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Ben Hadschi Ali Assabeth Ibn Hadschi Saïd al Hamza Ben Hadschi Schehab Tofaïl Ibn Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawud al Gossarah,‹ und keiner von all diesen sieben Pilgern wird Mekka gesehen haben und ein ächter, wirklicher Hadschi geworden sein. Meinst Du nicht?«

      So ernst er sonst war, er mußte dennoch über diese kleine, unschädliche Malice lachen. Es gibt unter den Muhammedanern sehr, sehr Viele, die sich, besonders dem Fremden gegenüber, als Hadschi geberden, ohne die Kaaba gesehen, den Lauf zwischen Ssafa und Merweh vollbracht zu haben, in Arafah gewesen und in Minah geschoren und rasirt worden zu sein. Mein guter Halef fühlte sich geschlagen, aber er nahm es mit guter Miene hin.

      »Sihdi,« frug er kleinlaut, »wirst Du es ausplaudern, daß ich noch nicht in Mekka war?«

      »Ich werde nur dann davon sprechen, wenn Du wieder anfängst, mich zum Islam zu bekehren; sonst aber werde ich schweigen. Doch schau, sind das nicht Spuren im Sande?«

      Wir waren schon längst in das Wadi Tarfaui eingebogen und jetzt an eine Stelle desselben gekommen, an welcher der Wüstenwind den Flugsand über die hohen Felsenufer hinabgetrieben hatte. In diesem Sande war eine sehr deutliche Fährte zu erkennen.

      »Hier sind Leute geritten,« meinte Halef unbekümmert.

      »So werden wir absteigen, um die Spur zu untersuchen.«

      Er blickte mich fragend an.

      »Sihdi, das ist überflüssig. Es ist genug, zu wissen, daß Leute hier geritten sind. Weßhalb willst Du die Hufspuren untersuchen?«

      »Es ist stets gut, zu wissen, welche Leute man vor sich hat.«

      »Wenn Du alle Spuren, welche Du findest, untersuchen willst, so wirst Du unter zwei Monden nicht nach Seddala kommen. Was gehen Dich die Männer an, die vor uns sind?«

      »Ich bin in fernen Ländern gewesen, in denen es viel Wildniß gibt und wo sehr oft das Leben davon abhängt, daß man alle Darb und Ethar, alle Spuren und Fährten, genau betrachtet, um zu erfahren, ob man einem Freunde oder einem Feinde begegnet.«

      »Hier wirst Du keinem Feinde begegnen, Effendi.«

      »Das kann man nicht wissen.«

      Ich stieg ab. Es waren die Fährten dreier Thiere zu bemerken, eines Kameels und zweier Pferde. Das erstere war jedenfalls ein Reitkameel, wie ich an der Zierlichkeit seiner Hufeindrücke bemerkte. Bei genauer Betrachtung fiel mir eine Eigenthümlichkeit der Spuren auf, welche mich vermuthen ließ, daß das eine der Pferde an dem ›Hahnentritte‹ leide. Dieses mußte meine Verwunderung erregen, da ich mich in einem Lande befand, dessen Pferdereichtum zur Folge hat, daß man niemals Thiere reitet, welche mit diesem Übel behaftet sind. Der Besitzer des Rosses war entweder kein oder ein sehr armer Araber.

      Halef lächelte über die Sorgfalt, mit welcher ich den Sand untersuchte, und frug, als ich mich wieder emporrichtete: »Was hast Du gesehen, Sihdi?«

      »Es waren zwei Pferde und ein Kameel.«

      »Zwei Pferde und ein Djemmel! Allah segne Deine Augen; ich habe ganz dasselbe gesehen, ohne daß ich von meinem Thiere zu steigen brauchte. Du willst ein Taleb sein, ein Gelehrter, und thust doch Dinge, über welche ein Hamahr, ein Eselstreiber, lachen würde. Was hilft Dir nun der Schatz des Wissens, den Du hier gehoben hast?«

      »Ich weiß nun zunächst, daß die drei Reiter vor ungefähr vier Stunden hier vorübergekommen sind.«

      »Wer gibt Dir etwas für diese Weisheit? Ihr Männer aus dem Belad el Rumi, aus Europa, seid sonderbare Leute!«

      Er schnitt bei diesen Worten ein Gesicht, von welchem ich das tiefste Mitleid lesen konnte, doch zog ich es vor, schweigend unsern Weg fortzusetzen.

      Wir folgten der Fährte wohl eine Stunde lang, bis wir da, wo das Wadi eine Krümmung machte und wir nun um eine Ecke bogen, unwillkürlich unsere Pferde anhielten. Wir sahen drei Geier, welche nicht weit vor uns hinter einer Sanddüne hockten und sich bei unserem Anblick mit heiseren Schreien in die Lüfte erhoben.

      »El Büdj, der Bartgeier,« meinte Halef. »Wo er ist, da gibt es ganz sicher ein Aas.«

      »Es wird dort irgend ein Thier verendet sein,« antwortete ich, indem ich ihm folgte.

      Er hatte sein Pferd rascher vorwärts getrieben, so daß ich hinter ihm zurück geblieben war. Kaum hatte er die Düne erreicht, so hielt er mit einem Rucke still und stieß einen Ruf des Schreckens aus.

      »Masch Allah, Wunder Gottes! Was ist das? Ist das nicht ein Mensch, Sihdi, welcher hier liegt?«

      Ich mußte allerdings bejahend antworten. Es war wirklich ein Mann, welcher hier lag, und an dessen Leichnam die Geier ihr schauderhaftes Mahl gehalten hatten. Schnell sprang ich vom Pferde und kniete bei ihm nieder. Seine Kleidung war von den Krallen der Vögel zerfetzt. Aber lange konnte dieser Unglückliche noch nicht todt sein, wie ich bei der Berührung sofort fühlte.

      »Allah kerihm, Gott ist gnädig! Sihdi, ist dieser Mann eines natürlichen Todes gestorben?« frug Halef.

      »Nein. Siehst Du nicht die Wunde am Halse und das Loch im Hinterhaupte? Er ist ermordet worden.«

      »Allah verderbe den Menschen, der dies gethan hat! Oder sollte der Todte in einem ehrlichen Kampfe gefallen sein?«

      »Was nennst Du ehrlichen Kampf? Vielleicht ist er das Opfer einer Blutrache. Wir wollen seine Kleider untersuchen.«

      Halef half dabei. Wir fanden nicht das Geringste, bis mein Blick auf die Hand des Todten fiel. Ich bemerkte einen einfachen Goldreif von der gewöhnlichen Form der Trauringe und zog ihn ab. In seine innere Seite war klein, aber deutlich eingegraben: »E. P. 15. Juillet 1830.«

      »Was findest Du?« frug Halef.

      »Dieser Mann ist kein Ben Arab.«

      »Was sonst?«

      »Ein Franzose.«

      »Ein Franke, ein Christ? Woran willst Du dies erkennen?«

      »Wenn ein Christ sich ein Weib nimmt, so tauschen Beide je einen Ring, in welchem der Name und der Tag eingegraben ist, an dem die Ehe geschlossen wurde.«

      »Und dies ist ein solcher Ring?«

      »Ja.«

      »Aber woran erkennst Du, daß dieser Tote zu dem Volke der Franken gehört? Er könnte doch ebenso gut von den Inglis oder den Nemsi stammen, zu denen auch Du gehörst.«

      »Es sind französische Zeichen, welche ich hier lese.«

      »Er kann dennoch zu einem anderen Volke gehören. Meinst Du nicht, Effendi, daß man einen Ring finden oder auch stehlen kann?«

      »Das ist wahr. Aber sieh das Hemde, welches er unter seiner Kleidung trägt. Es ist dasjenige eines Europäers.«

      »Wer hat ihn getödtet?«

      »Seine beiden Begleiter. Siehst Du nicht, daß der Boden hier aufgewühlt ist vom Kampfe? Bemerkst Du nicht, daß – – –«

      Ich hielt mitten im Satze inne. Ich hatte mich aus meiner knieenden Stellung erhoben, um den Boden zu untersuchen, und fand nicht weit von der Stelle, an welcher der Tote lag, den Anfang einer breiten Blutspur, welche sich seitwärts zwischen die Felsen zog. Ich folgte ihr mit schußbereitem Gewehre, da die Mörder sich leicht noch in der Nähe befinden konnten. Noch war ich nicht weit gegangen, so stieg mit lautem Flügelschlage ein Geier empor und ich bemerkte an dem Orte, von welchem er sich erhoben hatte, ein Kameel liegen.

      Es war todt; in seiner Brust klaffte eine tiefe, breite Wunde. Halef schlug die Hände bedauernd in einander.

      »Ein graues Hedjihn, ein graues Tuareg-Hedjihn, und diese Mörder, diese Schurken, diese Hunde haben es getödtet!«

      Es war klar, er bedauerte das prächtige Reitthier viel mehr als den todten Franzosen. Als ächter Sohn der Wüste, dem der geringste Gegenstand kostbar werden kann, bückte er sich nieder und untersuchte den Sattel des Kameels. Er fand nichts; die Taschen waren leer.

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