Скачать книгу

hatte Bastian nach dem Schulgong die Klasse verlassen, wurde er von Lucas‘ Anwesenheit überrascht. „Wie kannst du so schnell …?“

      „Wurde des Unterrichts verwiesen“, fiel Lucas ihm ins Wort.

      „Okay“, stutzte Bastian und ging mit ihm hinaus. „Was ist passiert?“

      „Ach, der Bröller hatte gemeint, mir blöd zu kommen.“

      „Lass mich raten“, schmunzelte Bastian, „und du hast dich natürlich mit ihm angelegt.“

      „Ist man freundlich zu mir, bin ich es auch. Ist man jedoch wie dieser …“, unverhofft wurde er von irgendwem angerempelt. Fragend schaute Lucas sich um. Bei der Vielzahl der Schüler war es jedoch nicht möglich, die Person ausfindig zu machen. Vor allem, da einige Schüler wild umherrannten. „Hast du gesehen, wer das war?“

      „Hm?“, fragte Bastian, der nur zu Boden geguckt hatte.

      „Mich hat jemand …“

      „Ja?“

      „Ach, auch egal. Was wollte ich sagen?“

      „Bröller.“

      „Ja, genau. Der Bröller hat mich rausgeschmissen, weil der mit Kontra nicht umgehen kann. Der Typ ist mal voll das arme Würstchen.“

      „Also ich hätte lieber den Bröller anstatt der Weiber.“

      „Haben diese pöbelhaften Tussen noch irgendetwas gesagt?“

      „Nein, nicht wirklich. Sie haben mich nur andauernd so böse angeguckt. Bin echt froh, dass heute Freitag ist.“

      „Ich so überhaupt nicht.“ Seufzend zündete Lucas sich eine Zigarette an.

      „Wieso? Steht irgendetwas an?“

      „Oh ja.“

      „Und was?“

      „Ach, nicht so wichtig.“

      Dass Lucas nicht darüber reden wollte, kränkte Bastian ein wenig. Wieso sollte er gestehen, schwul zu sein, wenn Lucas selbst Geheimnisse zu haben schien?

      Urplötzlich hatte Lucas einen grausigen Gedanken. „Du, Basti?“

      „Hm?“

      „Wie heißt du eigentlich mit Nachnamen?“

      „Schmidt“, schwindelte er prompt. Warum Lucas erleichtert durchatmete, war ihm ein Rätsel. „Wieso fragst du?“

      „Ach, nur so. Schmidt also, hm?“

      „Jupp.“

      „Passt irgendwie nicht zu dir.“

      „Ja, kann sein. Und wie heißt du?“ Sie erreichten den Spielplatz.

      „Travino.“

      „Das klingt ziemlich lecker.“

      „Lecker?“, stutzte Lucas.

      „Ja, ähm, irgendwie nach etwas Leckerem.“

      Lucas gefiel diese Antwort. „Dann bin ich also lecker, hm?“

      „Das sagte ich nicht“, versuchte Bastian sich rauszureden. „Ich sagte nur, dass dein Name lecker klingt. Wie eine Pasta, verstehst?“

      „Dann bin ich also eine leckere Pasta?“, ärgerte Lucas ihn absichtlich.

      Schamhaft hielt Bastian sich beide Hände vors Gesicht, ehe er sich auf die Bank setzte.

      „Eine leckere Pasta, von der du allerdings nicht kosten möchtest.“

      „Ähm …“

      Kichernd legte Lucas den Rucksack auf die Bank und pflanzte sich neben den Verstummten, der sich kurz darauf streckte und laut gähnte.

      „Dieses frühe Aufstehen ist irgendwie voll verfickt, nicht?“

      „Ohhh ja“, stimmte Bastian ihm zu. „Kaum bin ich im Land der wunderschönen Träume angelangt, holt mich der bescheuerte Wecker auch schon wieder raus.“

      „Ey, genau mein Denken“, war Lucas hingerissen. „Als ob es jemandem schaden würde, wenn die Schule erst um halb zehn beginnen würde.“

      „Bist du auch erst um diese Zeit richtig ansprechbar?“

      „Aber so was von. Die ersten zwei Schulstunden sind mir ständig die Glubscher zugefallen.“

      „Ich bekomme in den ersten beiden meist kaum etwas mit“, räumte Bastian ein.

      „Geht mir genau so, Mann. Ich glaube, dass wir alle glücklicher wären, wenn die Schule später anfangen würde. Schüler und Lehrer zugleich.“ Hibbelig begann er mit dem Bein zu wippen.

      „Nervös?“, fragte Bastian ihn.

      „Ich muss volle Kanne schiffen, Mann.“

      „Piss doch dahin“, meinte er gelassen und zeigte über die Schulter hinweg zu den vielen Bäumen und Sträuchern. Der Gedanke daran, wie Lucas seinen Kuhstall öffnen würde, machte ihn unmittelbar nervös.

      „Gute Idee.“ Lucas sprang auf und schaute sich aufmerksam um. In der Nähe eines Spielplatzes zu pinkeln, hätte gewiss einige Gemüter aufgeregt und erwischt werden wollte er nicht. „Wehe, da guckt jemand“, fluchte Lucas, als er dabei war, den Reißverschluss seiner Hose zu öffnen.

      „Keine Angst, sag dir rechtzeitig Bescheid.“

      „Nicht, dass es mich stören würde, aber muss ja nicht sein.“

      „Es würde dich nicht stören?“, wunderte Bastian sich. Er fühlte sich regelrecht dazu verleitet, über die Schulter zu gucken. Das Geräusch des Pinkelnden drang an seine Ohren. Nur einen Blick erhaschen, dachte er aufgeregt und betrachtete Lucas ein wenig länger als geplant.

      „Ah, tut das gut.“ Ein erleichtertes Stöhnen drang über seine Lippen.

      Dieses Stöhnen in Kombination mit dem Pinkelgeräusch brachte Bastians Kopfkino in Fahrt. Fest biss er die Zähne zusammen und grinste bis über beide Ohren. Als er hörte, wie Lucas den Hosenstall schloss, hielt er sich rasch die Hände vors Gesicht.

      „Yo, was’n?“, stutzte Lucas, als er wieder bei ihm war. „Heulst du?“ Vorsichtig griff er an Bastians Hand, um ihm ins Antlitz zu gucken. „Basti?“ Doch statt eines tränenverhangenen Gesichts überraschte ihn eine hochrot angelaufene und kichernde Fratze. „Was’n los?“

      Bastian bekam sich kaum noch ein. „Entschuldige“, bat er und wedelte mit der Hand vor seinem Gesicht herum.

      „Ist er dir zu klein?“, fragte Lucas gespielt beleidigt.

      „Waaas?“, sagte Bastian, was ziemlich schwul klang. „Nein.“

      „Also reicht er dir?“

      „Ich habe nicht geguckt!“

      „Ach, nicht?“ Lucas tat einen auf verwundert.

      Gutmütig schlug Bastian ihm gegen den Oberarm. Eine Sache, die er wieder und wieder hätte tun können – nur um Lucas kurz etwas näher zu sein.

      Lucas kicherte. „Nur Spaß, Mann. Nur Spaß.“ Er streckte sich ausgiebig und offenbarte somit ein wenig nackte Haut seines Bauches. Blinzelnd schielte er zu Bastian, der flüchtig hingeguckt hatte. Nun musste er lachen.

      „Hm?“ So zu tun, als ob nichts wäre, beherrschte Bastian recht gut und er wurde darin fortwährend besser.

      „Ach, nichts. Lass mal Nummern tauschen.“ Er zückte sein Handy und tauschte mit Bastian die Handynummer aus. „Du sag mal …“

      „Hm?“

      „Was haste eigentlich so nach der Schule vor? Schon’n Plan, was du machen

Скачать книгу