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Fez! Abrahim-Mamur, was sagt der Prophet und was sagt der Kuran dazu, daß Du die Scham Deines Scheitels vor einem Christen entblößest?«

      Im nächsten Augenblick hatte er sein Haupt bedeckt und, vor Grimm dunkelroth im Gesichte, den Dolch aus der Schärpe gerissen.

      »Du mußt sterben, Giaur!«

      »Wann?«

      »Jetzt, sofort!«

      »Ich werde sterben, wann es Gott gefällt, nicht aber wann es Dir beliebt.«

      »Du wirst sterben. Bete Dein Gebet!«

      »Abrahim-Mamur,« antwortete ich so ruhig wie zuvor, »ich habe den Bären gejagt und bin dem Nilpferde nachgeschwommen; der Elephant hat meinen Schuß gehört, und meine Kugel hat den Löwen, den ›Herdenwürgenden‹, getroffen. Danke Allah, daß Du noch lebst, und bitte Gott, daß er Dein Herz bezwinge. Du kannst es nicht, denn Du bist zu schwach dazu und wirst doch sterben, wenn es nicht sofort geschieht!«

      Das war eine neue Beleidigung, eine schwerere als die andere, und mit einem zuckenden Sprunge wollte er mich fassen, fuhr aber sofort zurück, denn jetzt blitzte auch in meiner Hand die Waffe, die man in jenen Ländern niemals weglegen darf. Wir standen einander allein gegenüber, denn er hatte sofort nach der Darreichung des Kaffees und der Pfeifen die Dienerschaft hinausgewinkt, damit sie nichts von unserer zarten Unterhaltung vernehmen solle.

      Mit meinem wackeren Halef zusammen hatte ich nicht den mindesten Grund, mich vor den Bewohnern des alten Hauses zu fürchten; nöthigenfalls hätten wir Beide die wenigen hier wohnenden Männer zusammengeschossen; aber ich ahnte zu viel von dem Schicksale der Kranken, für die ich mich ungemein zu interessiren begann; ich mußte sie sehen und wo möglich einige Worte mit ihr sprechen.

      »Du willst schießen?« frug er wüthend, auf meinen Revolver deutend.

      »Ja.«

      »Hier, in meinem Hause, in meinem Divan?«

      »Allerdings, wenn ich gezwungen werde, mich zu vertheidigen.«

      »Hund, es ist wahr, was ich gleich vorhin dachte, als Du eintratest!«

      »Was ist wahr, Abrahim-Mamur?«

      »Daß ich Dich bereits einmal gesehen habe.«

      »Wo?«

      »Ich weiß es nicht.«

      »Wann?«

      »Auch das weiß ich nicht; aber das ist sicher, daß es nicht im Guten war.«

      »Grade wie heute, denn es sollte mich wundern, wenn diese Zusammenkunft gut enden würde. Du hast mich ›Hund‹ genannt, und ich sage Dir, daß Dir im nächsten Augenblick, nachdem Du dieses Wort noch einmal gesagt hast, meine Kugel im Gehirn sitzen wird. Beachte dies wohl, Abrahim-Mamur!«

      »Ich werde meine Diener rufen!«

      »Rufe sie, wenn Du ihre Leichen sehen willst, um Dich dann todt neben sie zu legen.«

      »Oho, Du bist kein Gott!«

      »Aber ein Nemsi. Hast Du schon einmal die Hand eines Nemsi gefühlt?«

      Er lächelte verächtlich.

      »Nimm Dich in Acht, daß Du sie nicht einmal zu fühlen bekommst! Sie ist nicht in Rosenöl gebadet, wie die Deinige. Aber ich will Dir den Frieden Deines Hauses lassen. Lebe wohl. Du willst es nicht, daß ich den Tod bezwinge; Dein Wunsch mag sich erfüllen; rabbena chaliëk, der Herr erhalte Dich!«

      Ich steckte den Revolver ein und schritt der Thüre zu.

      »Bleib!« rief er.

      Ich schritt dennoch weiter.

      »Bleib!« rief er gebieterischer.

      Ich hatte beinahe die Thüre erreicht und kehrte nicht um.

      »So stirb, Giaur!«

      Im Nu drehte ich mich um und hatte grad noch Zeit, zur Seite auszuweichen. Sein Dolch flog an mir vorüber und tief in das Getäfel der Wand.

      »Jetzt bist Du mein, Bube!«

      Mit diesen Worten sprang ich auf ihn zu, faßte ihn, grad wie ich ihn erwischte, riß ihn empor und schleuderte ihn an die Wand.

      Er blieb einige Sekunden liegen und raffte sich dann wieder empor. Seine Augen waren weit geöffnet, die Adern seiner Stirne zum Bersten geschwollen und seine Lippen blau vor Wuth; aber ich hielt ihm den Revolver entgegen, und er blieb eingeschüchtert vor mir halten.

      »Jetzt hast Du die Hand eines Nemsi kennen gelernt. Wage es nicht wieder, sie zu reizen!«

      »Mensch!«

      »Feigling! Wie nennt man das, wenn einer einen Arzt um Hilfe bittet, ihn mit Worten beschimpft und dann gar hinterrücks ermorden will? Der Glaube, welcher solche Bekenner hat, kann nicht viel taugen!«

      »Zauberer!«

      »Warum?«

      »Wenn Du keiner wärest, hätte Dich ganz sicher mein Dolch getroffen, und Du hättest nicht die Kraft gehabt, mich emporzuwerfen!«

      »Nun wohl! Bin ich ein Zauberer, so hätte ich Dir auch Güzela, Dein Weib, erhalten können.«

      Ich sprach den Namen mit Vorbedacht aus. Es hatte Wirkung.

      »Wer hat Dir diesen Namen genannt?«

      »Dein Bote.«

      »Ein Ungläubiger darf nicht den Namen einer Gläubigen aussprechen!«

      »Ich spreche nur den Namen eines Weibes aus, welches bereits morgen todt sein kann.«

      Wieder blickte er mich mit seiner eisigen Starrheit an, dann aber schlug er die Hände vor das Gesicht.

      »Ist es wahr, Hekim, daß sie bereits morgen todt sein kann?«

      »Es ist wahr.«

      »Kann sie nicht gerettet werden?«

      »Vielleicht.«

      »Sage nicht vielleicht, sondern sage gewiß. Bist Du bereit, mir zu helfen? Wenn sie gesund wird, so fordere, was Du willst.«

      »Ich bin bereit.«

      »So gib mir Deinen Talisman oder Deine Medizin.«

      »Ich habe keinen Talisman, und Medizin kann ich Dir jetzt nicht geben.«

      »Warum nicht?«

      »Der Arzt kann nur dann einen Kranken heilen, wenn er ihn sehen kann. Komm, laß uns zu ihr gehen oder laß sie zu uns kommen!«

      Er fuhr zurück, wie von einem Stoße getroffen.

      »Masch Allah, bist Du toll? Der Geist der Wüste hat Dein Hirn verbrannt, daß Du nicht weißt, was Du forderst. Das Weib muß ja sterben, auf welchem das Auge eines fremden Mannes ruht!«

      »Sie wird noch sicherer sterben, wenn ich nicht zu ihr darf. Ich muß den Schlag ihres Pulses messen und Antwort von ihr hören über Vieles, was ihre Krankheit betrifft. Nur Gott ist allwissend und braucht Niemand zu fragen.«

      »Du heilst wirklich nicht durch Talisman?«

      »Nein.«

      »Auch nicht durch Worte?«

      »Nein.«

      »Oder durch das Gebet?«

      »Ich bete auch für die Leidenden; aber Gott hat uns die Mittel, sie gesund zu machen, bereits in die Hand gelegt.«

      »Welche Mittel sind es?«

      »Es sind Blumen, Metalle und Erden, deren Säfte und Kräfte wir ausziehen.«

      »Es sind keine Gifte?«

      »Ich vergifte keinen Kranken.«

      »Kannst Du das beschwören?«

      »Vor jedem Richter.«

      »Und

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