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Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman. Marie Francoise
Читать онлайн.Название Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman
Год выпуска 0
isbn 9783740948535
Автор произведения Marie Francoise
Жанр Языкознание
Серия Dr. Daniel Paket
Издательство Bookwire
Auch Dr. Daniel sah auf die Rosen in seiner Hand hinunter. »Eine Verabredung«, wiederholte er leise. »Ja, so könnte man es fast nennen.«
Dann sah er Susanne wieder an, wünschte ihr recht viel Glück und verabschiedete sich auf sehr herzliche Weise, bevor er seinen Weg fortsetzte.
Das Friedhofstor quietschte ein wenig in den Angeln, als Dr. Daniel es öffnete. Und dann stand er vor dem liebevoll gepflegten Grab.
Gott hat sie zu sich gerufen stand in unaufdringlicher Goldschrift auf dem schlichten Marmorstein. Christine Daniel.
Darunter waren Geburts- und Sterbedatum verzeichnet. Nur dreiundvierzig Jahre alt war Christine geworden. Und dabei spürte Dr. Daniel wieder den tiefen Schmerz über den herben Verlust, den er erlitten hatte. Doch jetzt war es anders als früher. Er fühlte sich nicht mehr schuldig.
Mit einer fast zärtlichen Geste legte Dr. Daniel die Rosen auf das Grab, und dabei hatte er das Gefühl, als würde ihm Christine zusehen. Unwillkürlich hob er den Blick, doch er war allein hier. Allein mit der Erinnerung an eine fröhliche, unkomplizierte und ganz bezaubernde Frau.
Ohne es vorgehabt zu haben, zog Dr. Daniel seine Brieftasche heraus und entnahm ihr ein Foto. Strahlende himmelblaue Augen in einem zarten, von goldblonden Locken umrahmten Gesicht blickten ihn an. Als er das Bild jetzt betrachtete, hatte er zwar Mühe, die Tränen zurückzuhalten, ohne daß er das Gefühl hatte, sterben zu müssen. Und in diesem Moment spürte er, daß in seinem Innern eine Veränderung vor sich gegangen war – ausgelöst durch das lange Gespräch, das er mit Dr. Sommer geführt hatte.
»Es ist gut, wieder hier zu sein«, murmelte er plötzlich. »Und du billigst meinen Entschluß, nicht wahr, Christi?«
Er hob den Blick und richtete ihn auf einen imaginären Punkt in der Ferne. Dabei war es ihm plötzlich, als schiene die Sonne ein wenig heller als zuvor, und in diesem Moment fühlte er eine tiefe innere Zufriedenheit. Dr. Sommer hatte recht: Alles im Leben war Bestimmung – und seine Bestimmung war es, kranken Frauen zu helfen.
Dr. Daniel warf noch einen letzten Blick auf das Grab und die drei roten Rosen, die wie ein Symbol der Liebe auf der tiefschwarzen Erde lagen. Er wußte, daß er den Weg hierher noch sehr oft finden würde, doch Schuldgefühle würden nie mehr von ihm Besitz ergreifen. Ein neuer Anfang war gemacht.
»Herr Doktor, ich möchte die Wahrheit wissen.«
Dr. Gerrit Scheibler sah von dem Krankenbericht auf, in dem er gerade gelesen hatte, und direkt in das Gesicht seiner jungen Patientin hinein. Sehr blaß, was durch die dichten dunklen Locken noch verstärkt wurde, stand sie vor ihm, und in ihren großen tiefblauen Augen konnte er unschwer die Angst erkennen, die sie im Herzen trug.
»Bitte, Frau Krenn, nehmen Sie Platz.« Dr. Scheibler versuchte Zeit zu gewinnen. Die Wahrheit, hatte sie gesagt. Wie, um Himmels willen, sollte man ein achtzehnjähriges Mädchen mit einer so grausamen Wahrheit konfrontieren?
Dr. Scheibler sah in die blauen Augen, die voller Erwartung auf ihn gerichtet waren, dann stand er abrupt auf und trat mit mechanischen, fast ein wenig eckigen Bewegungen ans Fenster. Auf drei Spuren krochen Autoschlangen am Krankenhaus vorbei. Stoßzeit. Es war jeden Tag dasselbe.
Dr. Scheibler seufzte, dann drehte er sich mit einem Ruck um und kehrte zu seinem Schreibtisch zurück.
»Sie wollen also die Wahrheit wissen«, wiederholte er Leandra Krenns Worte. »Nun, die Wahrheit ist, daß Sie leider sehr krank sind.«
Doch damit ließ sich Leandra nicht abspeisen. »Wie krank, Herr Doktor?«
Der junge Stationsarzt wand sich. Noch niemals hatte er eine solche Situation durchstehen müssen, und für einen Augenblick kam ihm der Gedanke, Leandra Krenn zum Chefarzt zu schicken. Doch Professor Thiersch hätte es sicher abgelehnt, mit der Patientin zu sprechen. Er verfügte nun mal nicht über den nötigen einfühlsamen Ton, und das wußte er auch.
Dr. Scheibler atmete tief durch. »Frau Krenn, Sie leiden an Leukämie.«
Einen Moment lang herrschte in Leandras Gehirn eine völlige Leere – ein großer, leerer Raum, der keinen Gedanken fassen konnte. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie den Arzt an, dann wanderte ihr Blick unkontrolliert weiter und blieb an der großen Wanduhr hängen. Dieses riesige, runde Ding tickte unaufhörlich weiter. Warum blieb die Zeit nicht stehen?«
Von der Straße drangen Motorenlärm und Hupen herauf. Warum ging die Welt nicht einfach unter? Wie konnte das Leben weitergehen, wenn ihr gerade das Todesurteil präsentiert worden war?
Die Geräusche um sie herum verwandelten sich in ihrem Kopf zu einem unerträglichen Getöse, und dazwischen hörte sie immer wieder Dr. Scheiblers Stimme: »Sie leiden an Leukämie… Leukämie… Leukämie…«
In diesem Moment schien in ihrem Kopf etwas zu explodieren, und diese Explosion machte sich in einem markerschütternden Schrei Luft.
Im nächsten Augenblick stürzten drei Schwestern herein, doch Dr. Scheibler bedeutete ihnen mit einer flüchtigen Handbewegung, daß er allein mit dieser Situation fertig würde. Sehr behutsam nahm er Leandra in den Arm, streichelte beruhigend ihren Rücken und wartete, bis der Schreikrampf nachließ und sich in einem schier unaufhaltsamen Tränenstrom ein Ventil suchte. Und während Leandras zierlicher Körper von heftigem Schluchzen geschüttelt wurde, injizierte Dr. Scheibler ihr ein starkes Beruhigungsmittel. Danach brachte er sie in ihr Zimmer zurück und blieb bei ihr, bis sie eingeschlafen war.
*
Als Leandra erwachte, herrschte tiefe Dunkelheit, und für wenige Minuten hatte sie das Gefühl, als hätte sie das Gespräch mit Dr. Scheibler nur geträumt. Doch dann fiel ihr alles wieder ein – wie sie ihren Schmerz herausgeschrien hatte, ihr haltloses Weinen und schließlich der feine Stich, den sie kaum gespürt hatte.
Noch ein wenig benommen von dem Beruhigungsmittel richtete sich Leandra auf und schaltete das Licht über ihrem Bett an. Der Wecker auf dem fahrbaren Nachttisch zeigte fünf Minuten nach drei Uhr an. Seufzend legte sich Leandra wieder zurück. Sie fühlte sich entsetzlich einsam in dem kahlen Krankenzimmer. Die nette alte Dame, die es in den letzten Wochen mit ihr geteilt hatte, war gestern entlassen worden. Wie schön wäre es, jetzt mit ihr über das zu sprechen, was Dr. Scheibler gesagt hatte.
»Leukämie…«
Sie dachte an ihre Großmutter, die an dieser Krankheit gestorben war.
»Und ich werde auch daran sterben«, murmelte sie.
In diesem Moment wurde die Tür zu ihrem Zimmer geöffnet, und Dr. Scheibler trat ein. Leandra richtete sich auf und sah ihm mit brennenden Augen entgegen.
»Ich habe das Licht gesehen«, erklärte der junge Arzt, zögerte einen Moment und setzte sich dann auf die Bettkante. »Möchten Sie mit mir sprechen?«
»Ich…, ich weiß es nicht«, stammelte Leandra. »Ja…, ich glaube schon.« Sie schwieg einen Moment, weil sie für die nächste Frage erst Mut sammeln mußte. »Herr Doktor, seien Sie ehrlich…, muß ich… sterben?«
Heftig schüttelte Dr. Scheibler den Kopf. »Nein, Frau Krenn. Leukämie muß heute kein Todesurteil mehr sein, und gerade in Ihrem Fall halte ich es durchaus für möglich, daß…«
»Ich glaube Ihnen nicht, Herr Doktor«, erklärte Leandra rundheraus. Sie fühlte sich plötzlich ein wenig gefestigter – vielleicht auch nur deshalb, weil ihr dieses Gespräch so unwirklich erschien. Irgendwie schien es ihr, als würde sie mit Dr. Scheibler gar nicht über ihre eigene Krankheit sprechen. »Meine Großmutter ist an Leukämie gestorben, das heißt, eigentlich war sie ja gar nicht…« Sie ließ den Satz offen.
»Die Medizin hat seitdem