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schmerzhaft erinnert. Er könnte wieder Selbstvertrauen zu sich fassen und sich in seinem Beruf zurechtfinden.«

      Andächtig fast hat er ihr gelauscht. »Sie sind großartig, Fräulein Harris.« Er legt seine Hand auf ihre schmalen, im Schoß verschlungenen Finger. »Ich werde das Zusammentreffen arrangieren. Verlassen Sie sich auf mich.«

      *

      In Decken gehüllt sitzt Ulrich Karsten vor dem Kamin, in dem ein lustiges Feuer brennt. Ein sorgsam gedeckter Teetisch ist nahe an das Feuer gerückt, und Frau Lieselotte bedient ihn aufmerksam. Ihm gegenüber lehnt William Reincke und ärgert die Dackelhündin Blondi, bis sie sich knurrend und beleidigt in ihr Körbchen zurückzieht.

      In diesem Augenblick wird Eva-Maria Harris gemeldet. Reincke wirft einen schnellen Seitenblick auf Karsten, doch der ist ganz in sich versunken.

      »Ich lasse bitten«, sagt Lieselotte Reincke und freut sich auf den unverhofften Besuch. Lebhaft wendet sie sich an den Gast. »Jetzt werden Sie eine ganz entzückende Frau kennenlernen, Herr Karsten. Ihre Berufe ähneln sich ein wenig. Sie sind Architekt, und sie gestaltet mit antiken, kostbaren Möbeln besondere Zimmer aus.«

      »Soll ich mich nicht lieber zurückziehen?« Karstens noch stubenblasses Gesicht sieht unglücklich aus.

      »Aber nein, Herr Karsten«, ereifert Lieselotte Reincke sich. »Es wird Zeit, daß Sie unter Menschen kommen. Unter gebildete, großzügige Menschen. Sie bleiben«, bestimmt sie energisch.

      Groß werden seine Augen, als er Eva-Maria Harris erkennt. Auch sie empfindet die Behaglichkeit dieser Teestunde sofort, und ein Glücksempfinden ohnegleichen durchpulst sie.

      Dann sitzt sie zwischen Karsten und Reincke, nimmt aus den Händen der Hausfrau die Teetasse und sieht sich mit heißen Wangen um. Auf dem Kamin bleibt ihr Blick haften.

      »Das Gitter wird Ihnen gefallen«, sagte sie begeistert. »Wann darf ich es Ihnen zusenden?«

      »Wann es Ihnen paßt. Ich freue mich darauf«, erwidert Frau Lieselotte und reicht dem Gast die Silberschale mit den Keksen.

      Unter den dichten Wimpern wirft Eva-Maria dem stumm dabeisitzenden Karsten einen prüfenden Blick zu. Wie sehr er sich verändert hat. Wieviel Hoffnungslosigkeit liegt über seiner ganzen Erscheinung.

      Plötzlich ist sie mit William Reincke in ein Gespräch über Pferde vertieft.

      »Ich bin schon als Fünfjährige geritten«, erzählt sie lebhaft. »Mein Onkel hat mir die Anfangsgründe des Reitens beigebracht. Später hat er es manchmal bereut, da mir kein Zaun, keine Hecke zu hoch waren. Übrigens –«, sie wechselt einen schnellen Blick des heimlichen Einverständnisses mit Reincke. »Mein Onkel hat mir geschrieben. Er will wieder einmal bauen, ich würde einmal bei ihm wohnen; selbst wenn ich eine alte Jungfer bleibe, soll ich es gemütlich bei ihm haben. Gegen Onkel Charly kann ich nicht ankommen. Er hat einen eisenharten Kopf.

      Wissen Sie keinen Architekten, der nach England gehen würde?«

      Noch nie hat Reincke ein harmloseres Gesicht gemacht, als er auf den aufhorchenden Karsten weist. »Warum in die Ferne schweifen, Fräulein Harris. Hier sitzt der Mann. Wußten Sie das nicht mehr?«

      Eva-Maria schlägt sich gegen die Stirn. »Tatsächlich, Herr Reincke.« Sie spielt ihre Rolle mit Überzeugung. »Im Augenblick habe ich das tatsächlich vergessen.«

      Jetzt spricht sie direkt zu Karsten.

      »Nun, Herr Karsten, würde Sie das nicht reizen? Neue Menschen, neue Umgebung, einen einigermaßen annehmbaren Bauherrn. Sehr bequem ist Onkel Charly nicht, das muß ich Ihnen im voraus sagen. Aber der Auftrag wäre doch etwas für Sie?«

      In Karstens Augen tritt ein Leuchten. Er sieht seine Entwürfe vor sich. Ihm zuckt es förmlich in den Händen, so sehr drängt es ihn nach dem Zeichenstift. Wie lange ist das her?

      »Nach England?« sagt er und wendet rasch den Blick zur Seite. Man soll ihm nicht ansehen, wie schon allein der Gedanke ihn glücklich macht.

      »Aber da gibt es doch gar kein Besinnen«, wirft sich jetzt auch Frau Lieselotte zum Fürsprecher auf. »Wenn es der Onkel Doktor erlaubt, packen wir die Koffer und dann auf – gen England.«

      »Ich weiß nicht«, zweifelt Karsten und blickt von einem zum anderen. Überall stößt er auf heimliche Aufmunterung.

      »Vielleicht fragen wir erst Doktor Winzer«, meint er zögernd. Er ist ganz und gar durcheinander. Seine Hände, die die Teetasse halten, zittern. Er merkt nicht, daß man ein Komplott zu seinem Besten geschmiedet hat. »Ich möchte auf keinen Fall versagen.«

      Eva-Maria Harris neigt sich ihm etwas zu. »Sie können sich auch in England auskurieren. Sie haben auf unserem Landsitz die beste Luft. Soll ich meinem Onkel schreiben? Er wird sich sicherlich riesig freuen.«

      Auf einmal schießt Mißtrauen wir eine Flamme in ihm empor.

      »Lassen Sie mir etwas Zeit«, bittet er mit rauher Stimme, und sie nickt dazu. Dann läuft das Gespräch wieder in ruhigeren Bahnen.

      *

      Im Hause Reincke geht wieder alles seinen alten Gang. Karsten ist tatsächlich abgereist und alles hat aufgeatmet. Am glücklichsten ist Eva-Maria Harris, die ihn mit der Familie Reincke zum Flugzeug gebracht hat.

      »Ich komme bald nach«, hat sie ihm zum Abschied zugeflüstert. »Da ich meinen Urlaub bei meinem Onkel verbringe. Hoffentlich sind Sie noch da, wenn ich dort eintreffe.«

      Sie hat sein Gesicht, mit dem wehmütigen Zug um den Mund mit sich genommen. Wird sie ihn glücklicher in England antreffen?

      William Reincke hat sich in sein Studierzimmer zurückgezogen und hinter alten Schmökern vergraben. Aber er findet keine rechte Sammlung bei seiner Arbeit.

      Immer wieder grübelt und überlegt er. Es gilt einen Plan auszuarbeiten, in dem alle Möglichkeiten eingeschlossen sein müssen. Und zu keinem spricht er darüber. Nach außen hin ist er der unbekümmerte, stets zu einem Scherz aufgelegte, Mann.

      Abends wird er munter. Da kleidet er sich sorgfältig an und fährt mit seinem Wagen zur Bar »Zum Blauen Engel«.

      Frank Bendler sieht ihn nicht mehr mit unfreundlichen Seitenblicken an. Er grüßt höflich, setzt sich mitunter zu ihm und trinkt mit ihm.

      Auch heute schwingt er sich auf den Barhocker vor Marion Wendland. Sie sieht bezaubernd schön aus in einem meergrünen, raffiniert einfach geschnittenen Cocktailkleid.

      Er muß sie immerfort ansehen und irgendwie tut ihr Anblick ihm weh. Aber davon ist seinen strahlenden Augen nichts anzusehen.

      »Haben Sie Frank Bendler nun endlich die Wahrheit gesagt?« fragt er in der Pause, da die Bar sich geleert hat und die Paare sich auf der Tanzfläche drehen.

      »Welche Wahrheit?« fragt sie zu­rück und hält den Atem an.

      »Nun, daß er sich keine Hoffnungen zu machen braucht«, entgegnet er seelenruhig. »Und können Sie mir nun eine Antwort auf meine Frage geben?«

      »Welche Frage?« weicht sie aus, obgleich sie sofort weiß, was er meint. »Sie haben mich sehr viel gefragt.«

      »Aber nur eine einzige Frage blieb unbeantwortet.« Er greift nach ihrer Hand.

      »Wollten wir nicht zusammen eine Schlittenpartie machen?« lenkt sie ab. Er greift in seine Rocktasche und beschäftigt sich mit einem kleinen Lederetui. Er tut, als habe er ihre Frage nicht gehört.

      »Ich habe Ihnen etwas mitgebracht, Marion.« Er läßt den viereckigen Kasten aufspringen. Ein kostbarer Ring, mit grünen Smaragden geschmückt, liegt vor ihr.

      Vor Überraschung preßt sie die Hand gegen den Mund. Ihre Augen flammen begehrlich auf. »Der – der soll mir gehören?«

      »Es soll Ihr Verlobungsring sein«, sagt er mit ungewöhnlichem Ernst. »Wir können mit der Veröffentlichung ja noch etwas warten, ganz wie Sie wünschen.«

      »William!« stößt sie

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