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Schaafs, es ist mir nur zur Last: ich bin nicht fröhlicher, als wenn ich vergesse, wer ich bin, ich diene dazu, andre zum Lachen zu bringen, und zwinge mich selbst zum Lachen, ich bin eine Medizin für verdorbene Mägen, ein Verdauungsmittel, die Hunde selbst sehn mich von der Seite an, und ich habe es noch nie dahin gebracht, daß mich einer geliebt hätte. Aus welcher Ursache, meint Ihr nun wohl, sollte ich das Leben lieben? Und was ist denn das Leben selbst? Eine beständige Furcht vor dem Tode, wenn man an ihn denkt, und ein leerer, nüchterner, genußloser Rausch, wenn man ihn vergißt, denn man verschwendet dann einen Tag nach dem andern, und vergißt darüber, daß die Gegenwart so klein ist, und daß jeder Augenblick vom nächstfolgenden verschlungen wird. Jeder Mensch wünscht alt zu werden, und wünscht damit nichts anders, als mit tausend Gebrechen, mit tausend Schmerzen in Bekanntschaft zu treten. Da schleichen sie denn ohne Zähne und ohne Wünsche, mit leerem zitternden Kopfe, mit Händen und Armen, die ihnen schon längst die Dienste aufgekündiget haben, und die nur noch als abgeschmackte Zierrathen von den Schultern verwelkt herunter hängen, ihrem Grabe keuchend und hustend entgegen, dem sie auf keine Weise entlaufen können. — Und ich, wie müßte ich nun gar seyn, wenn ich alt würde? Wer würde sich die Mühe nehmen, mich zu bedienen, mich zu trösten? Nein, gnädiger Herr, laßt mich immer frisch hängen, Ihr habt ganz Recht, das wird wohl der beste Rath seyn.

      HUGO. Kerl, du gefällst mir. Willst du mein Narr werden?

      CLAUS. Nein, ich bin des Dienstes überdrüßig.

      HUGO. Aber ich sage Ja, ich will dich zu meinem Narren haben, du sollst mir zuweilen dergleichen auferbauliche Reden halten, und mir in müßigen Stunden etwas vorschwatzen; ich will für dich sorgen, aber du mußt mir dienen.

      CLAUS. Nun, es sey, wenn es nicht anders seyn kann; aber dann, Herr Ritter, habe ich noch eine Bitte an Euch.

      HUGO. Nun?

      CLAUS. Wir haben einen herrlichen Mann zu Hause sitzen, der jetzt ohne Eure Hülfe nothwendig verhungern muß. Er giebt andern Leuten vortreflichen Rath, und wie es solchen weisen Männern meistentheils geht, sie wissen sich selber nicht zu rathen; ohne ihn bin ich nichts, und wenn ich in meiner Kunst etwas geworden bin, so habe ich es nur seiner vortreflichen Gesellschaft zu danken.

      HUGO. Wer ist denn der?

      CLAUS. Wir nennen ihn nur kurzweg den Rathgeber, Rath zu geben ist auch sein eigentliches Handwerk, und ich muß gestehn, daß er es darin zu einer großen Fertigkeit gebracht hat. Jeder von uns beiden, einzeln genommen, ist nur ein schwaches Rohr, ein faules Holz, das nur glänzt, wenn kein anderer Schimmer in der Nähe ist; aber wenn unser Verstand zusammen gethan wird, so entsteht daraus eine Komposition, eine Art von Prinzmetall, das außerordentlich dauerhaft ist.

      HUGO. Nun, so bringe ihn mir. Du magst ihn selber abholen, ich vertraue dir. Weißt du mein Schloß?

      CLAUS. O ja, gnädiger Herr.

      HUGO. Ich mag mit andern Menschen nicht gern umgehn, aber solche Eures Gelichters sind mir lieb, bei Euch weiß man, woran man ist, Ihr gebt Euch für nichts aus, Ihr heuchelt keinen Werth, keine Würde, die ich so oft die Würde des Menschen nennen höre: ich kenne nichts so Jämmerliches. Wir bleiben beisammen, und wenn mir dein Rathgeber gefällt, so soll ers gut bei mir haben. — Du da! liegt Friedheim weit von hier?

      KNECHT. Nur eine Tagereise.

      HUGO. Es sollen zwei schöne Fräulein dort seyn, dahin will ich mit kleiner Begleitung; ihr übrigen zu meinen Schlössern zurück! — Jetzt will ich jene Narren sterben sehn. — (geht ab, die Knechte ziehn fort.)

      CLAUS. (allein) Kann man mit einer so geringen Verstellung selbst so listige Füchse hintergehn? Mit den wenigen Worten also hab ich mein Leben von dem blutdürstigen grimmigen Menschen zurück kaufen können? Aber, wenn ich es recht ernsthaft überlege, ist mein Leben auch nicht viel werth. Ho ho! das fehlte nur noch, das wäre ein Hauptspaß, daß ich mich selbst aus Desperation aufknüpfte, nachdem er mich verschont hat. Aber meine armen Herren! — Ich könnte weinen. — Und warum soll ich nicht weinen? Es ist eben so thöricht, als zu lachen, es liegt also nicht außer meinem Berufe. — (er setzt sich auf die Erde.) Sie sind gewiß schon todt, — hier will ich um sie trauern, denn kein anderes Auge geht doch ihretwegen über.

      (Er verhüllt das Gesicht. Der Vorhang fällt.)

      Zweiter Akt

       Inhaltsverzeichnis

      Erste Scene

       Inhaltsverzeichnis

      (Die Burg Friedheim.)

      Agnes, Anne.

      Agnes mit einer Laute.

      Nun höre mir zu, liebe Schwester, ob ich jetzt im Stande bin, das Lied recht zu spielen.

      ANNE. Du hast kein Talent zur Musik, es wird dir zeitlebens nicht gelingen.

      AGNES. Und warum denn nicht so gut, wie andern? — Höre nur:

      Wie rauschen die Bäume

       So winterlich schon;

       Es fliegen die Träume

       Der Liebe davon!

       Und über Gefilde

       Ziehn Wolkengebilde,

       Die Berge stehn kahl,

       Es schneidet ein Regen

       Dem Wandrer entgegen,

       Der Mond sieht ins Thal,

       Ein Klagelied schallt

       Aus Dämmrung und Wald:

       Es verwehten die Winde

       Den treulosen Schwur,

       Wie Blitze geschwinde

       Verschüttet vom Glück sich die goldene Spur;

       O dunkles Menschenleben,

       Muß jeder Traum einst niederschweben?

       Rosen und Nelken

       Bekränzen das Haupt,

       Und ach! sie verwelken,

       Der Baum steht entlaubt;

       Der Frühling er scheidet

       Macht Winter zum Herrn,

       Die Liebe vermeidet

       Und fliehet so fern. —

       Verworrenes Leben,

       Was ist dir gegeben? —

       Erinnern und Hoffen

       Zur Qual und zur Lust —

       Ach! ihnen bleibt offen

       Die zitternde Brust.

      ANNE. Besser, als ich gedacht hätte.

      AGNES. Aber sage mir einmal, warum in allen diesen Liedern immer so viel von Liebe die Rede ist? Wissen diese Liedermacher denn keinen andern Gegenstand?

      ANNE. Sie glauben, daß jedermann daran Theil nimmt.

      AGNES. Ich wahrlich nicht. Mir ist nichts widerwärtiger, als diese ewigen Klagen. Ich wünschte, es gäbe so Gesänge für alle mögliche Sinnesarten, und alles froh und heiter. — Erzähle mir doch, wie ist es denn eigentlich mit deiner Liebe, ich weiß fast kein Wort davon.

      ANNE. O laß mich, liebe Schwester.

      AGNES. Wie lange ist er nun schon fort? — Drei Jahr?

      ANNE. Ach!

      AGNES. Siehst du, du seufzest noch immer, aber du solltest lieber einmal vernünftig erzählen.

      ANNE. Ich bin eine schlechte Erzählerinn.

      AGNES.

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