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hast mich völlig falsch verstanden“, drang Lloyds Stimme gedämpft zu mir vor. „Hör mir doch zu!“

      „Da gab es nichts falsch zu verstehen!“, tobte ich. „Ich hab genau gehört, wie du zu Elly gesagt hast, dass du nach der Geburt nicht mit Takuto zu Hause bleiben würdest. Ist ja auch Frauensache, was? Ich soll das Heimchen am Herd spielen, schon klar!“

      „Eben nicht! Meine Güte, Mia, seit du im siebten Monat bist, werden deine Launen immer schlimmer“, schnaubte er.

      Vor lauter Wut krallte ich meine Finger in das Bettlaken unter mir. „Klar, schieb es auf die Hormone, damit du dich besser fühlst!“, brüllte ich.

      „Ich hab nur gesagt, dass wir noch nicht genau wissen, wie es nach der Geburt weitergeht“, entgegnete er. „Und dass ich wahrscheinlich wieder arbeite. Wir müssen doch die Miete zahlen.“

      „Und dafür ist dein Gehalt natürlich besser als meins!“

      „Du hast doch längst Mutterurlaub beantragt, oder nicht?“

      „Aber du bist ja nicht mal dazu bereit, dich um unser Kind zu kümmern!“

      „Nein, Mia.“ Plötzlich klang Lloyds Stimme schwach. „Ich hab nur Angst, dass ich ... dass ich ... ach, vergiss es.“

      „Dass du was?“, rief ich in Richtung der Tür.

      „So rede ich nicht mit dir. Entweder du machst auf oder ich gehe runter ins Wohnzimmer.“ Gerade als ich antworten wollte, dass er heute Nacht genau dort auf dem Sofa schlafen würde, verrauchte meine Wut so schnell, wie sie gekommen war. Mein Gesicht fühlte sich nicht mehr so heiß an, mein Herz hörte auf zu rasen. Ich fühlte mich nur ausgelaugt. Vielleicht hatte ich ihn wirklich falsch verstanden.

      „Warte“, flüsterte ich und stand ungelenk auf, um zur Zimmertür zu gehen. Nur zögerlich drehte ich den Schlüssel im Schloss.

      Lloyd öffnete langsam die Tür, er sah mir direkt in die Augen und seufzte. Er wirkte ein wenig verzweifelt, seine dunkelbraunen Strähnen lagen wirr übereinander, als hätte er sich unablässig das Haar gerauft. Mit dem Handrücken strich er mir die übrigen Tränen aus dem Gesicht. „Können wir jetzt in Ruhe reden?“

      „Na gut“, schniefte ich.

      Als wir uns nebeneinander auf die Bettkante setzten, zeigte der Wecker schon Mitternacht an. Wir hatten den ganzen Abend gestritten ...

      „Mia, ich meinte wirklich nicht, dass ich von dir erwarte, dass du dich allein um Takuto kümmerst“, begann er das Gespräch. „Und wenn du darauf bestehst, kann ich mir auch freinehmen und du gehst wieder arbeiten. Aber in den ersten Wochen ist Takuto doch auf dich angewiesen. Du bist doch diejenige, die ihn stillen wird.“

      „Ja ...“, murmelte ich. Ich kam mir so dumm vor. Derartige Überreaktionen traten immer öfter auf. „Aber was wolltest du mir vorhin sagen? Wovor hast du Angst?“

      Er vergrub das Gesicht in seinen Händen. „Es ist nur, dass ... also, ich ...“

      Besorgt musterte ich ihn. „Was denn?“, hakte ich nach und strich ihm über den Rücken. Doch er reagierte lange nicht.

      Endlich blickte er wieder auf und nahm meine Hände in seine. „Ich hab wirklich Angst, dass ich kein guter Vater werde.“

      Mir klappte der Mund auf. Diese Worte hörte ich zum ersten Mal. Von diesen Zweifeln hatte ich nichts gewusst. Doch ich hätte es merken müssen. Ich hätte merken müssen, dass nicht nur ich mir Sorgen um die Zukunft machte. Dass nicht nur ich mit Selbstzweifeln kämpfte. Schlagartig musste ich weinen. „Es tut mir so leid“, schluchzte ich.

      „W...w...was?“, stammelte Lloyd. „Was tut dir denn leid?“

      Ich schniefte laut. „Dass ... ich nichts gemerkt habe! Dabei bin ich doch fast immer bei dir. Aber ich wusste gar nicht, dass du dir auch solche Sorgen machst!“

      „Auch?“, wiederholte er und legte mir einen Arm um die Schultern.

      Wortlos nickte ich, während es mich schüttelte. Ich sah nicht zu meinem Freund, ich fixierte die Wand direkt vor mir. Ich brachte es nicht über mich, ihm in die Augen zu schauen. Ich schämte mich so.

      „Ganz ruhig“, flüsterte er und schloss mich sanft in seine Arme. Er ließ mich etwas weinen, bis ich ruhiger wurde. „Also hast du auch Angst davor?“

      „Ich hab totale Panik“, gestand ich und klammerte mich an ihn, das Gesicht in seiner Halsbeuge vergraben. „Ich hab solche Panik, als Mutter zu versagen. Ich habe schon als Ranger versagt, als Mädchen aus der Legende, meinetwegen mussten wir nach Renia fliehen ... Wie soll ich mich da um ein Kind kümmern?“, wimmerte ich.

      „Mia, du hast nicht versagt!“, widersprach er. „Du konntest nichts dafür, dass sich die Ereignisse damals so überschlagen haben.“

      „Wage es nicht, dich als schlechte Auserwählte zu bezeichnen!“, knurrte eine tiefe Stimme in meinem Kopf. Eindeutig Shadow. „Du hast deine Aufgabe bisher großartig gemacht. Du hast uns Dämonen aus der grässlichen Schattenwelt befreit. Wir sind froh, dass wir dich haben.“

      Laut schluchzte ich auf, bevor ich das Dämonenoberhaupt meinen Dank spüren ließ. „Ich hab einfach Angst ...“

      Mein Freund strich mir beruhigend über den Rücken. „Versteh ich gut. Wir sind eben noch ... ziemlich jung. Aber wir können doch immer auf meine Eltern zählen, wenn wir Hilfe brauchen. Und auf unsere Nachbarin, so verrückt sie manchmal ist.“ Vorsichtig legte ich eine Hand auf meinen Bauch.

      „Ich will nur, dass Takuto glücklich aufwächst ...“

      „Wir schaffen das schon“, ermutigte er mich. „Zusammen bekommen wir das sicher auf die Reihe.“

      „Meinst du?“

      Er ließ mich los, um mein Gesicht in seine Hände zu nehmen und mir tief in die Augen zu sehen. „Versprochen.“

      Bei diesem Blick schmolz meine Unsicherheit augenblicklich. Ich musste sogar lächeln. „Wenn du das sagst, vertraue ich dir.“

      „Zu zweit sind wir doch unschlagbar“, lachte er. „Wir haben schon so viel geschafft. Und zusammen können wir uns auch um Takuto kümmern. Ich lasse dich nicht allein, Mia.“

      Vor Rührung stiegen mir wieder Tränen in die Augen, ich umarmte ihn stürmisch. „Danke!“ Ich könnte gar nicht beschreiben, wie viel stärker er mich machte. Er zeigte mir, dass ich nicht alles allein schaffen musste. Dass er für mich da war.

      Er ließ sich mit mir auf den Rücken fallen. „Schon in Ordnung“, flüsterte er. „Wir kriegen das hin.“

      „Du wirst ein wundervoller Vater, das weiß ich genau“, wisperte ich und schmiegte mich an ihn.

      „Tut gut, das zu hören“, antwortete er leise. „Danke.“

      Ich lächelte ihn an. „Nur die Wahrheit.“

      „Ich liebe dich“, flüsterte er mir ins Ohr, während er durch mein offenes Haar strich.

      Ich umarmte ihn fest. „Ich dich auch. Bitte entschuldige, dass ich derzeit so schwierig bin.“

      „Schon gut“, beruhigte er mich. „Das halte ich aus.“

      Und nur kurz darauf schliefen wir eng aneinandergekuschelt ein. Ohne Sorgen, ohne Zweifel und ohne das Licht auszuschalten.

      „Es ist so warm“, jammerte ich. „Ich kann nicht mehr.“

      Sanft nahm Lloyd meine Hand in seine. „Aber du hast es geschafft. Mia, du hast es geschafft!“

      Ich lächelte ihn müde an. „Willst du ihn nehmen?“

      „Unbedingt“, antwortete er sofort und nahm mir das Kind aus den Armen, das in helle Tücher gewickelt war. „Hallo Takuto. Hallo, mein Kleiner.“ Er strahlte

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