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die Regierten?

      Ist es mit der Gesellschaftsordnung wie mit jenen Jüngelchen, die sich im Theater die Ohren zuhalten, um die Flintenschüsse nicht zu hören? Hat sie Angst davor, die Sonde in ihre Wunde führen zu lassen? Oder sollte man allgemein der Meinung sein, daß es gegen dieses Übel kein Heilmittel gibt und daß man die Dinge gehen lassen muß, wie sie gehen? Aber hier liegt eine Frage vor, die die Gesetzgebung angeht; denn es ist unmöglich, dem materiellen und sozialen Dilemma zu entgehen, in das wir geraten, indem wir die Bilanz der ehelichen Tugend unserer Gesellschaft ziehen. Es ist nicht unseres Amtes, diese schwierige Frage zu lösen; nehmen wir indessen einen Augenblick, an, daß zum Schutze so vieler Familien, so vieler Frauen, so vieler ehrbaren Mädchen, die Gesellschaft sich genötigt sähe, gewissen Herzen ein Patent und damit ein Recht zu geben, die Bedürfnisse der Junggesellen zu befriedigen; mußten alsdann nicht unsere Gesetze diesen weiblichen Deziussen, die sich für das Staatswohl aufopfern und aus ihren Leibern eine Schutzwehr für die anständige Familie machen, Zunftrechte verleihen? Die Gesetzgeber haben sehr unrecht, daß sie bis jetzt es verschmäht haben, dem Lose der Kurtisanen feste Regeln zu geben.

      XXIII. Wenn die Kurtisane ein Bedürfnis ist, sollte sie eine Staatseinrichtung sein.

      Diese Frage starrt von so vielen Wenn und Aber, daß wir sie unsern Enkeln vermachen; man muß auch ihnen noch etwas zu tun übrig lassen. Übrigens ist sie für dieses Werk vollkommen nebensächlich; denn heutzutage ist das Feingefühl höher entwickelt denn je; zu keiner Zeit hat man so viel von Sitte gewußt, weil man niemals so deutlich empfunden hat, daß echte Lust aus dem Herzen kommt. Und angesichts unserer vierhunderttausend jungen und hübschen Frauen, die mit allem Glanz des Reichtums, mit aller Anmut des Geistes geschmückt sind, die über alle Schätze der Koketterie verfügen und freigebige Spenderinnen des Glücks sind – welcher feinfühlige Mann, welcher Junggeselle ginge da ...? Pfui!

      Fassen wir also für unsere künftigen Gesetzgeber die Lehren dieser letzten Jahre in klarer und kurzer Form zusammen:

      XXIV. In der gesellschaftlichen Ordnung entspringen die unvermeidlichen Mißbräuche aus Naturgesetzen, nach denen der Mensch sich seine Begriffe von bürgerlichen und staatlichen Gesetzen bilden muß.

      XXV. »Der Ehebruch«, sagt Chamfort, »ist ein Bankrott, jedoch mit dem Unterschied, daß nicht der Bankrottierer, sondern der durch den Bankrott Geschädigte der Entehrte ist.«

      In Frankreich bedürfen die Gesetze über den Ehebruch und über den Bankrott tiefgreifender Abänderungen. Sind sie zu milde? Liegt ihr Fehler darin, daß sie von falschen Grundsätzen ausgehen? Caveant consules!

      Nun, mutiger Athlet, der du die kleine Ansprache an die mit einer Frau Behafteten in unserer ersten Betrachtung auf dich bezogen hast – was sagst du dazu?

      Wir wollen hoffen, daß du bei unserm flüchtigen Überblick über diese Fragen keine Angst bekommen hast, daß du nicht zu den Leuten gehörst, denen das Rückgrat siedendheiß wird und ihr Nervenfluidum zu Eis erstarrt, wenn sie einen Abgrund oder eine Boa constrictor erblicken! Ei, mein lieber Freund: Wer da hat Land, hat auch Kriegsbrand. Die Männer, die nach deinem Gelde trachten, sind noch viel zahlreicher als diejenigen, die nach deiner Frau trachten.

      Und schließlich steht es ja den Ehemännern frei, diese Tändeleien für Berechnungen oder diese Berechnungen für Tändeleien zu nehmen. Das Allerschönste am ganzen Leben sind seine Illusionen. Das Allerachtungswerteste sind unsere an und für sich ganz wertlosen Glaubensmeinungen. Gibt es nicht viele Leute, deren Grundsätze nur Vorteile sind, die nicht stark genug sind, um ein ›Glück an sich‹ und eine ›Tugend an sich‹ begreifen zu können, und die sich daher mit einer von den Gesetzgebern fix und fertig gelieferten Glückseligkeit und Tugend zufriedengeben? Daher wenden wir uns auch nicht an alle diese Manfreds, die zu viele Röcke hochgehoben haben und daher jetzt in den Augenblicken, wo eine Art von moralischem Spleen sie quält, alle Schleier lüften wollen. Soweit sie in Betracht kommen, haben wir jetzt die Frage klipp und klar aufgestellt, und wir kennen die Ausdehnung des Übels.

      Es erübrigt uns, zu betrachten, welche Aussichten im allgemeinen jeder Mann hat, wenn er eine Ehe eingeht, und besonders die Umstände zu untersuchen, die in dem Kriege, aus dem unser Kämpe als Sieger hervorgehen soll, seine Kräfte schwächen.

      Die Prädestinierten

      Prädestiniert bedeutet: im voraus zu Glück oder Unglück bestimmt. Die Theologie hat sich dieses Wortes bemächtigt und bedient sich seiner stets, um die Seligen zu bezeichnen; wir dagegen legen diesem Ausdruck eine Bedeutung bei, die für unsere Auserwählten – von denen man im Gegensatz zu denen des Evangeliums sagen kann: »Viele sind berufen und viele sind auserwählt« – nicht eben angenehm ist.

      Die Erfahrung hat gelehrt, daß gewisse Menschenklassen mehr als andere gewissen Schwächen und Leiden unterliegen: die Gascogner zum Beispiel übertreiben gern, die Pariser sind eitel; vom Schlagfluß werden besonders Kurzhalsige getroffen; der Karbunkel – eine Art Beulenpest – stürzt sich mit Vorliebe auf die Fleischer, die Gicht auf die Reichen, die Gesundheit auf die Armen, die Schwerhörigkeit auf die Könige, die Gliederlähmung auf die Verwalter. So hat man auch bemerkt, daß gewisse Klassen von Ehemännern besonders bevorzugte Opfer der illegitimen Leidenschaften werden. Diese Ehemänner und ihre Frauen beanspruchen den größten Teil der Junggesellen. Sie bilden eine Aristokratie etwas eigentümlicher Art. Sollte irgendein Leser sich in einer dieser aristokratischen Klassen befinden, so werden er oder seine Frau – wenigstens hoffen wir es – Geistesgegenwart genug besitzen, sich sofort des Lieblingssatzes in Lhomonds lateinischer Grammatik zu erinnern: »Keine Regel ohne Ausnahme.« Ein Hausfreund kann sogar den Spruch zitieren:

      Die Anwesenden sind immer ausgenommen.

      Und alsdann wird ein jeder von ihnen im stillen Innern das Recht haben, sich für eine Ausnahme zu halten. Aber unsere Pflicht, unsere Teilnahme für die Ehemänner und unser Wunsch, alle die vielen jungen und hübschen Frauen vor den Launen und Unannehmlichkeiten zu bewahren, unter denen ein Liebhaber sie wird leiden lassen – dies alles nötigt uns, die Ehemänner, die sich ganz besonders in acht nehmen müssen, in Reih und Glied aufmarschieren zu lassen.

      In dieser Aufzählung müssen die erste Stelle jene Ehemänner einnehmen, die durch ihre Geschäfte, Ämter oder Dienstobliegenheiten zu bestimmten Stunden und während einer bestimmten Zeit von Hause ferngehalten werden. Diese werden das Banner der Gilde zu tragen haben.

      Unter ihnen nennen wir mit besonderer Auszeichnung die unabsetzbaren und absetzbaren Beamten, die genötigt sind, einen großen Teil des Tages im Justizpalast zu verweilen. Die andern Beamten machen es doch zuweilen möglich, ihr Bureau zu verlassen; aber ein Richter oder königlicher Staatsanwalt, die auf den liliengeschmückten Sesseln thronen – die müssen sozusagen während der Gerichtsverhandlung sterben. Das ist ihr Schlachtfeld.

      Dasselbe gilt von den Abgeordneten und Pairs, die über die Gesetze zu beraten haben; von den Ministern, die mit dem König arbeiten; von den Abteilungsvorständen, die mit den Ministern arbeiten; von den Militärs, die im Felde liegen; und endlich vom Korporal, der Patrouillendienst hat – wie aus Lafleurs Brief in der ›Sentimentalen Reise‹ hervorgeht.

      Gleich hinter den Leuten, die sich zu bestimmten Stunden aus ihrer Wohnung entfernen müssen, kommen jene, denen umfangreiche und ernste Geschäfte keine Minute Zeit lassen, um liebenswürdig zu sein; ihre Stirnen sind stets sorgenvoll, ihre Unterhaltung ist selten heiter.

      An die Spitze dieser zum Hörnertragen besonders veranlagten Scharen stellen wir jene Bankiers, die fortwährend mit Millionen arbeiten, deren Kopf dermaßen mit Berechnungen angefüllt ist, daß schließlich die Zahlen die Hirnschale durchdringen und sich in Additionsreihen über ihrer Stirn erheben.

      Diese Millionäre vergessen die meiste Zeit die heiligen Gesetze der Ehe und die Pflege, auf die die von ihnen zu hegende zarte Blume Anspruch macht, und denken niemals daran, sie zu begießen, sie vor Frost oder Hitze zu bewahren. Kaum wissen sie, daß das Glück einer Gattin ihnen anvertraut worden ist; sie erinnern sich höchstens daran, wenn sie bei Tische eine reichgeschmückte Frau vor sich sehen oder wenn die Kokette anmutig wie Venus zu dem gefürchteten groben Brummbär

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