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zu den ›Gebildeten‹ rechnen]

      VIII. Eine anständige Frau muß in Vermögensverhältnissen leben, die es ihrem Liebhaber erlauben, zu denken, daß sie ihm niemals in irgendeiner Weise zur Last fallen werde.

      IX. Eine Frau, die im dritten Stock wohnt – ausgenommen in der Rue de Rivoli und in der Rue de Castiglione – ist keine anständige Frau.

      X. Die Frau eines Bankiers ist stets eine anständige Frau; aber eine Frau, die mit im Kontor sitzt, kann nur dann eine anständige Frau sein, wenn ihr Mann ein sehr ausgedehntes Geschäft betreibt, und wenn sie nicht über dem Laden wohnt.

      XI. Die unverheiratete Nichte eines Bischofs kann – wenn sie bei ihm im Hause wohnt – für eine anständige Frau gelten, weil sie, um eine Liebesintrige zu haben, genötigt ist, ihren Onkel zu hintergehen.

      XII. Anständig ist eine Frau, wenn man sie zu kompromittieren befürchtet.

      XIII. Die Frau eines Künstlers ist stets eine anständige Frau.

      Indem er diese Grundsätze zur Anwendung bringt, kann sogar ein Provinziale aus dem Departement Ardeche aller Schwierigkeiten Herr werden, die auf diesem Gebiet zutage treten.

      Um nicht selber ihre Küche besorgen zu müssen, um eine glänzende Erziehung empfangen zu haben, um mit Gefühl kokett zu sein, um das Recht zu haben, ganze Stunden in einem Boudoir auf dem Sofa liegend zu verbringen und sich ihrem Seelenleben hinzugeben – braucht eine Frau zum mindesten ein Jahreseinkommen von sechstausend Franken in der Provinz oder von zwanzigtausend Franken in Paris ... Diese beiden Vermögensgrenzpunkte werden uns einen Anhalt geben, wie viele anständige Frauen sich in der als Bruttoergebnis unserer Statistik erhaltenen Million befinden: Dreihunderttausend Rentner mit fünfzehnhundert Franken jährlich beanspruchen die Gesamtsumme der vom Staatsschatz gezahlten Pensionen, lebenslänglichen und ewigen Renten.

      Dreihunderttausend Grundeigentümer mit einem Einkommen von dreitausendfünfhundert Franken bedeuten den ganzen französischen Grundbesitz.

      In die Ausgaben des Staatshaushalts teilen sich zweihunderttausend Bezieher von je fünfzehnhundert Franken, nachdem wir den Betrag der Staatsschuldverzinsung und der Besoldung der Geistlichen in Abzug gebracht und auch unsern Helden zu fünf Sous pro Tag ihren Sold und ihre Wäsche, Bewaffnung, Verköstigung, Bekleidung usw. bewilligt haben.

      Zweihunderttausend Geschäftsvermögen von je zwanzigtausend Franken Kapital stellen alle industriellen Unternehmungen dar, die in Frankreich möglich sind.

      Nun, da haben wir unsere Million Ehemänner!

      Aber wie viele Rentner würden wir zählen, die nur mit zehn, fünfzig, hundert, zwei-, drei-, vier-, fünf-, sechshundert Franken Rente im Großen Buch usw. eingeschrieben stehen?

      Wie viele Grundbesitzer gibt es, die nicht mehr als fünf, zwanzig, hundert, zweihundert oder zweihundertachtzig Franken Steuern bezahlen?

      Wie viele arme Federfuchser nähren sich an der Staatskrippe, die nur ein Gehalt von sechshundert Franken haben?

      Wie viele Geschäftsleute verfügen nur über ein fiktives Kapital? Sie genießen eines ansehnlichen Kredits, haben keinen baren Sou und sind mit Sieben zu vergleichen, durch die unaufhörlich der Goldstrom hindurchläuft. Und wie viele Kaufleute gibt es, die nur ein wirkliches Kapital von tausend, zweitausend, viertausend, fünftausend Franken besitzen? O Industrie – meinen Gruß!

      Wir wollen mehr Glückliche annehmen, als es vielleicht gibt, und diese Million in zwei Teile teilen: fünfhunderttausend Verheiratete sollen eine Rente von hundert bis zu dreitausend Franken haben, und fünfhunderttausend Frauen würden die Bedingungen erfüllen, die unerläßlich sind, um sich zu den anständigen Frauen rechnen zu dürfen.

      Nach den zum Schluß unserer statistischen Betrachtung angeführten Beobachtungen dürfen wir von dieser Zahl hunderttausend abziehen: man kann folglich als mathematisch bewiesen ansehen, daß es in Frankreich nur vierhunderttausend Frauen gibt, deren Besitz feinfühligen Männern die auserlesenen Genüsse verschafft, die sie in der Liebe suchen.

      Hier müssen wir nämlich die Adepten, für die wir schreiben, auf etwas aufmerksam machen: Liebe besteht nicht aus einigen in traulichem Geplauder vorgebrachten Werbungen, aus einigen Nächten sinnlicher Lust, aus einer mehr oder weniger raffinierten Liebkosung, aus einem Funken von Eitelkeit, dem wir den Namen Eifersucht geben! Unsere vierhunderttausend Frauen gehören nicht zur Zahl derer, von denen man sagen könnte: »Das schönste Mädchen von der Welt gibt nur, was es hat.« Nein, sie sind reich mit Schätzen ausgestattet, die sie unsern glühenden Einbildungen darleihen; sie wissen teuer zu verkaufen, was sie nicht haben – und dies ist ein Ausgleich für die Gewöhnlichkeit dessen, was sie geben.

      Empfindet ihr, indem ihr den Handschuh einer Grisette küßt, mehr Vergnügen, als wenn ihr jene Wonne von fünf Minuten auskostet, die euch irgendeine Frau gewährt? Kann die Unterhaltung eines Ladenmädchens in euch die Hoffnung auf unendliche Genüsse erwecken?

      Im Verkehr zwischen euch und einer Frau, die unter euch steht, gehören alle Entzückungen der Eigenliebe ihr. Von dem Geheimnis des Glücks, das ihr spendet, habt ihr selber keine Ahnung. Im Verkehr zwischen euch und einer Frau, die durch ihr Vermögen oder ihre gesellschaftliche Stellung über euch steht, ist die kitzelnde Lust der Eitelkeit unermeßlich und wird zu gleichen Teilen geteilt. Ein Mann hat noch niemals seine Geliebte zu seiner Höhe emporheben können; aber eine Frau gibt ihrem Liebhaber stets den gleichen hohen Rang, den sie selber einnimmt. »Ich kann Prinzen zur Welt bringen, Sie aber werden stets nur Bankerte machen!« – das ist eine Antwort, die von Wahrheit sprüht.

      Warum ist die Liebe die erste unter allen Leidenschaften? Weil sie ihnen allen zusammen schmeichelt. Der Grad unserer Liebe richtet sich nach der Anzahl der Saiten, die die Finger unserer schönen Geliebten in unserm Herzen erklingen lassen.

      Der Goldschmiedssohn Biron besteigt das Bett der Herzogin von Kurland und bringt sie dahin, das Versprechen zu unterzeichnen, wonach er zum Herrscher des Landes erklärt werden soll, wie er bereits der Herrscher der jungen hübschen Herrscherin ist. Dies ist vorbildlich für das Glück, das unsere vierhunderttausend Frauen ihren Liebhabern verschaffen müssen.

      Um sich aus all den Köpfen, die sich in einem Salon zusammendrängen, gleichsam einen Fußboden machen zu dürfen, muß man der Liebhaber einer dieser Elitefrauen sein. Herrschen aber wollen wir alle gern.

      Auf diesen glänzenden Teil der Nation richten sich denn auch alle Angriffe der Männer, die durch Erziehung, Talent oder Geist Anspruch darauf haben, bei der Verteilung der menschlichen Glücksgüter; auf die die Völker stolz sind, berücksichtigt zu werden; und nur in dieser Klasse findet sich die Frau, deren Herz ›unser‹ Ehemann bis zum letzten Blutstropfen verteidigen wird.

      Ob die Betrachtungen, zu denen unsere weibliche Aristokratie Anlaß gibt, sich auch auf die andern Gesellschaftsklassen anwenden lassen oder nicht – was macht das aus? Was für diese Frauen gilt, deren Benehmen, Sprache, Denken so gewählt ist; in denen eine exklusive Erziehung den Geschmack an schönen Künsten, die Fähigkeit des Fühlens, Vergleichens, Nachdenkens entwickelt hat; die einen so erhabenen Begriff von Schicklichkeit und Höflichkeit haben und für die Sitten Frankreichs tonangebend sind – was für diese gilt, das muß sich auch auf die Frauen aller Nationen und aller Rassen anwenden lassen. Der überlegene Mensch, dem dieses Buch gewidmet ist, besitzt notwendigerweise eine gewisse Gedankenoptik, vermöge deren er die Lichtabstufungen in jeder Klasse verfolgen und erkennen kann, bis zu welchem Grade von Zivilisation jede einzelne Beobachtung noch ihre Wahrheit behält.

      Ist es also nicht von hohem Interesse für die Moral, wenn wir jetzt versuchen, die Anzahl der tugendhaften Frauen festzustellen, die sich etwa unter diesen anbetungswürdigen Geschöpfen befinden? Liegt darin nicht eine marito-nationale Frage?

      Die tugendhafte Frau

      Die Frage dreht sich vielleicht nicht so sehr um die Feststellung, wie viele tugendhafte Frauen es gibt, als darum, ob eine anständige Frau tugendhaft bleiben kann.

      Um über einen so wichtigen Punkt helleres Licht verbreiten

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