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sein armseliges Schicksal und erkennt den Wert erst, nachdem er am Ziel angelangt ist und einsieht, daß es die wunderbare Grundlage für seinen geistigen Fortschritt gewesen ist. Wenn die Menschen erst erkannt haben werden, daß materielle Güter nur dann Segen bringen, wenn sie eine bescheidene Grenze nicht überschreiten, oder falls sie im Übermaß vorhanden sind der Allgemeinheit dienstbar gemacht werden müssen, dann können Neid und Habgier sich nicht mehr im Denken verankern und so viel Unruhe und Unsicherheit verursachen, wie es jetzt noch der Fall ist.

      Mit großen Irrtümern muß da noch aufgeräumt werden. Warum glauben – nach irdischer Auffassung – große Männer, die an der Spitze eines Volkes oder Staates stehen, daß sie ein riesiges Vermögen besitzen müssen, mehr als irgendeiner ihrer Untertanen? Es liegt kein Grund dafür vor. Es ist genug, daß sie auf Staatskosten erhalten werden und für ihren Lebensunterhalt nicht sorgen müssen. Materielle Güter anzuhäufen, wodurch dem Volk wertvolle Lebensgrundlagen oft entzogen werden, ist unsinnig und wertlos. Freilich ist heute die Auffassung noch zu sehr verbreitet, daß eben Reichtum, und nur dieser, Glück bedeutet.

      Langsam aber erkennen die Menschen, daß das eine verkehrte Auffassung ist. Nicht zuletzt wird dieses klar nach großen Katastrophen, durch die materielle Güter zerstört und vernichtet werden. Manch einer hat solchen Verlust schon als eine Befreiung betrachtet und erkannt, daß in materiellem Besitz das Lebensglück nicht zu finden ist.

      Solange man aber den wohlhabenden Mann höher schätzt als den in bescheidenen Verhältnissen lebenden, so lange zwingt man die Menschheit, dem Mammon zu frönen und ideelle Werte in den Hintergrund zu schieben. Wieder sind es die Ärzte, auf die diese Überlegung in erster Linie anzuwenden ist. Macht kein Geschäft aus eurer Berufung oder auch nur aus diesem Beruf! Nehmt die Menschen wie sie sind entkleidet aller materiellen Unterschiede! Erkennt endlich, daß jeder Mensch das gleiche Recht auf eure Hilfe hat, ob arm, ob reich, daß aber gerade die Armen und Mittellosen eurer Zuneigung mehr bedürfen als alle anderen. Das soll nicht heißen, daß ein reicher Mann weniger Hilfe braucht. Es ist eben, wie schon so oft festgestellt, die materielle Lage kein Maßstab für die geistige Reife und den Fortschritt eines Menschen. Auch irdische Würden und einflußreiche Stellungen bedeuten noch lange nicht einen bestimmten Grad oder eine bestimmte geistige Entwicklungsstufe.

      Auch hier sei noch einmal festgehalten: Geistige Entwicklungsstufe ist nicht gleichbedeutend mit geistiger Entwicklung im irdischen Sinn, also Entwicklung im Bereich des Wissens. Sie ist und bleibt die Entwicklung des Geistwesens, also Wissen und Weisheit in Verbindung mit allumfassender Liebe.

      Betrachtet einmal die großen Gelehrten oder Künstler oder auch die großen Politiker und Staatsmänner und prüft genau, wieweit sie diesen Erfordernissen gerecht werden. Nur sehr wenige sind es. Die meisten sind zufrieden, in ihrer materiellen Tätigkeit ihren ganzen Mann zu stehen, ihre Seele wird vernachlässigt und hat an ihrem Beruf keinen oder doch nur geringen Anteil.

      Sobald die Grundsätze für die Bewertung eines Menschen einmal richtig erkannt sein werden, wird man in der Lage sein, auch diese Menschen richtig zu beurteilen. Sie werden dadurch verpflichtet und angeregt sein, ihr Leben mehr unter Kontrolle zu nehmen und sich nicht im Vertrauen auf ihr höheres und reicheres Wissen über andere stellen zu wollen. Viel Bescheidenheit gehört dazu und Selbstkritik, und soweit ein Mensch aus Überheblichkeit eine solche nicht findet, ist es wieder in erster Linie der Seelenarzt, der ihn auf den richtigen und einzig wertvollen und Erfolg verheißenden Weg bringen muß. Warum ich das dem Arzt auftrage? Weil ein einseitiges Lebensbild etwas Krankhaftes an sich hat und die Seele eines Tages ihren Dienst versagen wird bei solch unrichtigem Verhalten.

      Große Künstler, Staatsmänner und Gelehrte sind ein großer Teil der Gesamtzahl von Patienten bei einem Nervenarzt. Nicht die Überbeanspruchung durch ihre Arbeit ist es, die sie ihm zuführt, sondern nur die unrichtige Einstellung zum Leben überhaupt und die meist unrichtige Bewertung ihrer eigenen Persönlichkeit.

      Es ist das, was ich schon an früherer Stelle hervorhob, die einseitige Entwicklung des Geistes, beziehungsweise der geistigen Betätigung und die damit verbundene mangelhafte Pflege der Seele. So entsteht eine Unausgeglichenheit, weil der Geist und das Geistwesen eine raschere Entwicklung nimmt als die Seele. Soll so ein irrender Mensch geheilt werden, so muß er diese Tatsache erkennen lernen, sie seinem Gefühlsleben näher bringen und auf dieses lenken.

      Es ist nicht immer leicht, weil gerade rein geistig orientierte Menschen sehr eigenwillig sind und sich schwer einem fremden Einfluß öffnen. Wir wollen für heute schließen und morgen fortsetzen mit Gedanken über die Erziehung, nicht nur des Kindes, sondern auch Erwachsener, die in ihrer Kindheit eine gesunde Erziehung entbehren mußten. Es ist ein weites Gebiet und erlaubt eine vielseitige Betrachtung.

      2. Der Wert des geistigen Fortschritts. Selbsterziehung und geistiger Führer

      Heute will ich davon sprechen, was die Menschen tun sollen, wenn sie im Zweifel sind, ob ihre Auffassung von den Dingen und Menschen, die sie umgeben, richtig ist.

      Es ist eine sehr wichtige Frage, denn der Irrtum in der Lebensauffassung kann ja böse Folgen zeitigen und den Fortschritt aufhalten. Nicht jeder – oder nur wenige – halten es für notwendig und wertvoll, überhaupt an einen geistigen Fortschritt zu denken, weil sie der Meinung sind, die Erde nur einmal zu erleben. Und für ein ungewisses und unbekanntes Leben im Jenseits sich schon auf der materiellen Welt zu mühen und zu plagen, halten sie für unnötig und hinderlich, da sie ja die Güter des materiellen Lebens ungehemmt genießen wollen. So die Materialisten, die es noch im wahrsten Sinn des Wortes sind, weil sie die Wiederkehr in das irdische Dasein nur deshalb gewünscht haben, weil sie es für das Schönste und den Höhepunkt des Daseins überhaupt halten. Ich sagte schon an anderer Stelle, daß sie so lange bittere Enttäuschungen erleben müssen, bis sie auf den rechten Weg zum geistigen Fortschritt gefunden haben.

      Anders ist es für Menschen, die mit einem fortschrittlichen Programm auf diese Erde kommen und durch ihr materiell eingestelltes Milieu den richtigen Weg nicht gleich erkennen können. Sie leiden unter dem Widerstreit in ihrer Seele, und es kommt auf die Stärke des freien Willens an, auf den Zustand der Seele, sich aus eigener Kraft durchzuringen und an das gesteckte Ziel zu gelangen. Ein Mensch, der mit guten Absichten und dem Bestreben nach geistigem Fortschritt in die materielle Welt zurückkehrt, empfindet sehr bald – oder besser gesagt – kommt in Zweifel, ob die materielle Lebenseinstellung, die ihm von seiner Umgebung aufgezwungen und vorgelebt wird, seinen Vorstellungen entspricht. Er wird die Dinge von allen Seiten betrachten, die Erfolge und den wahren Nutzen abwägen und sich einen Weg suchen, der seinem mitgebrachten Programm zusagt und entspricht.

      Man muß aber bedenken, daß der Mensch keine Möglichkeit hat, seinen bereits erreichten geistigen Standard zu erkennen, und daß er deshalb nach Vorbildern sucht, in der Meinung, daß Menschen, die schon länger als er selbst dem irdischen Dasein angehören, ein größeres Wissen und bessere Erfahrung haben müßten. Es ist aber nicht möglich, da die Menschen ja nicht auf gleicher Entwicklungsstufe stehen, sondern ganz ungleiche Grade der geistigen Reife aufzuweisen haben. Es ist daher für viele sehr schwer zu wissen, ob sie den richtigen Lebensweg beschreiten, welcher überhaupt der richtige ist und wo sie Aufklärung darüber erhalten und finden können.

      Und nun bin ich bei dem Thema Selbsterziehung. Nur Menschen, die ernstlich den Fortschritt wünschen, nicht den rein materiellen, sondern – ich möchte sagen – eine höhere Entwicklung ihrer Persönlichkeit anstreben, nehmen sich selbst unter die Lupe und üben Kritik an ihrer Lebensweise und ihrem Verhalten der Umwelt gegenüber.

      Aber auch da ergeben sich Fragen, die nicht immer leicht, manchmal gar nicht beantwortet werden können. Es ist ein sehr ernstes Problem, ich sagte schon, daß man auch sich selbst verstehen und verzeihen können muß. Ist es erst so weit, daß der Mensch bemüht ist, seine Handlungsweise zu verstehen, dann wird er auch bald erkennen können, ob das Urteil, das er über sich selbst abgibt, ehrlich und unvoreingenommen ist. Denn nur dann ist es von Wert.

      Sich selbst zu belügen ist sinnlos, aber ebenso unrichtig ist auch die unberechtigte Kritik. Ja, wie kann der Mensch wissen, ob er über sich die richtige Meinung hat, ob er seine Handlungsweise korrekt beurteilt? Dazu hat jeder

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