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so soll es Dir werden, wenn ich es habe oder kann!«

      »Ich möchte Dich um etwas sehr Großes bitten.«

      »Kann ich es erfüllen?«

      »Ja.«

      »So ist es Dir schon voraus gewährt. Was ist es?«

      »Das sollst Du am Abend erfahren, wenn Du mit mir Kaffee trinkst.«

      »Ich komme und – – doch, mein Sohn, ich vergaß, daß ich bereits geladen bin.«

      »Wo?«

      »In demselben Hause, in welchem Du wohnst.«

      »Bei dem Scheik el Belet?«

      »Nein, sondern bei einem Manne aus Istambul, der zwei Tage mit mir gefahren und hier ausgestiegen ist. Er hat dort eine Stube für sich und einen Platz für seinen Diener gemiethet.«

      »Was ist er?«

      »Ich weiß es nicht; er hatte es mir nicht gesagt.«

      »Aber sein Diener konnte es sagen.«

      Der Kapitän lachte, was sonst seine Angewohnheit nicht war.

      »Dieser Mensch ist ein Schelm, der alle Sprachen gehört hat und doch von keiner sehr viel lernte. Er raucht, pfeift und singt den ganzen Tag und gibt, wenn man ihn fragt, Antworten, welche heute wahr und morgen unwahr sind. Ehegestern war er ein Türke, gestern ein Montenegriner, heute ist er ein Druse, und Allah weiß es, was er morgen und übermorgen sein wird.«

      »So wirst Du also nicht zu mir kommen?«

      »Ich komme, nachdem ich eine Pfeife mit dem andern geraucht habe. Allah behüte Dich; ich habe noch zu arbeiten.«

      Halef war bereits vorausgegangen; ich folgte jetzt nach und streckte mich, in meiner Wohnung angekommen, auf den Divan, um mir das heutige Erlebniß zu recht zu legen. Dies sollte mir aber nicht gelingen, denn bereits nach kurzer Zeit trat mein Wirth zu mir herein.

      »Sallam aaleïkum.«

      »Aaleïkum.«

      »Effendi, ich komme, um Deine Erlaubniß zu holen.«

      »Wozu?«

      »Es ist ein fremder Sihdi zu mir gekommen und hat mich um eine Wohnung gebeten, die ich ihm auch gegeben habe.«

      »Wo liegt diese Wohnung?«

      »Droben.«

      »So stört mich der Mann ja gar nicht. Thue, was Dir beliebt, Scheik.«

      »Aber Dein Kopf hat viel zu denken, und er hat einen Diener, der sehr viel zu pfeifen und zu singen scheint.«

      »Wenn es mir nicht gefällt, so werde ich es ihm verbieten.«

      Der besorgte Wirth entfernte sich, und ich war wieder allein, sollte aber doch zu keinem ruhigen Nachdenken kommen, denn ich vernahm die Schritte zweier Menschen, welche, der Eine vom Hofe her und der Andere von außen her kommend, gerade an meiner Thür zusammentrafen.

      »Was willst Du hier? Wer bist Du?« frug der Eine. Ich erkannte an der Stimme Halef, meinen kleinen Diener.

      »Wer bist denn Du zunächst, und was willst Du in diesem Hause?« frug der Andere.

      »Ich? Ich gehöre in dieses Haus!« meinte Halef sehr entrüstet.

      »Ich auch!«

      »Wer bist Du?«

      »Ich bin Hamsad al Dscherbaja.«

      »Und ich bin Hadschi Halef Omar Agha.«

      »Ein Agha?«

      »Ja; der Begleiter und Beschützer meines Herrn.«

      »Wer ist Dein Herr?«

      »Der große Arzt, der hier in dieser Stube wohnt.«

      »Ein großer Arzt? Was kuriert er denn?«

      »Alles.«

      »Alles? Mache mir nichts weis! Es gibt nur einen Einzigen, der alles kurieren kann.«

      »Wer ist das?«

      »Ich.«

      »So bist Du auch ein Arzt?«

      »Nein. Ich bin auch ein Beschützer meines Herrn.«

      »Wer ist Dein Herr?«

      »Das weiß man nicht. Wir sind erst vorhin in dieses Haus gezogen.«

      »Ihr konntet draußen bleiben.«

      »Warum?«

      »Weil Ihr unhöfliche Männer seid und keine Antwort gebt, wenn man fragt. Willst Du mir sagen, wer Dein Herr ist?«

      »Ja.«

      »Nun?«

      »Er ist, er ist – – mein Herr, aber nicht Dein Herr.«

      »Schlingel!«

      Nach diesem letzten Worte hörte ich, daß mein Halef sich höchst indignirt entfernte. Der Andere blieb unter dem Eingange stehen und pfiff; dann begann er leise vor sich hin zu brummen und zu summen; nachher kam eine Pause, und darauf fiel er mit halblauter Stimme in ein Lied.

      Ich wäre vor freudiger Überraschung beinahe aufgesprungen, denn der Text der beiden Strophen, welche er sang, lautete in dem Arabisch, dessen er sich bediente und welches in Algerien gesprochen wird: »Fid-dagle ma tera jekun?

       Chammin hu Nabuliun

       Ma balu-hu jedubb hena?

       Kussu-hu, ja fitjanena!

      Gema'a homr el-elbise

       Wast el-chala muntasibe.

       Ma bal hadolik wakifin?

       Hallu-na nenzor musri' in!«

      Und diese arabischen Verse, welche sich sogar ganz prächtig reimten, klingen in unserm guten Deutsch nicht anders als: »Was kraucht nur dort im Busch herum?

       Ich glaub', es ist Napolium.

       Was hat er nur zu krauchen dort?

       Frisch auf, Kam'raden, jagt ihn fort!

      Wer hat nur dort im off'nen Feld

       Die roten Hosen hingestellt?

       Was haben sie zu stehen dort?

       Frisch auf, Kam'raden, jagt sie fort!«In wörtlicher Übersetzung würden diese Strophen lauten:

      Fid-dagle ma tera jekun?

       Was ist den nur in dem Busche?

       Chammin hu Nabuliun

       Ich glaube, es ist Nabulium.

       Ma balu-hu jedubb hena?

       Wozu kriecht er hier herum?

       Kussu-hu, ja fitjanena!

       Scheucht ihn for, brave Burschen

      Gema'a homr el-elbise

       Eine Menge Rothhosen

       Wast el-chala muntasibe.

       Hält da mitten auf dem Felde.

       Ma bal hadolik wakifin?

       Wozu stehen die dort?

       Hallu-na nenzor musri' in!«

       Laßt uns schnell hinsehen!

      Auch die Melodie war ganz und gar dieselbe, Note für Note und Ton für Ton. Ich sprang, als er die zweite Strophe beendet hatte, zur Thür, öffnete dieselbe und sah mir den Menschen an. Er trug weite, blaue Pumphosen, eine eben solche Jacke, Lederstiefeletten und einen Fez auf dem Kopfe, war also eine ganz gewöhnliche Erscheinung. Nur das schien mir ungewöhnlich, daß er bemerkte, wie ich ihn vom Kopf bis zu Fuß fixirte, und dennoch ungenirt weiter sang:

      »Hum jebroku we-jer'adu

       We-bi'l-medafe' jadribu

       Ma

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