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      »Ursel, das haben wir gemeinsam. Also bleiben wir hier.«

      Roberta fragte sich, was sie jetzt wohl erfahren würde, wie Ursel sich entschieden hatte. Man sollte sich zwar nicht in die Angelegenheiten anderer Menschen einmischen, weil einen das nichts anging, aber das Schicksal von Ursel lag ihr sehr am Herzen, weil sie ein ganz besonderer Mensch war. Und was Frank Schlösser sich da erlaubt hatte, war einfach ein No Go. So ging man nicht mit einem Menschen um, den man praktisch sein ganzes Leben kannte und die meiste Zeit davon miteinander verbracht hatte. Sie musste sich da heraushalten, sie musste versuchen, objektiv zu bleiben, was gar nicht so einfach war.

      »Und ich erzähle Ihnen gern, wie das mit mir und Frank ausgegangen ist. Wir haben sehr viel Zeit miteinander verbracht und natürlich auch viel geredet. Frank hat eingesehen, dass er einen ganz großen Fehler gemacht hat, dass das Gras in Nachbars Garten auch nicht grüner ist. Er hat kapiert, dass man eine Vertrautheit, eine Liebe, die vielleicht nicht mehr so prickelnd ist wie am Anfang, nicht einfach wegwirft.« Sie blickte Roberta an. »Wie auch immer, es ist passiert. Frank sitzt jetzt zwischen zwei Stühlen. Das mit der anderen Frau ist aus. Doch ich kann nicht einfach mit flatternden Fahnen zu ihm zurückkehren. Ich liebe ihn, ich habe ihn immer geliebt. Wenn ich ihn sehe, geht mein Herz auf. Aber er hat mich einfach zu sehr verletzt, ich habe unendlich gelitten. Das möchte ich niemals mehr, und das ist auch etwas, was ich keiner Frau wünsche. Nicht einmal meiner ärgsten Feindin. Man soll verzeihen können, jemandem eine zweite Chance geben.« Sie machte eine kurze Pause, spielte mit dem Kugelschreiber, den sie noch immer in der Hand hielt. Sie schaute ihre Chefin erneut an. »Ich bin dazu auch bereit, doch so, wie Frank sich das vorstellt, kann es für mich nicht funktionieren. Er kann sich nicht wieder auf unser ehemals gemeinsames Sofa setzen und alles ist gut. Wenn, und das ist im Grunde genommen auch mein sehnlichster Wunsch, müssen wir einander ganz behutsam nähern und all die Scherben beseitigen, die überall herumliegen.«

      »Ursel, das ist eine kluge Entscheidung von Ihnen, und wenn Ihr Frank es wirklich ernst meint mit einem Neuanfang, wird er darauf eingehen.«

      Ursel nickte.

      »Er hat es vor. Auf jeden Fall steht eines fest, nämlich, dass das mit der Arbeit auf den Bohrinseln für ihn wirklich für immer vorbei ist. Er hat sogar als Ingenieur bereits einen guten Job angenommen, in der großen Maschinenfabrik am Rande von Hohenborn. Das ist ideal, und wohnen kann er in seinem Elternhaus, da gibt es viel Platz, seit alle Schlösser-Kinder flügge geworden sind. Klar zieht man als Erwachsener, noch dazu einer, der weltweit gearbeitet hat, nicht gern wieder in sein ehemaliges Kinderzimmer ein. Doch da muss er durch oder sich eine eigene Wohnung suchen.«

      »Was nicht nötig ist«, wandte Roberta ein, »wenn es ihm ernst damit ist, wieder mit Ihnen leben zu wollen.«

      »Er will es, und deswegen beißt er die Zähne zusammen und wohnt wieder daheim.«

      »Und seine Eltern freuen sich bestimmt.«

      Ursel blickte ihre Chefin zweifelnd an.

      »Ich weiß nicht, die hatten es sich für sich allein gemütlich gemacht.«

      Roberta lachte.

      »Oh, das meine ich nicht, sondern ich dachte daran, dass sie glücklich sind, weil ihr Sohn zu Ihnen zurückkehren will. Mit der anderen Frau waren sie doch überhaupt nicht einverstanden, weil Sie immer deren erste Wahl waren.«

      Ursel nickte.

      »Ich glaube, Franks Mutter zündet jeden Tag ein Kerzchen an und betet darum, dass wir wieder ein Paar werden. Und ehrlich mal, sie hat das mit den Kerzen, glaube ich, auch praktiziert, dass es mit Frank und der anderen Frau auseinander geht. Das nur nebenbei. Frau Doktor, ich möchte Sie nicht aufhalten, danke, dass ich es Ihnen erzählen durfte. Wie gesagt, Frank und ich werden uns treffen, miteinander ausgehen, ins Kino, wir werden versuchen, wenn auch in getrennten Wohnungen, einen Alltag miteinander zu leben. Und ich finde, das allein schon ist ganz schön aufregend. Einen gemeinsamen Alltag kennen wir ja nicht. Als Frank auf den Bohrinseln gearbeitet hat, war unsere gemeinsame Zeit, die wir miteinander verbringen durften, bemessen. Und da waren wir wahrlich mit anderen Dingen beschäftigt, als uns Gedanken darüber machen zu müssen, ob wir den Stromanbieter wechseln sollen, den Urlaub lieber in Schottland statt in der Toscana oder in der Bretagne verbringen. Es ist neu, spannend, aufregend …, schauen wir mal.«

      »Ursel, ich freue mich für Sie, und ich bin jederzeit für Sie da.«

      Ursel strahlte ihre Chefin an.

      »Frau Doktor, das weiß ich, und es ist sehr beruhigend für mich, auch, dass ich mit Ihnen reden darf. Sie sind klug, haben immer gute Ratschläge.«

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