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dem Drücker seiner langen Flinte lag. Es bedurfte nur eines Winkes von mir, um ihn zum Schusse zu bringen. Ich bückte mich, um auch den Compaß noch aufzunehmen.

      »Halt; das ist mein! Gib diese Sachen heraus!«

      Er faßte meinen Arm, um seinen Worten Nachdruck zu geben; ich aber sagte so ruhig wie möglich: »Setze Dich wieder nieder! Ich habe mit Dir zu reden.«

      »Ich habe mit Dir nichts zu schaffen!«

      »Aber ich mit Dir. Setze Dich, wenn ich Dich nicht niederschießen soll!«

      Diese Drohung schien doch nicht ganz unwirksam zu sein. Er ließ sich wieder zur Erde nieder, und ich that ganz dasselbe. Dann zog ich meinen Revolver und begann: »Siehe, daß ich auch ein solches Drehgewehr habe! Lege das Deinige weg, sonst geht das meinige los!«

      Er legte die Waffe langsam neben sich hin aus der Hand, hielt sich aber zum augenblicklichen Griffe bereit.

      »Du bist kein Uëlad Hamalek?«

      »Ich bin einer.«

      »Du kommst nicht von Gafsa?«

      »Ich komme von dort.«

      »Wie lange Zeit reitest Du bereits im Wadi Tarfaui?«

      »Was geht es Dich an!«

      »Es geht mich sehr viel an. Da oben liegt die Leiche eines Mannes, den Du ermordet hast.«

      Ein böser Zug durchzuckte sein Gesicht.

      »Und wenn ich es getan hätte, was hättest Du darüber zu sagen?«

      »Nicht viel; nur einige Worte.«

      »Welche?«

      »Wer war der Mann?«

      »Ich kenne ihn nicht.«

      »Warum hast Du ihn und sein Kameel getödtet?«

      »Weil es mir so gefiel.«

      »War er ein Rechtgläubiger?«

      »Nein. Er war ein Giaur.«

      »Du hast genommen, was er bei sich trug?«

      »Sollte ich es bei ihm liegen lassen?«

      »Nein, denn Du hattest es für mich aufzuheben.«

      »Für Dich – –?«

      »Ja.«

      »Ich verstehe Dich nicht.«

      »Du sollst mich verstehen. Der Todte war ein Giaur; ich bin auch ein Giaur und werde sein Rächer sein.«

      »Sein Bluträcher?«

      »Nein; wenn ich das wäre, so hättest Du bereits aufgehört, zu leben. Wir sind in der Wüste, wo kein Gesetz gilt als nur das des Stärkeren. Ich will nicht erproben, wer von uns der Stärkere ist; ich übergebe Dich der Rache Gottes, des Allwissenden, der alles sieht und keine That unvergolten läßt; aber das Eine sage ich Dir, und das magst Du Dir wohl merken: Du gibst alles heraus, was Du dem Todten abgenommen hast.«

      Er lächelte überlegen.

      »Meinst Du wirklich, daß ich dieses thue?«

      »Ich meine es.«

      »So nimm Dir, was Du haben willst!«

      Er zuckte mit der Hand, um nach dem Revolver zu greifen; schnell aber hielt ich ihm die Mündung des meinigen entgegen.

      »Halt, oder ich schieße!«

      Es war jedenfalls eine sehr eigentümliche Situation, in der ich mich befand. Glücklicherweise aber schien mein Gegner mehr Verschlagenheit als Muth zu besitzen. Er zog die Hand wieder zurück und schien unentschlossen zu werden.

      »Was willst Du mit den Sachen thun?«

      »Ich werde sie den Verwandten des Todten zurückgeben.«

      Es war fast eine Art von Mitleid, mit der er mich jetzt fixirte.

      »Du lügst. Du willst sie für Dich behalten!«

      »Ich lüge nicht.«

      »Und was wirst Du gegen mich unternehmen?«

      »Jetzt nichts; aber hüte Dich, mir jemals wieder zu begegnen!«

      »Du reitest wirklich von hier nach Seddada?«

      »Ja.«

      »Und wenn ich Dir die Sachen gebe, wirst Du mich und meinen Gefährten ungehindert nach dem Bir Sauidi gehen lassen?«

      »Ja.«

      »Du versprichst es mir?«

      »Ja.«

      »Beschwöre es!«

      »Ein Giaur schwört nie; sein Wort ist auch ohne Schwur die Wahrheit.«

      »Hier, nimm das Drehgewehr, die Uhr, den Compaß und das Tuch.«

      »Was hatte er noch bei sich?«

      »Nichts.«

      »Er hatte Geld.«

      »Das werde ich behalten.«

      »Ich habe nichts dagegen; aber gib mir den Beutel oder die Börse, in der es sich befand.«

      »Du sollst sie haben.«

      Er griff in seinen Gürtel und zog eine gestickte Perlenbörse hervor, die er leerte und mir dann entgegen reichte.

      »Weiter hatte er nichts bei sich?«

      »Nein. Willst Du mich aussuchen?«

      »Nein.«

      »So können wir gehen?«

      »Ja.«

      Er schien sich jetzt doch leichter zu fühlen als vorhin; sein Begleiter aber war ganz sicher ein furchtsamer Mensch, der sehr froh war, auf diese Weise davonzukommen. Sie nahmen ihre Habseligkeiten zusammen und bestiegen ihre Pferde.

      »Salam aaleïkum, Friede sei mit Euch!«

      Ich antwortete nicht, und sie nahmen diese Unhöflichkeit sehr gleichgültig hin. In wenigen Augenblicken waren sie hinter dem Rande des Wadiufers verschwunden.

      Halef hatte bis jetzt kein einziges Wort gesprochen; nun brach er sein Schweigen.

      »Sihdi!«

      »Was?«

      »Darf ich Dir etwas sagen?«

      »Ja.«

      »Kennst Du den Strauß?«

      »Ja.«

      »Weißt Du, wie er ist?«

      »Nun?«

      »Dumm, sehr dumm.«

      »Weiter!«

      »Verzeihe mir, Effendi, aber Du kommst mir noch schlimmer vor, als der Strauß.«

      »Warum?«

      »Weil Du diese Schurken laufen lässest.«

      »Ich kann sie nicht halten und auch nicht tödten.«

      »Warum nicht? Hätten sie einen Rechtgläubigen ermordet, so kannst Du Dich darauf verlassen, daß ich sie zum Scheïtan, zum Teufel, geschickt hätte. Da es aber ein Giaur war, so ist es mir sehr gleichgültig, ob sie Strafe finden oder nicht. Du aber bist ein Christ und lässest die Mörder eines Christen entkommen!«

      »Wer sagt Dir, daß sie entkommen werden?«

      »Sie sind ja bereits fort! Sie werden den Bir Sauidi erreichen und von da nach Debila und El Uëd gehen, um in der Areg zu verschwinden.«

      »Das werden sie nicht.«

      »Was sonst? Sie sagten ja, daß sie nach Bir Sauidi gehen werden.«

      »Sie logen. Sie werden nach Seddada gehen.«

      »Wer sagte

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