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      Moser schickt die Techniker, die die Ausstattung des Arbeitsraumes der Soko noch nicht abgeschlossen haben, hinaus. Es sind Kollegen, aber es müssen nicht alle alles wissen, vor allem nicht in einem so brisanten Fall.

      »Schönen guten Abend.«

      Moser hat einen Knopf seines hellfarbenen Jacketts geschlossen und die oberen seines farblich korrespondierenden Hemdes geöffnet. Er streicht sich über seine Stoppelhaare und eröffnet die Zusammenkunft der Soko.

      »Wir wollen unsere ersten Ergebnisse zusammenfassen und gemeinsam betrachten. In zwei Stunden werden Werner Jensen und ich sie dem Staatsanwalt präsentieren.«

      Er ruft eine gestandene Polizistin auf, über die Fahndungsergebnisse zu berichten.

      »Knapp sieben Stunden dauert die Fahndung. Ergebnis: null. Das Gebiet bleibt weiter abgesperrt. Kollegen gehen von Haus zu Haus.«

      »Die ist ja knapp mit Worten«, flüstert Wiebke Maurer Jensen ins Ohr.

      »Psst«, meint Jensen und Moser fährt fort.

      »Wir besorgen uns gerade die Verbindungsdaten aller Handys, die zur Tatzeit in der Nähe des Tatortes eingeloggt waren. Sobald wir diese haben, werden mehrere Kollegen diese durchgehen und überprüfen, ob sie zu Personen gehören, die wir auf dem Radar haben. Genauso machen wir es mit den Überwachungsbändern aus der Verkehrsüberwachung. Sie werden vollständig durchgesehen, bisher aber ergebnislos. Ein Bekennerschreiben hat uns nicht erreicht, oder besser gesagt: Noch niemand hat sich damit an uns gewandt. Fehlt bloß, dass morgen früh irgendeine Zeitung auf Seite eins damit protzt.«

      Ein empörtes Gemurmel schleicht sich durch den Raum. Moser redet unbeirrt weiter.

      »Wir wissen inzwischen, dass von der dem Tatort gegenüberliegenden Baustelle geschossen wurde. Diese ist ein wenig größer. Die Spurensicherung versucht den genauen Ort ausfindig zu machen.« Aus jedem Wort Mosers spricht seine Absicht, das Meeting kurz zu halten und die ersten Stunden nach der Tat zu nutzen, um möglichst dicht an den Täter heranzukommen. Er weiß, mit jeder nicht genutzten Stunde bekommt dieser einen Vorsprung. Und vielleicht wird dieser mit der Zeit uneinholbar.

      »Werner, dein Part«, beendet er seinen Bericht.

      Jensen schätzt bei aller persönlichen Antipathie Mosers Vorgehensweise und versucht, sich ebenfalls kurz zu fassen. Er verdrängt die Müdigkeit eines anstrengenden Tages und schafft eine Atmosphäre gespannter Aufmerksamkeit. »Wir haben uns Conny Schraders Wohnung angeschaut und zwei Merkwürdigkeiten entdeckt: Sie hat einen Zeitungsartikel über den Demonstranten, der vor ein paar Tagen verstarb, gekennzeichnet und aufbewahrt. Warum sie das tat und ob es etwas mit unserem Fall zu tun hat, wissen wir nicht. Und sie hatte wohl nicht nur Kontakt, sondern auch eine Liebesbeziehung zu jemandem, den wir aus einem unserer letzten Fälle kennen.«

      »Nun pack schon aus.«

      Moser dauert Jensens Beitrag zu lange.

      »Es geht um Aasaf, mit dem wir während der Ermittlungen zu dem Mord an dem Flüchtlingssprecher zu tun hatten.«

      »Was? Die Conny war mit einem Verdächtigen im Bett?« Empörung macht sich breit.

      »Mal langsam.« Jensen beschwichtigt. »Was die beiden privat zusammengeführt hat und wie ihre Beziehung war, wissen wir nicht.«

      »Dann kriege das heraus. Habt ihr diesen Aasaf befragt?«

      Moser drückt auf das Tempo.

      »Sein Telefon ist ausgeschaltet, und seine Adresse haben wir nicht«.

      »Werner, ihr bleibt dran.«

      »Jo, machen wir.«

      »Und«, Moser beendet die Zusammenkunft, »ich bitte alle Anwesenden, noch ein wenig weiterzumachen, wenn es irgendwie geht. Zusammen mit den Kollegen vom Nachtdienst. Jetzt ist die Spur heiß, jetzt entscheiden wir über unseren Erfolg. Also los!«

      Nicht nur die Straßen der Stadt sind voller Menschen, auch die Kneipen sind zum Bersten gefüllt. Tausende aus anderen Städten und anderen Ländern sind nach Hamburg gezogen, um sich am morgigen Aktionstag gegen den G20-Gipfel und übermorgen an der internationalen Großdemonstration zu beteiligen.

      Sicher ist sicher, hat Tjark angesichts dieser Situation gedacht, und nach seinem Telefonat mit Nele einen Tisch im Morgenstern reserviert. Punkt sechs öffnet er die Kneipentür, und ein Schwall Stimmen und Gerüche, unterlegt von jazziger Weltmusik, schlägt ihm entgegen. Die punkige Kellnerin weist ihm einen Vierertisch zu. Schade, nicht mal allein wird er mit Nele sitzen können.

      Wenige Minuten nach ihm kommt diese hektisch in ihre Lieblingskneipe und begrüßt Tjark mit einem flüchtigen Kuss.

      »Hast du schon bestellt?«

      »Nein, ich habe auf dich gewartet. Ich habe mal irgendwo gelesen, das gehört sich so.«

      Ein junger, am Hals tätowierter Mann, den Nele noch nie gesehen hat, bleibt mit drei leeren Biergläsern in der Hand neben ihrem Tisch stehen und fragt, ob er schon etwas zu trinken bringen soll.

      »Einen Artero für mich,« antwortet Nele spontan. »Und auch gleich etwas zu essen. Ich nehme den Heringssalat mit Bratkartoffeln.«

      Sie kennt die Speisekarte auswendig, und die Weinkarte sowieso.

      »Und ich ein großes Pils und einen Bauernsalat.«

      Auch Tjark muss nicht lange überlegen.

      »Auf Diät?«

      Nele lacht und schaut ihr Gegenüber an. Nein, Diät hat Tjark nicht nötig. Er kann essen, was er will – an seiner schlanken Statur ändert sich nichts. Nur schade, dass er immer öfter zum Friseur geht. Seit er sich die schönen langen und dunklen Haare hat abschneiden lassen, sieht er ähnlich aus wie andere Männer in seinem Alter. Nele bedauert das.

      »Und, wie lange müsst ihr heute Abend machen? Kommst du noch, bevor ich ins Bett gehe?«

      »Ehrlich, keine Ahnung. Mal sehen, wie Welcome to hell abläuft, mal sehen, was danach passiert. Die Stadtrundschau soll morgen früh möglichst aktuell sein.«

      »Klar«, bemerkt Tjark resignierend.

      »Du, guck mal.«

      Nele zeigt zur Tür und winkt ihrer zehn Jahre jüngeren Freundin Birte zu. Über deren breites Gesicht unter den stacheligen Haaren breitet sich ein erkennendes Grinsen aus. Jan folgt Birte in ihre Zweitwohnung.

      »Schön«, freut sich Nele. »Dann setzen sich keine Fremden neben uns.«

      Der Kellner bringt die Getränke für Nele und Tjark und nimmt die Bestellungen der Neuankömmlinge auf.

      »So schnell sieht man sich wieder.«

      Jan freut sich offensichtlich, Nele zu sehen.

      »Ich habe ihn heute Morgen interviewt«, informiert Nele und wendet sich Birte zu. »Hoffentlich kommt Jan zu euren Dates pünktlicher, als wenn ich eins mit ihm habe.«

      »Jan kommt immer pünktlich, der ist so.«

      »Der ist so? Fast eine Stunde musste ich heute Morgen am Container auf ihn warten.«

      »Das kann an einem Tag wie heute doch passieren, oder?« Jan verteidigt sich lachend. »Nächstes Mal, Nele, werde ich zur vereinbarten Zeit da sein. Versprochen.«

      Die Stunde, die sich Nele in der Redaktion freigenommen hat, vergeht wie im Flug und sie muss zurück. Zum Abschied küsst sie Tjark, Birte und Jan auf die Wange.

      »Ich habe noch ein wenig zu tun.«

      »Schreibt ihr auch über die tote Polizistin?«

      Jan verzögert Neles Verschwinden.

      »Na klar.«

      »Schreibt

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