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vor meiner Nase wegholen, und davor schützt sie alle Tüchtigkeit nicht. Verstanden?«

      »Jawohl, Herr Professor«, gab der Oberarzt lachend zu, und den Rest seiner Worte verschluckte er. Es hätte ungefähr so geklungen: Und dieser Arzt möchte ich sehr gern sein.

      Doch soweit war er noch lange nicht.

      Der Oberarzt straffte sich, drängte alle Gedanken, die zu Angela liefen, zurück und begann, sachlich zu berichten.

      In knapp einer Stunde war Langhammer unterrichtet und nickte beifällig.

      »In Ordnung, Heykens, war bei Ihrer Tüchtigkeit ja auch nicht anders zu erwarten. Nun zu mir. Auf dem Ärztekongreß in Frankfurt hatte ich Gelegenheit, auf Ihr neues Heilverfahren hinzuweisen. Man hat sehr viel Interesse dafür gezeigt und fordert Sie durch mich auf, in einem Vortrag Ihre Beobachtungen auf dem Gebiet der Krebsforschung bekanntzugeben. Passen Sie auf, Heykens, Sie wachsen mir noch über den Kopf!«

      »Wirklich?« strahlte Peter Heykens, und dunkle Röte goß sich in seine Stirn. »Das ist ja mehr als ich erwartet habe. Natürlich habe ich das Ihrer Fürsprache zu verdanken…«

      »Unsinn«, unterbrach Langhammer ihn kurz, »das hat mit mir gar nichts zu tun! Wären Ihre Forschungen nicht so erstaunlich, hätte ich mir den Mund fusselig reden können, keinen Hund hätte ich hinter dem Ofen hervorgelockt.«

      Das war eine kleine Probe von des Professors Grobheit, ging es Heykens durch den Kopf, und abermals dachte er an das liebe Mädel, das im Vorzimmer saß und sicher aufgeatmet hatte, als die Vorstellung vorüber war.

      Nichts als Güte steckt hinter dieser Grobheit, sann Heykens weiter. Keiner kann das besser beurteilen als ich.

      Ordentlich warm wurde ihm ums Herz. Und wenn der Professor es zehnmal ableugnete, er wußte schon, wie der Gang der Dinge war. Ebnete ein Mann wie Professor Langhammer einem jungen, vorwärtsstrebenden Arzt den Weg, war er von vornherein in Gnaden aufgenommen. Er hütete sich aber, noch einmal daran zu rühren.

      Professor Langhammer riß ihn aus seinen freundlichen Gedanken. »Ende der Woche bekommen wir Besuch, Professor Reinhardt und Professor Schuster. Die Herren wollen Sie unbedingt kennenlernen. Machen Sie Ihre Sache gut, Heykens, es hängt viel davon ab für Sie. Ihre schriftlichen Unterlagen sind doch in Ordnung?«

      »Gewiß, Herr Professor«, versicherte Dr. Heykens lebhaft.

      »Gut! Ich verlasse mich auf Sie – blamieren Sie mich nicht! Schon gut, schon gut! Vorläufig sind wir fertig miteinander. Jetzt will ich mich noch einmal über Ihre Aufzeichnungen machen. In einer halben Stunde können Sie mich zur Visite abholen.«

      »Vielen Dank, Herr Professor«, sagte Dr. Heykens und klappte die Hacken zusammen.

      In der nächsten Minute fühlte sich Angela plötzlich von hinten umschlungen, und als sie sich erschrocken umdrehte, sah sie in das glückstrahlende Gesicht Peter Heykens’!

      »Mein Gott, Herr Doktor!« stammelte sie und versuchte, die sie umschlingenden Arme zu lösen, was ihr aber nicht gelingen wollte.

      »Ach, Angela, liebe kleine Angela, Sie haben ja keine Ahnung!« strahlte er sie an und gab sie dann mit einem tiefen Aufatmen frei, zog sich einen Stuhl herbei und setzte sich.

      Verloren hing ihr Blick an seinem aufgeschlossenen Gesicht.

      »Ihnen muß ja etwas besonders Schönes begegnet sein«, sagte sie leise, von seiner Freude irgendwie ergriffen.

      »Ja, Fräulein Angela, etwas sehr, sehr Schönes!« und dann riß der allzeit bedächtige Dr. Heykens Angelas Hände in die seinen. »Sie haben mir Glück gebracht, kleine Angela.«

      Ein seltsames Gefühl hielt Angelas Mund verschlossen. Sie freute sich nur unbändig, daß er in so warmherziger Weise zu ihr sprach.

      »Sobald ich darüber reden kann, werden Sie die erste sein, die es erfährt«, hörte sie seine Stimme wieder an ihr Ohr schlagen. »Und nun habe ich eine große Bitte an Sie.«

      »An – mich?« wunderte sich Angela.

      »Ja, an Sie, Fräulein Angela.« Er war wieder ernst geworden. »Sehen Sie, ich bin immer ein einsamer und etwas schwerfälliger Geselle gewesen, aber plötzlich stört mich dieses Alleinsein ungemein. Machen Sie mir die Freude und schenken Sie mir morgen abend ein paar Stunden ihre Gesellschaft! Ich möchte Sie irgendwo hinführen, wo Sie gern sind. Wie ist es mit einem Theaterbesuch?«

      Er fühlte, wie ihre Hände zitterten, und hielt sie nur noch fester. Da sie noch immer schwieg, fragte er enttäuscht:

      »Sie wollen nicht?«

      »Doch – sehr gern sogar. Aber…«

      »Aber?« drängte er.

      »Ich – ich war noch nie ohne Mutti aus«, stieß sie zögernd hervor.

      Ein Lächeln der Rührung huschte über seine Züge.

      »Einmal müssen Sie aber doch den Anfang machen, kleine Angela. Bitte, haben Sie doch so viel Mut, mir zuliebe, und erbitten Sie sich Urlaub! Oder soll ich bei Ihrer Frau Mutter anfragen? Ich verspreche Ihnen, Sie wohlbehalten wieder daheim abzuliefern.«

      Hilflos war Angela ihren Empfindungen preisgegeben. Sie hätte lachen und weinen mögen zugleich. Als er ihre Hände endlich freigab, wobei ein Schatten sich über sein eben noch strahlendes Gesicht legte, sagte sie herzlich:

      »Ich komme mit, Mutti erfüllt mir sicherlich gern den Wunsch. Ein wenig kennt sie Sie schon durch Onkel Fritz.«

      Sofort hellten sich seine Züge auf, und etwas wie Übermut brach aus ihm hervor.

      »Schon wieder dieser Onkel Fritz, an dem Sie mit so viel Liebe hängen?«

      »Dr. Fritz Hersfeld«, erklärt sie mit einem reizenden Lächeln.

      Er lachte hell und unendlich erleichtert auf.

      »Ach, der Fritz? Jetzt verstehe ich! Hat er Ihnen etwa auch eine Räubergeschichte über mich erzählt wie von unserm Professor?«

      Sie schüttelte den Kopf, und das Lächeln blieb.

      »Noch viel schlimmer.«

      »Das ist allerhand!« entrüstete er sich.

      »Sind Sie gar nicht neugierig?« fragte sie mit leiser Schelmerei, die er entzückend an ihr fand.

      »Er meinte, wenn er eine Tochter hätte, dann müßte sie ihm einen Schwiegersohn bringen, der Ihnen ähnlich wäre.«

      »Dieser Schmeichler!« entfuhr es ihm halb grollend, halb verlegen. »Das kann er ja haben.«

      Angela sah ihn verwundert an.

      »Onkel Fritz hat aber doch nur einen Sohn, und der ist erst vier Jahre alt.«

      Spitzbübisch schielte er sie von der Seite an.

      »Vielleicht hat er aber eine Nichte?«

      »Das – das weiß ich nicht«, erwiderte Angela, und war auf einmal sehr traurig.

      Dr. Heykens’ Blick fiel auf die Uhr, und erschreckt sprang er in die Höhe.

      »Entschuldigen Sie, Angela, ich bin mehr als pflichtvergessen – meine Patienten! Also, es bleibt dabei, morgen abend. Wo darf ich Sie erwarten?« drängte er und zog schnell ihre Hand an die Lippen.

      »Ich kann Ihnen erst morgen Bescheid geben«, konnte sie gerade noch flüstern, da war er aber schon draußen.

      Beglückt sah sie auf ihre Hand hinab. Geküßt hatte er sie! Der erste Handkuß – von Peter Heykens!

      Sie fühlte, wie es ihr warm durch den Körper rieselte. Verwirrt strich sie sich das Haar aus der Stirn. Wie merkwürdig beengt ihr auf einmal die Brust war!

      Gewaltsam riß sie sich von ihren Gedanken los, die immer zu Dr. Heykens drängten.

      Pflichtvergessen hat er sich genannt? Sie mußte lächeln. Sie war nicht anders.

      Mit

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