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      »Seien Sie mir willkommen, Dr. Heykens!« sagte sie bewegt.

      Ein ernster, forschender Blick hüben und drüben, und auf beiden Gesichtern sprang zugleich ein herzliches Lächeln auf.

      »Ich weiß, Sie werden mein Kind glücklich machen«, vollendete Bettina ergriffen.

      Langsam ging sie ins Haus, um dem Mädchen einen Auftrag zu erteilen.

      Nach kurzer Zeit kehrte sie mit einem Tablett und drei Gläsern zurück. Sie sah das junge Paar glückversunken und sich umschlungen haltend an der Brüstung der Terrasse lehnen.

      Ihre Hände zitterten so heftig, als sie den goldgelben Saft in die Gläser goß, daß ein paar Tropfen danebenflossen.

      Als sie das Glas zum Mund führen wollte, entglitt es ihrer kraftlos gewordenen Hand und zersprang klirrend auf dem Steinboden.

      Mit todblassen Lippen bückte sie sich nach den Scherben.

      »So ein Ungeschick!« murmelte sie.

      Angela war sofort hinzugesprungen, um der Mutter behilflich zu sein. Sie fing die eiskalte Rechte Bettinas ein und druckte einen Kuß darauf.

      »Hast du dir weil getan? Um das Glas ist es doch nicht schlimm«, versuchte sie die Mutter zu beruhigen, als sie ihr verstörtes Gesicht bemerkte.

      Mit einem matten Lächeln wehrte Bettina ab.

      »Nichts, Angela – wirklich nichts.«

      Sie murmelte eine Entschuldigung und ging rasch ins Haus.

      »Was war das, Peter?« schauderte Angela in den Armen des Verlobten zusammen.

      Seine glückstrahlenden Augen standen dicht über ihren erschrockenen.

      »Nichts, Liebling. Bist du abergläubisch?« lachte er unbekümmert. »Ich nicht! Ich glaube fest an unser Glück.«

      »Dann will ich es auch tun«, erwiderte sie zuversichtlich, das aufkommende Angstgefühl tapfer niederringend.

      Es war an einem der nächsten Tage.

      Angela verrichtete nach wie vor ihren Dienst in der Klinik, da sie der Mutter versprochen hatte, mit der Hochzeit noch eine Weile zu warten. Sie müsse sich erst an den Gedanken gewöhnen, Angela jetzt schon zu verlieren, hatte Bettina gesagt.

      Peter Heykens hatte gern zugestimmt, zumal er durch das neue Heilverfahren, mit dem man eifrige Versuche anstellte, sehr in Anspruch genommen war. Dabei versah er nach wie vor den anstrengenden Dienst in der Klinik. Früh war er der erste unter den Ärzten und abends immer der letzte.

      War der Professor unterwegs, dann lag die Gesamtleitung in seinen Händen, und alles lief wie am Schnürchen.

      Auch jetzt war der Professor wieder im Begriff, eine Reise anzutreten. Zum letztenmal hatte er seine Kranken besucht.

      In sein Zimmer zurückgekommen, entließ er nach kurzen Anweisungen seine Mitarbeiter bis auf seinen Oberarzt.

      »Wann wollen Sie heiraten?« fragte er, als sie allein waren.

      Verblüfft sah Peter Heykens den Chef an. Keiner wußte bis jetzt etwas von seiner Verlobung mit Angela, und deshalb überraschte ihn diese Frage um so mehr.

      »Können Sie den Menschen denn die Gedanken so von der Stirn ablesen?« stellte er die Gegenfrage.

      Langhammer lehnte sich bequem in seinen Sessel zurück und schob dem Oberarzt die Zigarettendose zu.

      »Nein«, antwortete er gemütlich. »Ich habe nur Augen im Kopf.«

      Dr. Heykens kam aus dem Verwundern nicht heraus.

      »Dann muß ich mich reichlich auffällig benommen haben«, meinte er belustigt.

      »Auch das nicht, lieber Heykens. Sie haben sich sogar sehr gut beherrscht, und auch die Kleine da draußen, um die unsere Ärzte wie die Bienen surren.« Als er die Unmutsfalte auf Heykens’ Stirn gewahrte, winkte er gelassen ab. »Werden Sie bloß nicht eifersüchtig, Verehrtester! Das paßt weder zu Ihnen noch zu Angela. Sie gestatten doch, daß ich Ihr Fräulein Braut so nenne? Ja? Schönsten Dank! Sie ist mir nämlich von meinem Kollegen Hersfeld sehr warm ans Herz gelegt worden, deshalb habe ich so etwas wie väterliche Gefühle für sie. Tun Sie mir den einzigen Gefallen und reißen Sie mir das Mädel nicht sofort heraus! Ich hab’ mich sehr an sie gewöhnt. Zudem bin ich zu alt, um noch einmal von vorn anzufangen. Und mit Ihnen hab ich sowieso etwas Besonderes vor. Aber jetzt nicht neugierig sein und nicht fragen. Alles zu seiner Zeit! Nun?«

      Gespannt blickte er zu Dr. Heykens hinüber, der es sich ebenfalls bequem gemacht hatte.

      »Da haben Sie sich unnötig gesorgt, Herr Professor.« Er freute sich, seinem verehrten Chef die Mitteilung machen zu können. »Ein paar Monate lasse ich Angela noch bei Ihnen.«

      »Bravo!« rief Langhammer begeistert, und dann drückte er auf den Klingelknopf, zweimal. »Jetzt will ich der kleinen Braut erst einmal ein Licht aufstecken, was sie sich an Ihnen alles erheiratet.«

      Dabei traf das Gesicht seines treuesten Mitarbeiters ein warmer, fast väterlicher Blick.

      *

      Reimers Laune war wieder einmal ganz fürchterlich.

      Erstens fühlte er, daß er wenig Freunde unter den Schwestern besaß, obgleich sie immer gleichbleibend freundlich zu ihm waren.

      Zweitens mußte er noch immer in der Klinik bleiben, während Ernst Kraner bereits vor acht Tagen von seinem Vater heimgeholt worden war.

      »Na endlich!« begrüßte er brummend die eintretende Schwester. »Ich glaubte schon, Sie hätten mich wieder vergessen.«

      Eine Unmutsfalte stand auf der Stirn Schwester Helgas.

      »Haben wir Sie schon einmal vernachlässigt – oder gar vergessen?«

      Er winkte ungeduldig ab und reichte der Schwester beide Hände, um sich ächzend hochzuziehen.

      »Schon gut, Schwester!« grollte er. – »Sie verstehen mich ja doch immer falsch.«

      Schwester Helga zog es vor, zu schweigen.

      Fürsorglich geleitete sie den nervösen Kranken den langen Gang hinunter. Neugierig forschend blickte sich Reimer um. Er glaubte eine gewisse Aufregung bei den Schwestern und den Pflegerinnen beobachten zu können und fragte:

      »Was ist denn los bei Ihnen? Warum stehen denn überall Blumen herum?«

      Ein stolzes Lächeln huschte über das ernste, blasse Gesicht Schwester Helgas.

      »Unser Oberarzt hat sich verlobt!«

      Reimer pfiff durch die Zähne und sagte, statt ein paar liebenswürdiger Worte, hämisch:

      »Sieh mal einer an, der Duckmäuser! Ich habe geglaubt, außer seinen Kranken habe er überhaupt keine Interessen.«

      »Sie sollten etwas respektvoller von unserm Oberarzt sprechen«, wies die Schwester Reimer in ihrer sanften Art zurecht, die aber auf ihn nicht den geringsten Eindruck machte. Er war ein Mensch, der noch nie an sich selbst gearbeitet hatte, der bei allem Mißgeschick immer nur die andern verantwortlich machte. Er lachte nur belustigt auf, als sie hinzusetzte: »Gerade mit Ihnen hat sich Dr. Heykens sehr viel Mühe gemacht. Wir Schwestern gönnen ihm alle sein Glück von Herzen.«

      »Glück! Glück!« erwiderte Reimer mürrisch. »Woher wollen Sie denn wissen, daß der Oberarzt glücklich ist? Meistens heiraten solche Leute doch nur eine reiche Frau.«

      Die Schwester, der es im Innern zuwider war, sich gerade mit diesem ewigen Nörgler und Besserwisser über den verehrten Arzt zu unterhalten, fühlte sich diesmal doch verpflichtet, das Gespräch nicht schroff abzubrechen, sondern Heykens zu verteidigen.

      »Unser Doktor ist vom andern Schrot und Korn, als Sie denken. Er heiratet die Frau, die er liebt!«

      Reimer schwieg verärgert. Doch nicht lange dauerte es, die Neugier plagte ihn.

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