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nie gekannte Glückseligkeit nimmt von ihr Besitz. Sie spiegelt sich in ihren Augen. Es ist ihr auch gleichgültig, daß Frank Bendler zu ihr her­übersieht, gerade als er ihr den Ring an den Finger schiebt.

      »Er soll dir Glück bringen, wie du es verdienst«, hört sie seine Stimme in einem Freudenrausch untergehen. Alles verwirrt sich um sie. Sie möchte am liebsten alle Gäste aus dem Lokal werfen und ihre Arme um William Reincke legen.

      »Geh jetzt«, stößt sie erregt hervor. »Komme heute gegen drei Uhr morgens wieder. Die Hintertür wird offenstehen. Rechts die dritte Tür führt zu meiner Wohnung.« Sie sieht ihn beschwörend an. »Wirst du kommen?«

      Er nickt. »Ich komme.«

      Er fährt zurück, sucht sofort sein Zimmer auf und verbringt die Zeit des Wartens mit Lesen, dabei läßt er die Uhr auf dem Kaminsims nicht aus den Augen. –

      *

      »Du treibst ein frivoles Spiel mit mir.« Hart umspannt Frank Bendler das Handgelenk Marions, die, in einen seidenen Hausrock gehüllt, lesend auf der Couch saß und bei seinem Eintritt entsetzt in die Höhe geschnellt ist.

      »Laß mich los«, fährt sie ihn empört an und reibt sich das schmerzende Handgelenk. »Ich habe dir gesagt, daß ich einmal wenigstens allein sein will.«

      »Es gab einmal eine Zeit, da warst du sehr froh, wenn ich dir Gesellschaft leistete«, sagt er geduldig. Er hat etwas von einem treuen Hund in seinen Augen. Aber die Frau sieht es nicht.

      »Sei nicht tragisch, Frank«, verweist sie ihn und zwingt sich zur Ruhe. »Darf ich mir denn nicht einmal allein gehören?«

      »Du hast etwas vor, was du mir verheimlichst. Ich kenne dich doch.« Sein Blick fällt auf ihre schlanke, gepflegte Hand. Die Smaragden leuchten im Lampenlicht auf. »Woher stammt der Ring?«

      Von unten herauf sieht sie ihn an. »Gekauft, mein Lieber. Kann ich mit meinem Geld nicht machen, was ich will?«

      »Das hast du ja immer getan, und es geht mich auch nichts an. Dieser Ring ist ein Geschenk Reinckes.«

      Ihre Mundwinkel ziehen sich verächtlich herab. »Nun ja, Reincke hat ihn mir geschenkt.«

      »Warum lügst du dann?« forscht er unerbittlich weiter.

      »Ich lüge soviel ich will –«, schreit sie unbeherrscht.

      »Das weiß ich längst, Marion.« Jetzt ist auch die Traurigkeit in seiner Stimme. »Ich kenne mich selbst nicht mehr aus. Ich liebe dich, Marion. Gib den Ring zurück, bitte, er verpflichtet. Ich will das nicht. Gib mir meine Ruhe wieder. Laß uns endlich heiraten.«

      »Du bist verrückt«, schleudert sie ihm entgegen.

      »Verrückt nach dir, das stimmt. Aber ich habe dich schon einmal gewarnt, du sollst nicht mit mir spielen, Marion.«

      »Frank«, sagt sie leise und hebt die Arme zu ihm auf. »Laß doch diese unsinnige Eifersucht. Du kannst mir glauben, mir bedeutet kein anderer Mann etwas.«

      Er fühlt ihre weichen Arme um seinen Hals.

      Sie zieht ihn zu sich herunter, preßt ihren heißen, weichen Mund auf seine Lippen, und Frank Bendler ist wie Wachs.

      »Sag mir, daß du mich liebst, daß du mich heiraten willst.«

      Sie seufzt und schiebt ihn ein wenig von sich. »Gut, Frank, ich liebe dich und werde dich heiraten.«

      »Marion!« Das ist ein Aufschrei, der alle Zweifel, alle Eifersucht mit sich hinwegspült.

      Mit Widerwillen erträgt sie seine heiße Umarmung, liegt still in seinen Armen und denkt an William Reincke. Wie sie sich nach ihm sehnt. Jetzt weiß sie es ganz genau. Ihr Herz ist doch nicht tot und leer. Es schlägt für William Reincke.

      Draußen entfernen sich leichte Männerschritte, die von dem sich liebkosenden Paar nicht vernommen werden.

      William Reincke geht auf Zehenspitzen den Weg zurück, den er gekommen ist. Ein unergründliches Lächeln steht um seinen Mund.

      Wie gut, daß er eine halbe Stunde früher gekommen ist.

      *

      Als Eva-Maria Harris aus dem Schlitten steigt, mit dem Onkel Charly sie von der Bahn abgeholt hat, ist ihre erste Frage nach Ulrich Karsten.

      »Du wirst ihn gleich selbst sehen und urteilen können«, weicht er aus, und sie bemerkt vor lauter Aufregung nicht das feine Schmunzeln um seinen Mund.

      In der weiten Halle, mit den riesigen, weichen Sesseln, den Pantherfellen vor dem Kamin, den schweren Silberleuchtern mit den gelblichen Kerzen, steht sie plötzlich Ulrich Karsten gegenüber.

      Er hat sich äußerlich gut erholt. Das krankhaft Blasse ist nicht mehr in seinem Gesicht.

      »Guten Tag«, sagt sie verwirrt, denn das ist wieder ein anderer Karsten. Ein Mensch, der seine wahren Gefühle hinter einer Maske von Spott und Hohn verbirgt.

      »Ich freue mich, Sie wiederzusehen, gnädiges Fräulein«, sagt er höflich. Sie starrt ihn sekundenlang an, dann senkt sie verwirrt den Kopf und hängt sich in den Arm ihres Onkels. Seit wann ist er so förmlich zu ihr?

      Später nehmen sie den Tee ein. Karsten läßt sich mit Arbeit entschuldigen. Eva-Maria verbirgt ihre Enttäuschung hinter einer unnatürlichen Lustigkeit.

      »Ach, Onkel, ich bin wirklich froh, wieder einmal bei dir zu sein.«

      »Auf wie lange denn?« erkundigt er sich und tätschelt ihre Hand.

      »Nur zehn Tage, Onkel. Weißt du«, fährt sie lebhaft fort. »Ich muß dann wieder heim. Da sind ein paar Auktionen, denen ich unbedingt beiwohnen muß.«

      »Das dumme Geschäft«, sagt Harris enttäuscht. »Nie hat man dich für sich allein. Immer muß ich dich mit deinem Geschäft teilen.«

      »Lieber Onkel Charly.« Sie rückt näher zu ihm heran und lehnt den schönen Kopf gegen seine Schulter. »Du bist ja immer bei mir, überall spüre ich deine Nähe.«

      Schöner Trost – denkt Harris trocken – ich sitze hier und sie drüben.

      »Mir ist die lebendige Eva-Maria lieber«, sagt er aus seinen Gedanken heraus. Er hebt die Schultern. »Aber du mußt das selbst wissen, Kind. Jeder soll das Recht haben, sein Leben nach eigenen Wünschen einzurichten. Ich dachte immer, du würdest heiraten und viele Kinder haben. Sieh mal, das Haus ist so riesengroß, viel zu groß für mich alten Knacker.«

      »Alter Knacker?« wiederholt sie lachend, und damit verbirgt sie den leisen Schmerz, der ihr Inneres berührt. Heiraten, Kinder haben, wie wundervoll. Aber den einen kann ich nicht bekommen, und die anderen will ich nicht haben.

      »Was machen die Pferde?« lenkt sie rasch ab. »Wollen wir in die Ställe gehen? Und wie weit ist der Umbau?«

      »Umbau?« fragt er erstaunt. »Aber, Kind, bei mir wird doch gar nicht umgebaut. Hinten im Park entsteht ein wundervolles Haus. Eigentlich sollst du es erst sehen, wenn es fertig ist. Karsten treibt die Leute an und arbeitet wie ein Besessener. Er kann etwas.«

      »Ein neues Haus?« verwundert sie sich, »und soeben erklärtest du mir, daß dieses hier schon zu groß für dich sei? Das verstehe ich nicht.«

      Er wird ganz verlegen. »Gott, ich meinte, junge Menschen würden sich in dem alten Kasten nicht wohl fühlen.«

      Sie hat ihn durchschaut. Für sie, für sie läßt er das neue Haus bauen. Sie fühlt, wie ihr die Tränen in die Augen steigen, Tränen der Rührung. »Ach, Onkel Charly«, sagt sie nur, aber was liegt nicht alles darin: Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit und Sehnsucht.

      »Nun komm«, reißt er sie aus ihren schmerzhaften Gedanken, und willig folgt sie ihm. Sie gehen über den Vorhof hinüber zu den Ställen.

      »Schön ist es hier.« Sie steckt, wie immer, ihre Hand in seine Jackettasche und drückt seine Finger.

      Wenige

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