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die Nase muß man loben. Auch die Stimme verstellen Sie besser als in der Rolle des Master Goorb.“

      Der angebliche Troobler hatte plötzlich unter einer Zeilung vom Schreibtisch eine Pistole hervorgerissen.

      „Sitzen Sie still!“ rief jetzt Ladr, Broog mit ihrer hellen Frauenstimme. „Diese Waffe macht keinen Lärm. Die beiden Läufe sind mit Pfeilen geladen, die vergiftet sind.“

      Harald lachte heiter auf.

      „Mylady, ich werde Ihnen den Gefallen tun und mich so verhalten als wären wir in Ihrer Gewalt. Ich glaube Sie zu kennen. Sie würden niemals abdrücken. Und die Giftpfeile sind nur hübsch erfunden. Ich ahnte, daß Sie die Jacht gemietet hätten. Tallien erzählte uns heute früh von einem Amerikaner. Ich wollte diesen mir gern ansehen, außerdem aber auch feststellen, wo die Spangenschuhe geblieben sind. Der Dieb waren Sie, nicht wahr?“

      „Ja, Master Harst.“ Ein überlegener Hohn tränkte diese Antwort.

      „Weshalb haben Sie sich als Dieb hier eingeschlichen?“

      „Weil ich meine Requisiten zum Verkleiden brauchte. Außerdem wollte ich den einen Spangenschuh so verwenden, wie ich es dann auch getan habe.“

      „Bei Albemarle?“

      „Ja.“

      „Sie geben zu, den Lord ermordet zu haben?“

      „Wer sonst, Master Harst?“

      Harald schaute sie fest an. „Sie lügen, Mylady. Mich täuschen Sie nicht. Sie haben Albemarle nicht auf dem Gewissen. Ich bin mir über den Zweck des gefährlichen Spiels, das Sie hier treiben, noch nicht klar. Aber ich werde dieses Spiel aufdecken.“

      Jetzt lachte Anna Broog ironisch auf.

      „Aha – der berühmte Harst wittert ein großartiges Problem! Die Sachlage ist ihm zu einfach!“

      „Da haben Sie ganz recht. Die Diamanten habe ich nämlich mitberücksichtigt.“

      „Diamanten?!“ – Man merkte, daß Lady Broog von den Steinen keine Ahnung hatte.

      „Ach so – meinte sie dann schnell. „Die Diamanten! Die sind für mich sehr nebensächlich.“

      Harald lachte jetzt ehrlich erheitert und sagte darauf kopfschüttelnd:

      „Mylady, Sie vergessen, wer Ihnen gegenüber sitzt. Wann wollen Sie in See gehen?“

      „Morgen früh.“

      „Das genügt mir. Ich meine, die Zeit genügt mir.“

      Er wollte aufstehen.

      „Sitzen bleiben!“ zischte das tolle Weib. Gleichzeitig ein schwacher, ganz schwacher Knall, und hinter Harst zersplitterte ein an der Wand hängender Spiegel.

      Trotzdem erhob sich Harald. Lady Broog war aufgesprungen, zielte wieder, zielte und drückte nicht ab.

      „Wozu die Komödie, Mylady?“ meinte Harst achselzuckend.

      „Gut, – verhaften Sie mich!“ rief sie zornbebend. „Sie – Sie – sollen –“

      Sie war in den Schreibsessel gesunken.

      „Verhaften?! Nein. Dazu liegt kein Grund vor,“ sagte Harald höflich. „Ich durchschaue Sie jetzt, Mylady. Werden Sie morgen früh ehrlich sein, wenn ich Ihnen beweise, daß ich – Ihnen nichts beweisen kann?“

      Sie blickte starr zu Boden. Widerwillig erklärte sie dann:

      „Gut, es sei!“

      Harald verbeugte sich. „Auf Wiedersehen, Mylady –“

      Dann gingen wir hinaus.

       Eine vornehme Opiumhöhle

       Inhaltsverzeichnis

      Wir fuhren nach dem Hafenpolizeiamt. Harald wollte Inspektor Davis sprechen. Wir trafen ihn dort auch an.

      „Lieber Davis,“ begann Harst. „Ich möchte Sie etwas im Vertrauen fragen. Sie haben Albemarle doch auch genauer gekannt. Er war Opiumraucher. Huldigte er diesem Laster daheim oder in einer geheimen Opiumhöhle?“

      Davis runzelte die Stirn. „Hm – Albemarle ist jetzt tot. Da kann man ja wohl indiskret sein, zumal ich annehme, daß Sie einen sehr triftigen Grund für diese Frage haben.“

      „Sie irren sich, Davis. Ich habe keinen besonderen Grund.“

      „So, so. Nun, Albemarle war Stammgast bei dem Chinesen Tschodri. Wir dulden dessen Opiumhöhle stillschweigend. Wir müssen es, da hier in Madras eine ganze Menge Zugehörige der sogenannten besten Gesellschaft dort verkehren. Das ist nun mal nicht anders hier in Indien, lieber Harst.“

      Harald nickte. „Ich weiß Bescheid. – Eine Bitte, lieber Davis. Ich möchte gern dort bei Tschodri mich etwas umsehen, natürlich verkleidet. Lassen Sie doch unsere Koffer herholen. Braucht man für Tschodri eine Empfehlung oder dergleichen?“

      „Und ob! In seinem Gasthause in der Barklay-Street an der Grenze des Eingeborenenviertels befindet sich im Erdgeschoß eine recht elegante Teestube und daneben ein Verkaufsraum für echten chinesischen Tee. Wer Opium rauchen will, verlangt von der Verkäuferin im Teegeschäft drei Pfund allerfeinsten Hongkong-Tee. Die Verkäuferin ist Tschodris Frau. Sie führt den Betreffenden dann durch den Laden über einen engen Hof in Tschodris Wohnhaus, das in einem Garten steht. Das Erdgeschoß ist auf raffinierteste Art in eine Opiumhöhle umgewandelt. Na – Sie werden ja selbst sehen, wie’s dort zugeht.“ –

      Gegen fünf Uhr nachmittags erschienen wir einzeln bei Madame Tschodri im Teegeschäft. Erst betrat ich den Laden. Harald kam zehn Minuten später.

      Davis hatte nicht zu viel gesagt: diese Opiumhöhle war wirklich „erstklassig“. Das war keine „Höhle“, das war ein luxuriöses Cafee mit fein abgetönter künstlicher Beleuchtung, mit seidenen, gemalten Tapeten, mit kostbaren Teppichen und einer Musikkapelle, die stets nur gedämpft und dazu unsichtbar spielte. Die vier Räume waren nur durch Perlvorhänge voneinander getrennt. Lautlos huschten kleine, zierliche Chinesinnen auf ihren Stöckelschuhen hin und her und bedienten die Gäste. Ein würdiger Inder mit langem schwarzen Bart führte die Oberaufsicht. An den Wänden zogen sich die kleinen, durch Seidenvorhänge abgeteilten Kabinen hin. In jeder stand ein Diwan und daneben ein niedriges Tischchen.

      Ich hatte mit Harst alles genau verabredet. Ich wählte eine Kabine zwischen zwei unbesetzten. Als Harald kam, nahm er die Box links von mir.

      Eine der Chinesen-Püppchen setzte sich zu mir und plapperte in schlechtem Englisch so allerlei. – Nun gut – ich bestellte zunächst Sekt. Diese Opiumhöhle war das richtige Nepplokal.

      Auch Haralds Chinesin kam mit einem Sektkühler angetänzelt. Dann erschien der würdige Herr „Oberkellner“, der einen schneeweißen Leinenanzug trug und offenbar sehr eitel war.

      In Harsts Kabine wurde es bald recht lebhaft. All das war zwischen uns vereinbart. Ich sollte den „Sparsamen“ spielen. Als meine schlitzäugige Holde mir noch eine zweite Flasche Sekt abschmeicheln wollte, lehnte ich grob ab und ließ mir eine Opiumpfeife geben und die Vorhänge der Box schließen.

      Ich konnte genau hören, was nebenan bei Harst gesprochen wurde. Die fidele Gesellschaft war bereits bei der vierten Flasche Sekt. Ich schnitt ein winziges Loch in den Zwischenvorhang und sah nun auch Freund Harst in seiner Rolle als lebenslustigen, splendiden Engländer.

      Er spielte den ganz leicht Bezechten und den renommierlustigen Sportfex, erzählte von seinen Autowettfahrten, von Segelregatten und Tennistournieren und behauptete immer wieder, so einen „Kerl“ wie ihn gebe es nicht wieder auf der Welt.

      Ah – es klappte! Die eine Chinesin, die hübscheste, widersprach

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