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bist Du?«

      »Hier ist mein Paß.«

      Ich gab ihm das Dokument in die Hand. Er warf einen Blick darauf, faltete es zusammen und steckte es in die Tasche seiner weiten Pumphosen.

      »Wer ist dieser Mann?« frug er dann weiter.

      »Mein Diener.«

      »Wie heißt er?«

      »Er nennt sich Hadschi Halef Omar.«

      »Wer ist der andere?«

      »Er ist der Führer Omar Ben Sadek.«

      »Und wer bist Du selbst?«

      »Du hast es ja gelesen!«

      »Ich habe es nicht gelesen.«

      »Es steht in meinem Passe.«

      »Er ist mit den Zeichen der Ungläubigen geschrieben. Von wem hast Du ihn?«

      »Von dem französischen Gouvernement in Algier.«

      »Das französische Gouvernement in Algier gilt hier nichts. Dein Paß hat den Wert eines leeren Papieres. Also, wer bist Du?«

      Ich beschloß, den Namen zu behalten, welchen mir Halef gegeben hatte.

      »Ich heiße Kara Ben Nemsi.«

      »Du bist ein Sohn der Nemsi? Ich kenne sie nicht. Wo wohnen sie?«

      »Vom Westen der Türkei bis an die Länder der Fransezler und Engleterri.«

      »Ist die Oase groß, in der sie leben, oder haben sie mehrere kleine Oasen?«

      »Sie bewohnen eine einzige Oase, die aber so groß ist, daß fünfzig Millionen Menschen auf ihr wohnen.«

      »Allah akbar, Gott ist groß! Es gibt Oasen, in denen es von Geschöpfen wimmelt. Hat diese Oase auch Bäche?«

      »Sie hat fünfhundert Flüsse und Millionen Bäche. Viele von diesen Flüssen sind so groß, daß Schiffe auf ihnen fahren, die mehr Menschen fassen, als Basma oder Rahmath Einwohner hat.«

      »Allah kerihm, Gott ist gnädig! Welch ein Unglück, wenn alle diese Schiffe in einer Stunde von den Flüssen verschlungen würden! An welchen Gott glauben die Nemsi?«

      »Sie glauben an Deinen Gott, aber sie nennen ihn nicht Allah, sondern Vater.«

      »So sind sie wohl nicht Sunniten, sondern Schiiten?«

      »Sie sind Christen.«

      »Allah iharkilik, Gott verbrenne Dich! So bist Du also auch ein Christ?«

      »Ja.«

      »Ein Giaur? Und Du willst es wagen, mit dem Wekil von Kbilli zu reden! Ich werde Dir die Bastonnade geben lassen, wenn Du nicht sogleich dafür sorgest, daß Du mir aus den Augen kommst!«

      »Habe ich etwas gethan, was gegen die Gesetze ist oder was Dich beleidigt?«

      »Ja. Ein Giaur darf sich niemals unterstehen, mir unter die Augen zu treten. Also wie heißt hier dieser Dein Führer?«

      »Omar Ben Sadek.«

      »Gut! Omar Ben Sadek, wie lange dienst Du diesem Nemsi?«

      »Seit gestern.«

      »Das ist nicht lange. Ich will also gnädig sein und Dir nur zwanzig Hiebe auf die Fußsohle geben lassen.«

      Zu mir gewendet, fuhr er fort:

      »Und wie heißt dieser Dein Diener hier?«

      »Allah akbar, Gott ist groß, aber er hat leider Dein Gedächtniß so klein gemacht, daß Du Dir nicht einmal zwei Namen merken kannst! Mein Diener heißt, wie ich Dir bereits gesagt habe, Hadschi Halef Omar.«

      »Du willst mich beschimpfen, Giaur? Ich werde nachher Dein Urtheil fällen! Also, Halef Omar, Du bist ein Hadschi und dienst einem Ungläubigen? Das verdient doppelte Streiche. Wie lange Zeit bist Du bereits bei ihm?«

      »Fünf Wochen.«

      »So wirst Du sechzig Hiebe auf die Fußsohlen erhalten und darauf fünf Tage hungern und dürsten müssen! Und Du, nun wieder; wie war Dein Name?«

      »Kara Ben Nemsi.«

      »Gut, Kara Ben Nemsi, Du hast drei große Verbrechen begangen.«

      »Welche, Sihdi?«

      »Ich bin kein Sihdi; Du hast mich Dschenabin-iz oder Hazretin-iz, also Euer Gnaden oder Euer Hoheit zu nennen! Deine Verbrechen sind folgende: Du hast erstens zwei Rechtgläubige verführt, Dir zu dienen, macht fünfzehn Stockschläge; Du hast zweitens es gewagt, mich in meinem Kef zu stören, macht wieder fünfzehn Stockschläge; Du hast drittens an meinem Gedächtnisse gezweifelt, macht zwanzig Stockschläge; zusammen also fünfzig Hiebe auf die Fußsohle. Und da es mein Recht ist, für jeden Richterspruch das Wergi, die Abgabe, zu verlangen, so wird alles, was Du besitzest und bei Dir trägst, von jetzt an mir gehören; ich confiscire es.«

      »O, großer Dschenabin-iz, ich bewundere Dich; Deine Gerechtigkeit ist erhaben, Deine Weisheit ganz erhaben, Deine Gnade noch erhabener und Deine Klugheit und Schlauheit am allererhabensten! Aber ich bitte Dich, edler Bei von Kbilli, laß uns Deinen Gast sehen, ehe wir die Streiche erhalten.«

      »Was willst Du von ihm?«

      »Ich vermuthe, daß er ein Bekannter von mir ist, und möchte mich an seinem Anblick weiden.«

      »Er ist kein Bekannter von Dir. Denn er ist ein großer Krieger, ein edler Sohn des Sultans und ein strenger Anhänger des Kuran; er ist also nie der Bekannte eines Ungläubigen gewesen. Aber damit er sehe, wie der Wekil von Kbilli Verbrechen bestraft, werde ich ihn kommen lassen. Nicht Du sollst Dich an seinem Anblick weiden, sondern er soll sich an den Hieben ergötzen, welche Ihr erhaltet. Er wußte, daß Ihr kommen würdet.«

      »Ah! Woher wußte er es?«

      »Ihr seid vorhin an ihm vorübergegangen, ohne ihn zu sehen, und er hat Euch sofort bei mir angezeigt. Wäret Ihr nicht von selbst gekommen, so hätte ich Euch holen lassen.«

      »Er hat uns angezeigt? Weßhalb?«

      »Das werdet Ihr noch hören. Ihr sollt dann eine zweite Strafe erhalten, die noch größer ist als diejenige, welche ich Euch vorhin dictirt habe.«

      Das war nun allerdings ein eigenthümlicher, wunderlicher Verlauf, den unsere Audienz bei diesem Beamten nahm. Ein Wekil mit zehn Stück Soldaten in einer so vorgeschobenen, vergessenen Oase – er war jedenfalls einmal nichts Anderes gewesen, als höchstens Tschausch oder Mülasim, und man weiß ja, was man von einem türkischen Lieutenant zu halten hat. Diese Subalternen sind oder waren nichts anderes, als die Stiefelputzer und Pfeifenstopfer der höheren Chargen. Man hatte den guten Mann nach Kbilli gesetzt, um ihm Gelegenheit zu geben, für sich selbst zu sorgen, und dann jedenfalls nie wieder an ihn gedacht, denn der Bei von Tunis hatte bereits alle türkischen Soldaten aus dem Lande gejagt, und die Beduinenstämme standen nur in der Weise unter dem Schutze des Großherrn, daß er ihren Häuptlingen jährlich die ausbedungenen Ehrenburnus schickte, während sie sich ihm dadurch dankbar erwiesen, daß sie gar nicht mehr an ihn dachten. Der brave Wekil war also in Beziehung auf seinen Unterhalt auf Erpressung angewiesen, und da dies den Eingebornen gegenüber immer eine gefährliche Sache war, so mußte ihm ein Fremder wie ich ganz gelegen kommen. Er wußte nichts von Deutschland, er kannte nicht die Bedeutung der Consulate, er wohnte unter räuberischen Nomaden, glaubte mich schutzlos und nahm also an, ungestraft thun zu können, was ihm beliebte.

      Allerdings hatte es seine Richtigkeit, daß ich nur auf mich selbst angewiesen war, aber es fiel mir doch nicht ein, mich vor ›Seiner Hoheit‹ zu fürchten, vielmehr machte es mir Spaß, daß er uns in so genialer Unverfrorenheit mit der Bastonnade beglücken wollte. Zugleich war ich neugierig, ob sein Gastfreund wirklich der von uns Gesuchte sei. Omar konnte sich ja geirrt haben, was mir allerdings nicht wahrscheinlich erschien, wenn ich in Betracht zog, daß dieser Gastfreund uns angezeigt hatte. Welches Verbrechens er uns bezüchtigt hatte, ahnte ich. Jedenfalls war er ein früherer Bekannter

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