die Banditen fort?“, fragte eine heisere Frauenstimme.

      Der Lokführer kletterte vor Nässe triefend aus dem Fahrstand und wies seinen Heizer mürrisch an, sich um das Betanken der Behälter rechts und links des Kessels zu kümmern. Cass befand sich auf dem Wege zum Regenbehälter, war jedoch kein geschickter Kletterer und brauchte entsprechend lange, um den Schieber zu erreichen.

      „Boss, Buzz ist gefesselt!“, tönte es aus der Hütte.

      Die Reisenden wagten sich aus den Waggons.

      Als der Lokführer die Hütte betrat, wurde der Streckenwärter gerade befreit und auf die Füße gestellt.

      „Es sind drei!“, sagte der Alte. „Nur drei!“

      Der Lokführer

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